EU-Kulturhauptstadt 2025Bonner Kulturdezernent zeigt sich skeptisch

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„Ludwig van“ soll es richten: Nach Überzeugung von Kulturdezernent Martin Schumacher erfüllt die Beethoven-Dekade (2020 bis 2027) die meisten Kriterien für eine Europäische Kulturhauptstadt.

„Ludwig van“ soll es richten: Nach Überzeugung von Kulturdezernent Martin Schumacher erfüllt die Beethoven-Dekade (2020 bis 2027) die meisten Kriterien für eine Europäische Kulturhauptstadt.

Bonn – Herr Schumacher, vor sechs Jahren haben Sie sich in einem Rundschau-Interview positiv über eine Bewerbung Bonns als Kulturhauptstadt – damals noch für 2020 – geäußert und auf die großen Potenziale und den Mobilisierungseffekt einer solchen Bewerbung verwiesen. Warum nun ein Verzicht?

Nach wie vor stehe ich dem Thema Kulturhauptstadt mehr als positiv gegenüber. Ich wäre der glücklichste Kulturdezernent, den man sich vorstellen kann, wenn dies für Bonn gelänge. Aber nach nüchterner Abwägung der Fakten und mit Blick auf die gespannte Finanzlage der Stadt bin ich skeptisch, ob das zu stemmen ist.

Warum?

Nun, eine Bewerbung Bonns, die bis 2019 erfolgen müsste, ist auch mit einigen Kosten verbunden. Die Stadt Nürnberg, die sich für den Titel Europäische Kulturhauptstadt 2025 bewirbt, hat dafür ja schon fünf Millionen Euro bewilligt. Wenn ich jetzt den politischen Gremien in Bonn einen solchen Betrag zur Bewilligung vorschlagen würde, wo noch nicht sicher ist, wie die geplanten weiteren Kürzungen im Kulturbereich ab 2023 zu finanzieren sind, würde das wohl abgelehnt werden.

Eine Bewerbung für die Europäische Kulturhauptstadt muss mann wollen, und man muss sie auch finanziell wollen und dafür in die Tasche greifen. Da habe ich meine Zweifel.

Die CDU sieht das anders, sie sieht in einer Bewerbung Bonns große Potenziale und will heute im Kulturausschuss die Empfehlung der Verwaltung ablehnen und überarbeiten lassen.

Dann soll die CDU ihre Koalitionspartner für die Bereitstellung der Gelder für eine Bewerbung hinter sich bringen. Noch mal: An mir wird eine Bewerbung nicht scheitern , wenn die Gelder dafür bewilligt würden. Dann muss man aber auch noch berücksichtigen, dass zusätzliche Planstellen in der Verwaltung geschaffen werden müssten mit den entsprechenden Mehrkosten.

Ein weiterer deutscher Bewerber für 2025 steht schon in den Startlöchern: Die finanziell nicht auf Rosen gebettete sächsische Industriestadt Chemnitz hat bereits 1,2 Millionen Euro für eine Bewerbung bewilligt und die entsprechenden Lenkungsgremien ins Leben gerufen. Was Chemnitz kann, kann Bonn nicht?

Im Gegensatz zu Chemnitz und den anderen Bewerbern hat Bonn bereits in drei Jahren ein sehr großes Kulturevent vor Augen.

Sie meinen Beethovens 250. Geburtstag?

Genau, Ich finde es gut, wenn sich Städte wie Chemnitz bewerben. Vergangene Kulturhauptstädte wie Mons, Riga oder auch Marseille haben die Chance genutzt, um mit dem Rang der Kulturhauptstadt ein ,Licht anzuknipsen’. Bonn sehe ich nicht in dieser Reihe. Wir besitzen mit Ludwig van Beethoven bereits ein weltweites Alleinstellungsmerkmal, was wir auch 2020 nutzen werden.

Wie?

Die vielen Aktivitäten im Jahr 2020 reichen weit über die Musik hinaus. Ganz Bonn und auch die Region wird von den verschiedensten öffentlichen wie privaten Kulturträgern und Institutionen bespielt.

Reicht das für Bonns Strahlkraft ,über den Tag hinaus’?

Es kommt noch Beethovens 200. Todestag 2027 hinzu. Man kann also von einer Beethoven-Dekade sprechen, die nicht nur in Bonn gefeiert wird, sondern auch in der anderen Beethovenstadt Wien. Wir streben eine Vernetzung der drei Beethovenstädte Bonn, Wien und Mechelen (Anm. Geburtsort von Ludwig van Beethovens Großvater) nicht nur für 2020, sondern auch für 2027 an. Ich bin guten Mutes, dass dann auch europäische Gelder fließen werden.

Kurzum: Was zwischen 2020 und 2027 in Bonn passieren wird, erfüllt die meisten Kriterien für eine Europäische Kulturhauptstadt.

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