Bonner KirschblüteJapanische Kirschbäume sind wieder erblüht

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Wie ein Tunnel legen sich die blühenden Kirschzweige  über einige Straßen der Bonner Altstadt.

Wie ein Tunnel legen sich die blühenden Kirschzweige  über einige Straßen der Bonner Altstadt.

Bonn – Zu dieser frühen Morgenstunde stehen ein paar Espressotrinker mehr als sonst am Tresen von „Frau Holle“. Einige haben Fotoapparate dabei, das heißt: Es ist Kirschblütenzeit in der Bonner Altstadt, und gleich werden sie ausschwärmen, um hier in der Breite Straße oder ein paar hundert Meter weiter in der Heerstraße die rosa Pracht zu fotografieren.

Seit die Heerstraße 2012 auf der Facebookseite „Plätze, die Du gesehen haben musst, bevor Du stirbst“ auftauchte, hat sich um dieses Naturereignis ein Hype entwickelt. Die schmale Straße wird im Internet zu den zehn schönsten Alleen der Welt gelistet, und so kommen Touristen und Fotografen aus aller Welt in die Altstadt und blicken zwischen Anfang und Mitte April verzückt in bunte Baumkronen. Besonders gern reisen – wie auch gestern – Japaner an, die sich beim „Hanami“ (Kirschblütenfest) von der Schönheit und der Vergänglichkeit der kurzfristigen Pracht verzaubern lassen.

Solche Folkloreaspekte hat die Bonner Stadtplanung wahrscheinlich nicht im Blick gehabt, als sie Ende der 1980er Jahre rund 300 Zierkirschen bei der Stadtteilsanierung in dem Wohnviertel pflanzen ließ. Die Gärtner haben aber mit Bedacht die Farben ausgewählt: In Heerstraße und Breite Straße streckt sich ein Baldachin in Dunkelrosa zwischen die Hausfassaden, in der Peterstraße und in der Maxstraße sind die Blüten viel heller, fast weiß. Brigitte Denkel, die damals im Planungsamt arbeitete, bietet heute Führungen durch die blühenden Straßen an. „Mutter der Kirschblüten“ wird sie genannt.

Die Termine dieser Spaziergänge stehen auf der Internetseite (www.kirschbluete-bonn.de), auf der auch ein Blog zu finden ist, der über den Blütenstand informiert.

Denn viele Altstadtbewohner, vor allem die Geschäftsleute, wissen um die Einzigartigkeit dieses Phänomens und haben bis zum 22. April allerlei Veranstaltungen organisiert. Im Mode-Kunst-Café „Frau Holle“ gibt es Wohlfühl-Yoga, der Bioladen gegenüber verkauft „Kirschblütentaler“, aus Dinkel natürlich, der Modesalon „Wildezeiten“ lädt zum Kirschblütencocktail, am Altstadtbrunnen darf unterm Blütenhimmel gelacht werden – es handelt sich um eine 15-minütige Yogaübung –, und wer dann gut bei Stimme ist, kann sich im „Nyx“ zum Kirschblüten-Karaoke treffen.

Am kommenden Freitag wird der Altstadtbrunnen an der Ecke Breite Straße/Dorotheenstraße eröffnet, und für den 22. April laden viele Anwohner zum Haustürflohmarkt ein. Der könnte eine Art Ersatz für das Kirschblütenfest sein, das in diesem Jahr nicht stattfindet, nachdem einige Nachbarn sich dadurch massiv belästigt gefühlt und den Veranstaltern „Profitgier“ und „Kommerzialisierung“ vorgehalten hatten.

Die warfen daraufhin das Handtuch. „Bonns Blüten liegen bald im Dreck, ähnlich den Kirschblüten nach dem ersten heftigen Regenguss“, kommentierte einer im Internet die Absage des Festes.

Die Geschäftsleute in der Friedrichstraße, in der ebenfalls Zierkirschenbäume stehen, sind da cleverer: Sie bieten am 7. und 8. April unter dem Motto „Kirschblütentage“ Sonderangebote und Gaumenfreuden wie Kirschblütensekt, Schwarzwälder-Kirschtorte oder „Dolci von Amarena-Kirsch“ an.

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