Zerstörte Brücken und nasse KellerÜberschwemmungen im Rhein-Sieg-Kreis

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Schrubben und Spritzen: Der Schlamm muss weg. Hier packt die Feuerwehr aus Lohmar in Niederbachem mit an.

Schrubben und Spritzen: Der Schlamm muss weg. Hier packt die Feuerwehr aus Lohmar in Niederbachem mit an.

Wachtberg/Meckenheim/Rheinbach/Swisttal – „So schlimm war es noch nie“, da waren sich die Anwohner von Villip, Pech und Niederbachem am Samstagabend einig. In nur wenigen Minuten wurden die Orte am Nachmittag stellenweise überschwemmt. Von Fritzdorf und Arzdorf her kamen die Wassermassen, mit denen in den unteren Ortschaften niemand gerechnet hatte. Verletzte gab es offenbar aber nicht. Einige Anwohner saßen jedoch über einige Stunden in ihren Häusern fest.

Am schlimmsten traf es wohl den Ortsteil Pech: Die Brücke am Grünen Weg gab den Wassermassen nach, die Straße riss ein und ganze Autos wurden über viele Meter weggeschwemmt. Bis zu den Briefkästen der Häuser stand die braune Brühe, die vom Godesberger Bach über Felder und Straßen angeschwemmt wurde. Wegen der Wassermassen musste die Landstraße 158 gegen 18 Uhr sogar gesperrt werden, der Gebäudekomplex mit der Metzgerei von Adalbert Wolf wurde genauso von den Überschwemmungen getroffen wie der kleine Pferdehof auf der gegenüberliegenden Straßenseite.

Nur wenige Minuten dauerte es auch, dann war der Garten von Familie Steffes in Villip komplett überschwemmt. Der sonst so beschauliche Arzdorfer Bach war dort zu einem reißenden Fluss geworden und hatte sogar das Gartenhäuschen der Familie mit sich gerissen. „Wir können erst einmal nicht in unser Haus – da steht das Wasser etwa 30 Zentimeter hoch“, erzählte Franz-Josef Steffes.

„Unsere Heimat steht unter Wasser“

In Niederbachem erwischte es bereits zum dritten Mal die Brücke an der Konrad-Adenauer-Straße. Da dabei eine Gasleitung freigelegt wurde, musste der Straßenzug evakuiert werden. Und ausgerechnet die Anwohner, die es am schlimmsten traf, waren nicht zu Hause. Nachbarn retteten den Hausrat der Urlauber auf den Balkon und als die Wassermassen langsam den Rückzug antraten, waren alle mit Gummistiefeln, Besen und Schaufel zur Stelle. „Der Zusammenhalt ist wirklich toll“, meinte Uwe Krause. Es sei alles viel zu schnell gegangen, um im Vornherein noch etwas zu retten.

In Villip war das Tosen und Gurgeln des auf seine vielfache Größe angeschwollenen Arzdorfer Bachs, dort „Mühlenbach“ genannt, schon von weitem zu hören. Die Anwohner der tiefer gelegenen Straßen wurden von den gewaltigen Wassermassen überrascht, die ihr sonst so gemächlich dahinfließender Hausbach plötzlich mit sich führte. An der Straßenbrücke „Im Bruch“ ging lange Zeit nichts mehr: Die für das Wasser vorgesehene Öffnung erwies sich als zu klein. Das Bauwerk wurde zur Staumauer, an der sich der Bach bis zu auf eine Breite von 50 Metern aufstaute und dann Grundstücke und Häuser der „Villiper Bachstraße“ und der Straße „Im Bruch“ überflutete, bevor er dann Richtung Godesberg weiterfloss.

„Unsere Heimat steht unter Wasser“, sagten die Anwohnerinnen Sara (12 Jahre) und Charly (13) entsetzt. Ebenso Landwirte wie die Gebrüder Breuer waren geknickt, als Haus, Hof und der Stall mit den darin befindlichen Kühen im Wasser standen.

200 Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Wachtberg

200 Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Wachtberg fuhren mit auswärtigen Wehren zu 180 bis 200 Einsätzen. Bereit standen ebenfalls Taucher der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) und Strömungsretter, die jedoch nicht eingesetzt werden mussten. Die zusätzlichen Kräfte seien angefordert worden, um an mehreren Stellen zugleich angreifen zu können, erklärte Wachtbergs Feuerwehrchef Markus Zettelmeyer gestern auf einer Pressekonferenz im Berkumer Rathaus. Die erste Alarmierung hatte die Wehr am Samstag um 14.28 Uhr aus Pech erreicht, wo ein Keller vollgelaufen war. Um 14.31 Uhr kam dann die offizielle Unwetterwarnung. Es sei generell schwierig, Gewitterzellen vorherzusehen, betonte der Feuerwehrchef. Relativ schnell seien dann Einsätze in Fritzdorf, Werthhoven und im Verlauf des Mehlemer und des Godesberger Baches nötig geworden, der in Villip Arzdorfer Bach heißt. Besonders schwierig sei es für die Helfer gewesen, an die Einsatzstellen in Fritzdorf und Adendorf zu gelangen, da beide Orte vor allem anfangs abgeschnitten waren.

Die Wassermassen kamen aus Wachtbergs Höhenlagen, wo Werte von über 100 Litern pro Quadratmeter in unter zwei Stunden gemessen wurden, informierte Wachtbergs Erster Beigeordnete Jörg Ostermann. Diese hohen Niederschläge hatten dazu geführt, dass der Mehlemer und der Godesberger Bach in nur kurzer Zeit anschwollen. Da die Niederbachemer aufgrund von vergangenen Hochwasserereignissen ihre Häuser selbst gut gesichert hatten und auch kommunale Maßnahmen griffen, waren die Schäden dort geringer als am Godesberger Bach, der noch nie so viel Wasser geführt hatte. Die Pecher Hauptstraße ist von einer Seite nur noch als Sackgasse befahrbar und auch der „Grüne Weg“ ist aktuell nicht befahrbar.

Bürgermeisterin Renate Offergeld informierte über ein Hilfsangebot der Volksbank, den vom Hochwasser Geschädigten einen zinslosen Sofortkredit über 10 000 Euro zu gewähren. Und auch die Gemeinde hilft, wo sie kann: 18 Müllcontainer wurden bereits verteilt und mit der RSAG sind Sperrmüllsonderfahrten vereinbart worden.

MECKENHEIM

An das große Hochwasser von 1985 fühlte sich Meckenheims stellvertretender Wehrleiter Thomas Rähse erinnert, als er am Samstagabend die Swist sah. Die gesamte Aue zwischen Ruhrfeld und dem Industriepark Kottenforst war überschwemmt worden. Keller entlang der Schützenstraße und der Merler Straße waren vollgelaufen und mussten leergepumpt werden. Zahlreiche Anwohner waren mit Sandsäcken versorgt worden. Die Feuerwehr war nachmittags zur Amtshilfe in die Grafschaft geeilt, gegen 18 Uhr wurde dann aber Vollalarm für die Meckenheimer Wehren ausgerufen. Bis Mitternacht war die Feuerwehr im Einsatz.

RHEINBACH

Gegen 21 Uhr stieg der Pegel der Swist auch in Flerzheim so hoch, dass der Bach an einer Stelle über die Ufer trat. Die Swistbachstraße wurde zwischen Dorfplatz, Kirche und Nussbaumstraße gesperrt. Die Feuerwehr stand mit Pumpen und Sandsäcken in Bereitschaft. Gestern Vormittag wurde die Straße gesäubert. 35 Freiwillige waren unter Leitung von Thomas Kirchhartz im Einsatz.

SWISTTAL

Mit einem „blauen Auge“ kamen die Swisttaler davon. Die Feuerwehr hatte 700 Sandsäcke verteilt, damit Häuser und Kanaleinläufe gesichert werden konnten. „Alles hat gehalten“, bilanzierte Feuerwehrsprecher Christian Klein gestern Mittag.

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