LemmerzbäderOpposition entsetzt von der Kostenschätzung für neues Hallenbad

Lesezeit 4 Minuten
„Finanzpolitische Irrfahrt“: (v.l.) Jürgen Kusserow (SPD), Heike Gessinger (SPD), Michael Ridder (Köwi), Richard Ralfs (Grüne), Lutz Wagner (Köwi), Thomas Koppe (Grüne) und Joachim Hirzel (SPD) kritisieren geschlossen die teuren Neubaupläne für ein Hallenbad in Königswinter.

„Finanzpolitische Irrfahrt“: (v.l.) Jürgen Kusserow (SPD), Heike Gessinger (SPD), Michael Ridder (Köwi), Richard Ralfs (Grüne), Lutz Wagner (Köwi), Thomas Koppe (Grüne) und Joachim Hirzel (SPD) kritisieren geschlossen die teuren Neubaupläne für ein Hallenbad in Königswinter.

Königswinter – „Ein katastrophales Ergebnis“, findet Lutz Wagner (Köwi); von einer „haarsträubenden Kostenentwicklung“ spricht Michael Ridder (Köwi), „kein verantwortlicher Umgang mit Steuergeldern“, meint Richard Ralfs (Grüne) und „massiv erschreckt“ ist Jürgen Kusserow (SPD).

Keine Frage: Die Opposition in Königswinter macht geschlossen Front angesichts der neuen Kostenschätzung für den Bau eines Hallenbades in der Altstadt von Königswinter.

Das kostet den Steuerzahler nach den Dienstagabend dem Hauptausschuss vorliegenden Plänen rund 9,2 Millionen Euro, plus 472 000 Euro für den Abriss des Paul-Lemmerz-Bades (siehe Rundschau vom 15. April). Von einer „breiten politischen Mehrheit gegen das Prestige- und Mammutprojekt“ sprach Kusserow gestern bei einem Pressetermin und kündigte an, dass die Opposition ein Bürgerbegehren gegen den Neubau unterstützen würde, wenn der Förderverein „Rettet unsere Lemmerzbäder“ eines initiieren sollte.

Der Opposition ist angesichts der neuen Zahlen noch mehr als bisher schon ein Dorn im Auge, dass die Jamaika-Koalition (CDU, FDP und „Grüne Alternative“, die sich jüngst von den Bündnisgrünen getrennt haben) nur noch die Variante Hallenbad-Neubau hat prüfen lassen, nicht aber die Alternative einer Sanierung des alten Paul-Lemmerz-Hallenbades. Die würde nach einem Gutachten des Bäderexperten und Architekten Alfons Tamburro rund 4,9 Millionen Euro kosten (80-prozentige Kernsanierung). Diese Variante wird auch von den Freibadförderern unterstützt, die das Tamburro-Gutachten in Auftrag gegeben hatten.

„Wir müssen eine schlüssige Berechnungsgrundlage bekommen“, sagte gestern Köwi-Fraktionschef Lutz Wagner und kündigte für die heutige Hauptausschusssitzung einen Antrag an: Rat und Verwaltung müssten zu einem „ergebnisoffenen Verfahren“ zurückkehren und die Sanierungsvariante ebenfalls berechnen lassen. Jamaika warf er „starrsinniges Festhalten“ an einem Neubau vor.

Die öffentliche Hand dürfe nicht doppelt so viel Geld ausgeben wie nötig, betonte Thomas Koppe, Vorsitzender von Bündnis 90 Die Grünen. Michael Ridder sagte, eine Sanierung habe den finanztechnischen Vorteil, dass sie schrittweise umgesetzt und im Etat dargestellt werde könne. „Zehn Millionen Euro können wir uns gar nicht leisten.“ Jürgen Kusserow meinte, dass das Freibad am Drachenfels (siehe auch Infokasten links) bei einer derart hohen Investition nicht zu halten wäre. „Für den Freibad-Zuschuss ist dann kein Geld mehr da.“

Wie berichtet, hat das Büro Blass zwei Kostenberechnungen vorgelegt: Mit einer Energie- und Wärmeversorgung durch ein Blockheizkraftwerk (BHKW) würde demnach ein neues Hallenbad 9,145 Millionen Euro (brutto) kosten, bei einer Solarlösung 9,255 Millionen Euro. Die Abrisskosten für das Lemmerz-Hallenbad werden mit knapp 472 000 Euro angegeben. Die technischen Betriebskosten sollen sich je nach Variante auf 4,116 Millionen Euro (BHKW) oder 4,508 Millionen Euro (Solar) über einen Zeitraum von 30 Jahren belaufen. Die Vorplanung sieht ein Sportschwimmbecken mit Ein-Meter-Brett und Drei-Meter-Plattform und einer Wassertiefe von 1,35 bis 3,80 Meter vor, dazu ein Lehrschwimmbecken und ein Kinderbecken.

Die Verwaltung schlägt vor, nach der Hauptausschusssitzung heute erst die Fraktionen die Pläne beraten zu lassen und den Vorentwurf im Stadtrat (9. Mai) vorstellen zu lassen. Zudem soll die Verwaltung beauftragt werden zu prüfen, ob eine Realisierung in städtischer Eigenregie oder in Form einer Öffentlich-Privaten Partnerschaft (ÖPP) wirtschaftlicher ist. Ridder sagte allerdings gestern: „ÖPP ist tot.“

Über den Neubau eines Hallenbades und dessen Finanzierungsart wird in Königswinter seit gut zehn Jahren diskutiert.

Hauptausschuss, Dienstag, 25.04.2017, 17 Uhr, Rathaus Oberpleis.

Frühschwimmer gründen Verein

„Das Frühschwimmen ist gesichert“, verkündete Annette Hertner , nachdem sich am Sonntag der Verein „Lemmerz-Freibad-Initiative (e.V.)“ gegründet hat. Da die Stadt nicht mehr bereit sei, das Frühschwimmen im Lemmerz-Freibad am Drachenfels zu finanzieren – diese Entscheidung fiel, wie berichtet, schon Anfang 2016 – habe sich die bisherige Lemmerz-Freibad-Initiative jetzt als Verein aufgestellt. Sie hatte schon im vorigen Jahr das Frühschwimmen auf eigene Kosten sichergestellt.

Bei der Gründungsversammlung am Sonntag wurde Annette Hertner zur Vorsitzenden gewählt, weitere Vorstandsmitglieder sind Julia Jacobi-Gies und Dr. Jens Ingwersen. Der Jahresbeitrag wurde auf 30 Euro festgesetzt. Er berechtigt die Mitglieder zum Erwerb von Eintrittskarten für das Frühschwimmen. Prinzipiell, so Hertner, stehe das Frühschwimmen damit künftig nur noch Vereinsmitgliedern zu. Anträge würden am Freibad ausgelegt. Der Verein habe mit der Schwimmtreff GmbH, die beide städtischen Bäder betreibt, vereinbart, dass er das Frühschwimmen anbietet und dafür auch einen Schwimmmeister stellt. „Mit der Vereinsgründung haben wir ein Signal gesetzt, um das Bürger-Engagement für den Erhalt eines attraktiven Schwimmangebots in Königswinter zu unterstreichen“, so Hertner. Unterschrieben haben bisher 7 Interessierte, Hertner rechnet mit 30 bis 50 Mitgliedern.

Die gerade vorgelegte Kostenschätzung für den Bau eines neuen Hallenbades – rund 9,2 Millionen Euro Baukosten, 472 000 Euro für den Abriss des alten Lemmerz-Hallenbades – betrachtet Hertner „als Bestätigung für bisherige Fehlentscheidungen der Stadt“. Statt diverse Gutachten für mehrere 100 000 Euro erstellen zu lassen, hätte mit diesem Geld die Unterhaltung beider Bäder finanziert und eine deutliche günstigere Kernsanierung des existierenden Lemmerz-Hallenbades in Auftrag gegeben werden können. Die Sanierung soll laut dem Tamburro-Gutachten rund 4,9 Millionen Euro kosten.

Rundschau abonnieren