Streit bei den Grünen in KönigswinterDreiköpfige Fraktion tritt aus Partei aus

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Königswinter – Der seit langem offen ausgetragene Zoff bei den Königswinterer Grünen ist noch einmal eskaliert – und hat jetzt zur Folge, dass Bündnis 90/Die Grünen kein Mandat mehr im aktuellen Stadtrat haben.

Einer Aufforderung des Ortsverbandes, die Partei zu verlassen, waren die grünen Ratsmitglieder Claudia Owczarczak, Oliver Schikora und Thorsten Schwarz zuvorgekommen, indem sie ihren Austritt erklärten.

Künftig „Grüne Alternative Königswinter“

Ihr Ratsmandat wollen laut Ex-Parteichefin Owczarczak aber alle drei behalten und in einer Koalition mit CDU und FDP die Arbeit fortsetzen. Die drei Ex-Bündnis-90-Grünen im Stadtrat wollen künftig als „Grüne Alternative Königswinter“ firmieren, sagte Claudia Owczarczak gestern der Rundschau.

Am Abend zuvor hatte der Ortsverband nach eigenen Angaben einstimmig die Koalitionsvereinbarung mit CDU und FDP aufgekündigt und der eigenen Fraktion den Parteinamen entzogen. Der Landtagskandidat und Owczarczak-Widersacher Richard Ralfs wirft dem Trio im Stadtrat „geradezu parteiwidersprüchliche Mitentscheidungen“ in Infrastruktur-, Bildungs- und Sozialfragen vor.

Seit Jahren Streit bei den Grünen in Königswinter

Der Haussegen bei den Grünen in der Drachenfelsstadt hängt seit Jahren schief. Das führte schon 2009 dazu, dass im Streit mit Claudia Owczarczak ausgestiegene Grüne die Königswinterer Wählerinitiative (Köwi) gründeten, die bei der letzten Kommunalwahl auf mehr als 20 Prozent kräftig zulegte und derzeit elf Ratsmandate hat. Eine neue Stufe erreichte der Zoff im März 2014, als rund 30 Grüne versuchten, über den Kreisverband Leipzig Mitglied in Königswinter zu werden und Owczarczak zu stürzen. Der Fall beschäftigte das Landes- und das Bundesschiedsgericht und endete mit einem Vergleich. Im Juli vorigen Jahres wurde Thomas Koppe neuer Vorsitzender und Nachfolger von Claudia Owczarczak, die nicht mehr antrat, aber Fraktionschefin blieb.

Seither streiten alte Fraktion und neuer Vorstand munter weiter. Von der Grünen-Fraktion in der Jamaika-Koalition mitgetragene Entscheidungen im Rat zum Neubau des Lemmerz-Hallenbades, zur Erhöhung der OGS- und Kita-Beiträge oder der Erweiterung der Gesamtschule Oberpleis stießen in der Partei durchgängig auf Kritik. Da die Fraktion weder für die Parteiposition noch für eine Kooperation zu gewinnen gewesen sei, habe die Mitgliederversammlung gefordert, den Parteinamen Bündnis 90/Die Grünen aus der Fraktionsbezeichnung zu entfernen, teilten die Grünen gestern mit.

Über einen Austritt wurde schon länger nachgedacht

„Ich kann Politik auch ohne Bündnis 90/Die Grünen machen“, sagte Owczarczak am Tag nach der Mitgliederversammlung. Dass sie sich von den bisherigen Parteifreunden beispielsweise als Gegnerin der Gesamtschule, die sie einst mit auf Weg gebracht habe, beschimpfen lassen müsse, „entbehrt jeder Grundlage und ist einfach nur doof“. Sie, ihr Lebensgefährte Oliver Schikora und Thorsten Schwarz hätten schon länger über einen Austritt nachgedacht, jetzt aber sei „das Maß des Erträglichen erreicht“.

Weiteres Geschehen bei der Kommunalwahl noch offen

Im Dezember vorigen Jahres war Sabine Vierheller von der Grünen- zur CDU-Fraktion gewechselt und hatte das damit begründet, dass die eigene Partei gegen die Fraktion arbeite. Einen ähnlichen Schritt wollte Owczarczak gestern „nicht kategorisch ausschließen“, kündigte aber zunächst die Bildung der neuen Fraktion „Grüne Alternative Königswinter“ an. Wie es bei der nächsten Kommunalwahl weitergehen könnte, ließ sie zunächst offen.

Warum fordern Partei und Vorstand nicht die Rückgabe der Ratsmandate? „Das würde nichts bringen“, sagte Thomas Koppe auf Anfrage, weil auch die Nachrücker auf der Grünen-Liste aus dem „Owczarczak-Lager“ kämen und nicht Mitglieder des Ortsverbandes seien. An der ordentlichen Mitgliederversammlung am Donnerstag haben laut Koppe 13 von derzeit 50 Mitgliedern der Partei teilgenommen.

Scharfe Kritik am neuen Vorstand

In ihrem Schreiben, in dem sie ihren Austritt nach fast 25 Jahren bei den Grünen zum 15. April erklärt, schreibt Owczarczak, wegen der Auseinandersetzungen seien fast 20 Mitglieder ausgetreten. Sie übt scharfe Kritik am neuen Vorstand, an Richard Ralfs und am Kreisverband Rhein-Sieg.

Thomas Koppe äußert in einer Pressemitteilung die Hoffnung, dass nun „hoffentlich ein Schlusspunkt“ der innerparteilicher Streitigkeiten gesetzt werde.

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