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Urteil im BetrugsverfahrenEx-Beamter wegen Betrug zu Haftstrafe verurteilt

Lesezeit 3 Minuten
Vor Prozessbeginn: der Angeklagte (r.) mit seinen Anwälten.

Vor Prozessbeginn: der Angeklagte (r.) mit seinen Anwälten.

Bonn – Damit hatte keiner gerechnet. Nur acht Prozesstage brauchte die 9. Große Strafkammer des Bonner Landgerichts, um einen spektakulären Fall abzuschließen, der vor über zwei Jahren bereits angeklagt worden war und seitdem in der Warteschleife des Bonner Landgerichts hing.

Das große Teldafax-Verfahren und die drei umfangreichen Strafverfahren zum Bonner Skandalbau WCCB hatten andere Prozesse in den Hintergrund gerückt, die Richter-Kapazitäten waren erschöpft. Dazu gehörte auch das Betrugsverfahren gegen einen korrupten Beamten im Beschaffungsamt des Bundesinnenministeriums, das ebenfalls ein Mammutfall zu werden drohte. Vorsichtshalber hatte die Kammer bereits 67 Prozesstage bis Ende Juli 2017 bestimmt; durchaus mit der Aussicht auf Verlängerung.

Ehemaliger Staatsdiener im Gefängnis

Die Bonner Richter haben den 50-jährigen Ex-Beamten gestern wegen Untreue, Betrugs, Unterschlagung und Urkundenfälschung in 101 Fällen zu drei Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt. Damit muss der ehemalige Staatsdiener ins Gefängnis. Es war der Angeklagte selbst, der dem aufwendigen Fall die Wende gab und dadurch zu einer glimpflichen Strafe kam: Überraschend hatte der Familienvater, der in den Ermittlungen noch jede Manipulation abgestritten hatte, ein umfassendes Geständnis abgelegt.

Schaden in Höhe von einer halben Millionen Euro

In den Jahren 2009 bis 2013 hatte der gelernte Fernmeldetechniker seine Position im IT-Referat des Beschaffungsamtes, zuständig für Bestellung von Soft- und Hardware oder auch Dienstleistungen, ausgenutzt, um sich im „Kaufhaus des Bundes“ selbst zu bedienen. Mit Hilfe von drei IT-Firmen, deren faktischer Geschäftsführer er war, hatte der EDV-Spezialist die Straftaten begangen. Durch fingierte Rechnungen, gefälschte Angebote oder manipulierte Vergabeverfahren hatte er die Betrügereien geschickt vertuscht. Als der Fall durch eine interne Prüfung 2013 aufflog, lag der Schaden bei einer halben Million Euro.

Seine Ehefrau, die ursprünglich mit auf der Anklagebank gesessen hatte, soll mitgeholfen haben, die Machenschaften zu verschleiern. Das Verfahren gegen die 46-Jährige wurde bereits zu Prozessbeginn im Februar gegen eine Geldzahlung eingestellt. Die gelernte Betriebswirtin hat sich verpflichtet, 180 000 Euro an den Bund zurückzuzahlen.

Die Eheleute lebten in Luxus

„Eine erstaunlich kriminelle Karriere“, so der Kammervorsitzende Thomas Stollenwerk im Urteil. „Allerdings gab es auch keinerlei Kontrolle durch Vorgesetzte oder andere Referate.“ Von der Beauftragung bis zur Bezahlung habe alles in seiner Hand gelegen. Gelebt haben sollen die Eheleute in viel Luxus und Glamour: Teure Urlaubsreisen vor allem und vor der Haustür in Bergisch Gladbach ein Fuhrpark der Spitzenklasse.

Verloren hat der Familienvater nicht nur allen Reichtum, sondern auch seine Beamtenstelle und die Pensionsansprüche. Wegen der langen Verfahrensdauer jedoch hat er einen Straf-Abschlag bekommen: Sechs Monate gelten wegen der hohen Belastung bereits als vollstreckt. ’Das sei eine Vorgabe, so die Kammer, des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

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