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Bahnhofsvorplatz bald neuBonner Loch wird verschwinden

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Bonn – Zwei Investoren nehmen zusammen 200 Millionen Euro in die Hand, um das Vorfeld des Bonner Hauptbahnhofs neuzugestalten. Im nächsten Jahren sollen sich dort, wo jetzt das Bonner Loch gähnt, die Kräne drehen, 2019 sollen Geschäfte und ein Hotel eröffnet werden.

Beeinträchtigungen

Während der mehrjährigen Bauphase wird es zu Beeinträchtigungen im Bahnhofsbereich kommen, zumal die Deutsche Bahn ab 2017 mit ihren Sanierungsarbeiten im Bahnhof beginnen will. „Die Investoren haben sich verpflichtet, die einzelnen Phasen der Bauarbeiten untereinander und mit der Stadt abzustimmen. Dazu wird ein Zeit- und Leistungsplan erarbeitet, in dem auch die Belange der Verkehrsträger berücksichtigt werden“, erläuterte OB Sridharan. Die Investoren versprachen, dass die Wege zur U-Bahn und zum Busbahnhof jederzeit frei seien.

Es ist beabsichtigt, einen Info-Container in Bahnhofsnähe einzurichten. Dort sollen sich Bürger und Anwohner schon vor, aber vor allem während der Bauphase über das aktuelle Baugeschehen der beiden Projekte sowie über mögliche Einschränkungen und Veränderungen der Verkehrswege informieren können. (dbr)

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Das sind ehrgeizige Ziele, die gestern Mittag Oberbürgermeister Ashok Sridharan gemeinsam mit den Investoren Albert ten Brinke, Inhaber der holländischen Ten Brinke Gruppe, und Stefan Mühling, Geschäftsführer der developer Projektentwicklung GmbH (Düsseldorf), im Alten Rathaus verkündete. Denn bislang sind in den vergangenen Jahrzehnten alle Vorschläge zur Neubelebung des unfreundlichen Areals gegenüber dem Bannhofsgebäude gescheitert

Nun aber sieht der OB „die einmalige Chance“, das Umfeld des Hauptbahnhofs städtebaulich aufzuwerten und ein attraktives Eingangstor zur City zu verwirklichen.

Zähe Gespräche

mit Eigentümern

Und so kam es dazu: Im Juli vergangenen Jahres hatte der Stadtrat der developer GmbH den Zuschlag für die Bebauung des Nordfelds gegeben; es umfasst den Bereich zwischen Südüberbauung und dem Taxiparkplatz an der Rabinstraße. Gleichzeitig bemühte sich Ten Brinke darum, die 38 Eigentümer der Südüberbauung, die sich in dem Klotz 85 Eigentumseinheiten teilen, unter einen Hut zu bringen. „Das war ein erhebliches Stück Arbeit“, erinnerte sich der Unternehmer gestern. Die Anteilseigner, die zuvor jahrelang mit einem anderen Investor verhandelt hatten, der aber letztlich scheiterte, seien „alles sehr unterschiedliche Charaktere“, und in den Gesprächen habe es viel „Realitätsfernes“ gegeben. Ten Brinke und seine Leute reagierten darauf aber „mit holländischer Gelassenheit“, so dass er nun alle Verkaufsurkunden notariell beglaubigt hat.

So abgesichert, kann er die Südüberbauung entkernen und dann abreißen lassen. Als Letztes wird das Hotel Conti im Oktober die Zimmer räumen und das Licht ausmachen, kurz nach Neujahr 2017 rücken die Arbeiter mit Hammer und Meißel an.

Der Neubau des Maximilian-Centers ruht auf der U-Bahn-Ebene und wird insgesamt fünf Stockwerke haben. Architekt Louis de Jager: „Wir bauen zwei Shopping-Malls übereinander.“ Ins Untergeschoss, also auf dem Niveau der U-Bahn, werden Nahversorger einziehen, so dass die Bahnreisenden oder Passanten auf dem Weg zu den Bahnsteigen des Hauptbahnhofs, von hellen und freundlichen Geschäften empfangen werden. Der jetzige Zustand dieses „Un-Orts“, sagte der städtische Liegenschafts-Chef Alfred Beißel, „entspricht nicht mehr dem Zeitgeist.“ Die oberen vier Stockwerke wird der Textiler Primark nutzen, ein besonders bei jungen Leuten beliebter Modeverkäufer. Er hat sich 9500 der insgesamt 12 000 Quadratmeter Nutzfläche gesichert. Einzugstermin: erste Jahreshälfte 2019.

Die Gemeinsame Anlaufstelle Bonn Innenstadt (Wache GABI) muss dem Kommerz weichen und zieht zum Jahresende aus dem Untergeschoss des Bahnhofs in die Cassiusbastei. Die dort leerstehenden Räume richtet die developer GmbH her und vermietet sie an die Stadt.

Die Düsseldorfer haben ihr Projekt „Urban Soul“ nachgebessert. So wurde die Planung der Fassade, die vom städtischen Gestaltungsbeirat kritisiert worden war, überarbeitet. Sie orientiert sich nun stärker an der historischen Bebauung des Umfelds und nimmt den Klinker des Bahnhofsgebäudes und der benachbarten Häuser in der Maximilianstraße als Muster auf.

„Urban Soul“, sagte developer-Geschäftsführer Mühlling, solle mit seinen drei Baukörpern wie ein „Dreiklang für Bonn“ wirken. An der Poststraße entsteht ab etwa Mitte 2017 ein „Lifestyle House“ mit Geschäften, ausgerichtet zur Fußgängerzone, und Wohnungen. An der Maximilianstraße wird als zweiter Baukörper ein Hotel gebaut, der zu den Gründerzeithäusern hin einen kleinen Platz bilden wird. Drittes Gebäude ist an der Rabinstraße und entlang der Bahngleise ein Parkhaus als Ersatz für die wegfallenden Stellplätze an der Maximilianstraße. Am Kopfende der Garage mit 300 Plätzen vorgelagert wird ein Bürohaus („City Office“).

Beide Investoren, die jeweils 100 Millionen Euro ausgeben wollen, werden die Maximilianstraße zwischen Thomas-Mann-Straße und Omnibusbahnhof ausbauen. Die Poststraße soll als zentrale Sichtachse auf den Hauptbahnhof zulaufen. Durch den Rückbau der Südüberbauung wird der Platz vor dem Bahnhof von 16 auf 25 Meter vergrößert. Mitten drin wird der Eingang zur U-Bahn entstehen.

Der Stadtrat wird am 30. Juni über das Großprojekt abstimmen. Im Herbst sollen die Verträge mit den Investoren unterschrieben werden, so dass es dann im Jahr 2020, rechtzeitig zur Feier des 250. Geburtstages von Ludwig van Beethoven, fertig sein könnte.

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