„Scheinurteil“Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Rechtsbeugung

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Justitia am Gericht

Justitia an einem Gerichtsgebäude (Symbolbild)

Köln – Das Urteil einer Berufungskammer am Landgericht ist an Deutlichkeit nicht zu übertreffen: Als „Frechheit“ und „Scheinurteil“ bewertete die 2. Kleine Strafkammer das Urteil eines Kölner Amtsrichters. Der hatte im Februar 2015 einen Mann (52) wegen fahrlässigen Vollrauschs verurteilt.

„Frechheit“, „Scheinurteil“, „Völlig sinnfrei“

Missfallen erregte vor allem die schriftliche Urteilsbegründung, die ihren Namen offensichtlich nicht verdiente: Bei dem Dokument, das der Kollege vom Amtsgericht unterschrieben habe, handele es sich „nicht um ein auch nur ansatzweise begründetes Urteil“, heißt es in den Feststellungen der Berufungsinstanz. Dann folgen die verbalen Peitschenhiebe „Frechheit“ und „Scheinurteil“. „Völlig sinnfrei“ habe der Amtsrichter die Anwaltserklärung des Angeklagten sowie weitere Akteninhalte in das schriftliche Urteil kopiert. „Die Fassung eines solchen ,Scheinurteils’ bleibt auch vor dem Hintergrund der hohen Arbeitsbelastung der Amtsgerichte unerklärlich“, heißt es in dem Berufungsurteil.

Anfangsverdacht Rechtsbeugung

Doch zum Beginn der Geschichte: Im Juli 2013 rast der unter Alkohol- und Haschischeinfluss stehende Angeklagte mit seinem Auto auf eine Gruppe Jugendlicher zu und verletzt einen von ihnen am Fuß. Als die Polizei ihn später festnehmen will, wehrt er sich heftig. Im Februar 2015 folgt die Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 40 Euro. Doch die Staatsanwaltschaft legt Berufung gegen das aus ihrer Sicht zu milde Urteil ein und erhält recht. Im Juli 2016 wird der 52-Jährige wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung und fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu 13 Monaten auf Bewährung verurteilt. Doch damit ist das erstinstanzliche Urteil nicht abgehakt, denn nun interessiert sich die Staatsanwaltschaft dafür und ermittelt ob ein Anfangsverdacht wegen Rechtsbeugung und Strafvereitelung im Amt vorliegt.

Für den mittlerweile pensionierten Amtsrichter könnte die Sache noch unangenehm werden. Rechtsbeugung wird mit ein bis fünf Jahren Gefängnis bestraft.

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