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„Lobby für Mädchen“Kölner Beratungsstelle fordert Zeugnisverweigerungsrecht

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Köln – Die Kölner Beratungsstelle „Lobby für Mädchen“ sieht sich jetzt auch zu politischer Lobbyarbeit veranlasst: „Mit anderen Mädchen- und Frauenberatungen wollen wir bundesweit auf die Durchsetzung eines Zeugnisverweigerungsrechts hinwirken“, kündigt Mitarbeiterin Frauke Mahr an. Die Beraterinnen von Fachstellen müssten zum Schutz ihrer Klientinnen bei Offizialdelikten ähnlich wie Ärzte und Seelsorger gegenüber Polizei und Staatsanwaltschaft das Recht haben, zu bestimmten Fragen zu schweigen. Das werde schon lange gefordert, sei aber bisher ein „Randthema“ gewesen und auch nicht im neuen Sexualstrafrecht berücksichtigt.

Wie berichtet hatte Frauke Mahr vor dem Landtags-Untersuchungsausschuss „Silvesternacht“ zwei angebliche Vergewaltigungen erwähnt, eine davon auf dem Bahnhofsvorplatz. Die Staatsanwaltschaft nahm nach dieser Aussage Ermittlungen auf und befragte Mahr auch zur Identität der Betroffenen. Dies brachte die Beraterin in erheblichen Konflikt. Schließlich hätten sich die Klientinnen bewusst entschieden, keine Anzeige bei der Polizei zu erstatten und seien im Vertrauen auf Wahrung ihrer Anonymität in die Beratung gekommen. Frauke Mahr: „Ich konnte mich der Ladung nicht entziehen und musste wahrheitsgemäß antworten.“ Die Staatsanwaltschaft teilte unterdessen mit, dass im Zuge von Vernehmungen die Identität eines der mutmaßlichen Opfer geklärt werden konnte. Um wen es sich bei dem zweiten Opfer handelt, stehe noch nicht fest. Staatsanwalt Benedikt Kortz: „Die nötigen Ermittlungen dauern noch an.“

Dass „so verfahren worden ist, damit sind die Frauen auch in anderen Beratungsstellen nicht einverstanden“, betont Mahr. Beraterinnen, die kein Verweigerungsrecht hätten, könnten nicht mehr öffentlich sagen: „Ja, wir haben mit Gewaltstraftaten zu tun.“ Schließlich müssten sie dann damit rechnen, dass die Staatsanwaltschaft hellhörig und tätig werde.

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„Großer politischer Druck“

Bis zu Mahrs Ausführungen im Ausschuss sei bei der „Lobby“ eine solche Problematik noch nicht aufgetaucht. Der Verein berät im Jahr über 300 Mädchen und Frauen zwischen zehn und 27 Jahren. Wie viele nach Vergewaltigungen Hilfe suchen, dazu möchte sich Mahr nicht mehr äußern.

Irmgard Kopetzky, seit 22 Jahren Beraterin beim Kölner „Notruf für vergewaltigte Frauen“ sagt, sie könne sich das Vorgehen nur durch den „großen politischen Druck erklären, der seit Silvester entstanden ist“. Polizei und Staatsanwaltschaft müssten grundsätzlich erst tätig werden, wenn sie von einem Offizialdelikt erfahren. „Wir beim Notruf haben gar keine Aktenhaltung und dokumentieren die Beratungen nicht. Oft wissen wir nicht einmal, wie die Frauen heißen und haben auch nicht ihre Kontaktdaten.“ Gleichwohl fordert auch Kopetzky, „dass wir Beraterinnen ein Zeugnisverweigerungsrecht kriegen.“

Von einem „großen Dilemma“ spricht ebenso Claudia Schrimpf von „Frauen helfen Frauen“. Das „A und O der Beratungsarbeit“ sei Vertrauen. „Wenn eine Frau gegen ihren Willen in die Öffentlichkeit gezerrt wird, ist das ganz schlecht.“

Monika Kleine, Geschäftsführerin vom Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) berichtet, dass es für Mitarbeiterinnen in der Schwangerschafts-Konfliktberatung bereits ein Zeugnisverweigerungsrecht gebe. „Wir würden sehr unterstützen, wenn bestimmte weitere Bereiche wie die Beratungsarbeit bei häuslicher und sexualisierter Gewalt sowie Bereiche der Straffälligenhilfe unter Zeugnisverweigerungsrecht gestellt würden.“ Ihr selber, so Kleine, sei von der Staatsanwaltschaft sogar schon mal mit Beugehaft gedroht worden, nachdem im Moses-Baby-Fenster von Haus Adelheid das erste Kind abgegeben worden war „und wir den Namen der Mutter kannten“. Die SkF-Geschäftsführerin: „Wir haben damals eine gütliche Lösung gefunden, ich habe den Namen nie preisgegeben.“

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