Abo

Lemmerz-Hallenbad in KönigswinterGrüne sprechen sich für „Sanierung Plus“ aus

Lesezeit 4 Minuten
Still ruht das Wasserbecken: Die Zukunft des Lemmerz-Hallenbades bleibt dagegen in der Diskussion.

Still ruht das Wasserbecken: Die Zukunft des Lemmerz-Hallenbades bleibt dagegen in der Diskussion.

Königswinter – Die Diskussion über Neubau oder Sanierung des Lemmerz-Hallenbades in der Altstadt ist um eine Variante reicher. Der Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen hat sich am Mittwochabend für eine „Sanierung Plus“ ausgesprochen. Demnach sollte der heutige Umkleidetrakt im Rahmen einer kompletten Modernisierung des 1978 eröffneten Bades aufgestockt und dort eine kleine Saunalandschaft eingerichtet werden.

Für rund 1,35 Millionen Euro könnten nach Berechnungen des Architekten und Schwimmbadexperten Alfons Tamburro (Koblenz) drei Saunen, ein Kältebecken, ein Ruheraum und Duschen entstehen, wie er der Rundschau sagte. Anders als mit dem reinen Schwimmbadbetrieb ließen sich mit der Sauna und einem verbesserten Gastronomieangebot Geld verdienen. Eine Argumentation, der sich die Grüne Basis anschloss, die damit allerdings zugleich auf Konfrontationskurs zu ihrer eigenen Fraktion im Stadtrat geht.

4,9 Millionen Euro für Sanierung

Tamburro, der im Auftrag des Fördervereins „Rettet unsere Lemmerzbäder“ 2014 ein Sanierungsgutachten für das alte Hallenbad erarbeitet hatte, präsentierte am Mittwochabend eine aktualisierte Berechnung: Für rund 4,9 Millionen Euro (Brutto) ließe sich das alte Bad kernsanieren. Für diese Zahlen „lege ich meine Hand ins Feuer“, sagte der Koblenzer.

Das Problem: Politisch ist die Sanierung des Bades derzeit vom Tisch. Die Stadt verfolgt auf Beschluss der Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen nur noch den Abriss und Neubau des Hallenbades. Die Sanierung lässt sie gar nicht mehr prüfen, um Gutachterkosten zu sparen. Die Kosten für einen Neubau sind derzeit unklar. 2013 waren sie mal auf neun Millionen Euro geschätzt worden. Die Fertigstellung ist nach Einschätzung der Koalition 2018 möglich. Begonnen hat die Königswinterer Schwimmbaddiskussion 2007.

30-Jahre-Kalkulation wird scharf kritisiert

Die Stadt hat inzwischen eine beschränkte Ausschreibung für eine Bad-Vorplanung veröffentlicht, die Abriss und Neubau betrachten soll. Sie solle eine skizzenhafte Darstellung des Gebäudes, eine Schätzung der Baukosten, einen Zeitplan und eine Betriebskostenkalkulation über 30 Jahre inklusive unter anderem Bewirtschaftungskosten, Abschreibung und Zinsen enthalten. Alfons Tamburro kritisierte die 30-Jahre-Kalkulation am Mittwochabend bei den Grünen scharf. „Das ist unseriös, das geht nicht.“

Vorwürfe an Verwaltung und Ratsmehrheit

Die beiden Vertreter des Schwimmbadfördervereins Jürgen Klute, ehemaliges Ratsmitglied der Königswinterer Wählerinitiative, und Inge Heuser-Losch plädierten einmal mehr für eine Sanierung statt Abriss und warnten vor einer Finanzierung eines Neubaus im Rahmen einer Öffentlich-Privaten Partnerschaft (ÖPP). Klute warf Verwaltung und Ratsmehrheit vor, die Bürger für dumm zu verkaufen. „Die Kernsanierung ist im Prinzip ein Neubau“, sei aber eben deutlich preiswerter. Der Verein hatte angekündigt, ein Bürgerbegehren gegen den Abriss und Neubau zu initiieren. Laut Grünen-Chef Thomas Koppe würde die Partei das Begehren unterstützen

Gerüchte bei der Versammlung, beim Abriss des alten Bades könnten gefährliche Altlasten ans Tageslicht kommen („Das kann richtig teuer werden“), wies Bürgermeister Peter Wirtz auf Anfrage der Rundschau als reine Spekulation zurück. In den Akten gebe es keine Hinweise darauf, Zeitzeugen könne man nicht mehr befragen, weil sie nicht mehr lebten. Er selbst erinnere sich aus seiner Kindheit allenfalls an eine normale Hausmüllkippe. Sollten allerdings doch Altlasten gefunden werden, würden sie entsorgt. „Das ist das ganz normale Verfahren.“

Wirtz erinnerte daran, dass der Stadtrat in den 80er Jahren das Maritim-Gelände am Rhein für nur eine D-Mark verkauft habe, weil auch damals Gerüchte kursierten, dort lägen Panzer und andere Kriegsgeräte und das alles müsste aufwendig entsorgt werden. Gefunden worden sei nur eine Panzerkette, Plastik und Kies.

Parteitag ohne Fraktionsmitglieder

Der Parteivorstand und die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen liegen offenbar weiter über Kreuz. An der Ortsmitgliederversammlung am Mittwochabend nahm jedenfalls nicht ein einziger Vertreter der vierköpfigen Fraktion teil. Er werte das „als gewisses Desinteresse an einer Zusammenarbeit“, sagte der im Juli neu gewählte Parteichef Thomas Koppe der Rundschau. Fraktionschefin Claudia Owczarczak wies das zurück, sie habe einen beruflichen Termin gehabt und der Versammlungstermin sei nicht abgestimmt worden.

Koppe war nach einem mehr als zwei Jahre währenden Machtkampf innerhalb der Grünen, der sowohl das Amtsgericht als auch die Schiedsgerichte der Partei beschäftigte, zur Nachfolgerin der umstrittenen Vorsitzenden Owczarczak gewählt worden, die aber weiterhin die Fraktion führt.

Schon im Juli waren die neuen Vorstandsmitglieder auf Distanz zur Jamaika-Koalition gegangen. Mit dem Beschluss pro Sanierung des Hallenbades statt Neubau stellen sich zumindest die knapp zehn anwesenden Parteimitglieder sowohl gegen Jamaika als auch gegen die eigene Fraktion. Owczarczak kritisierte auf Anfrage, dass der Vorstand nur eine Seite zur Versammlung eingeladen habe. „Für eine ordentliche Meinungsbidung hätte man auch die andere Seite zu Wort kommen lassen müssen.“

Einstimmig hat der Ortsverband eine neue Satzung beschlossen, in der jetzt – wie bei den Grünen eigentlich üblich – grundsätzlich eine Doppelspitze aus einem Mann und einer Frau festgeschrieben ist. (csc)

Rundschau abonnieren