Allgemeiner Deutscher FahrradclubKritik an Litfaßäulen und Werbetafeln in Köln

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Hinter der Litfaßsäule könnte ein Fußgänger hervorkommen. Die Sicht an der Richard-Wagner-Straße ist verstellt.

Hinter der Litfaßsäule könnte ein Fußgänger hervorkommen. Die Sicht an der Richard-Wagner-Straße ist verstellt.

Köln – Eigentlich sollen sie ja Lust aufs Kaufen machen. Aber es scheint, sie wecken vor allem Streitlust, die neuen Werbesäulen und -tafeln in Köln. „Die sind monströs und stehen im Weg“, sagt Christoph Schmidt vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC). „Wir wurden über den Tisch gezogen“, ist Bezirksbürgermeister Andreas Hupke (Grüne) erbost. In Deutz haben Bürger Unterschriften gegen eine Säule vor einem Geschäft an der Deutzer Freiheit gesammelt. Im harmlosesten Fall wird über die Säulen und Tafeln gesagt, sie seien hässlich. Im schlimmsten Fall lautet der Vorwurf: Eine Gefahr für Leib und Leben.

Für den 1. Januar hat die Stadt die Werberechte an Straßen, Plätzen und U-Bahn-Haltestellen neu vergeben. Der Zuschlag ging an die Ströer-Gruppe und an die JCDecaux GmbH. Seitdem werden alte Werbeträger ersetzt und neue Standorte gesucht.

Ströer

Alexander Stotz ist Deutschlandchef bei Ströer. Er zeichnet sich natürlich nicht für die Werbeträger der Konkurrenz in Köln verantwortlich. Für Ströer-Werbeflächen kann er aber sagen: „Wir stellen keine sinnlosen Anträge. Schon bevor wir bei der Verwaltung Vorschläge machen, haben wir die eventuellen Standorte aus eigener Erfahrung und Verantwortung heraus geprüft. Dabei achten wir besonders auf die Verkehrssicherheit. Uns ist sehr wichtig, dass gerade in diesem Bereich nichts schief geht.“

Bei fraglichen Standorten würden Verwaltungsmitarbeiter und Experten von Ströer gemeinsam vor Ort nach Lösungen suchen. Und mehr noch: „Bei großflächigen Werbeflächen, unseren Mega-Lights, beziehen wir auch die Bezirksvertretungen ein“, sagt Stotz. Obwohl keine baurechtliche Notwendigkeit dafür bestehe.

Säulen und Tafeln zu eng an Kreuzungen und Radwegen

„Oftmals wurden die Säulen und Tafeln viel zu eng an Kreuzungen und an Radwege gebaut“, sagt Christoph Schmidt vom ADFC. Beispiele? Schmidt führt nahezu die ganzen Ringe an. Zum Beispiel an der Kreuzung mit der Richard-Wagner-Straße: Die Säule steht direkt an der Fußgängerampel. Eng wird es also, wenn ein Radfahrer auf dem Radweg unterwegs ist und ein Fußgänger sich just hinter der Säule befindet. U-Bahnstation Friesenplatz, Nähe Rex-Kino, Fahrtrichtung Süden.

Der Radweg macht eine Rechtskurve, im Scheitelpunkt steht eine Werbetafel. Der Weg kann nicht mehr eingesehen werden. Das ist häufig das Problem bei den Beispielen, die Schmidt auflistet. Radwege machen eine Kurve, und der Werbeträger verstellt die Sicht auf den weiteren Verlauf. Manchmal stehen sie auch kaum eine Handbreit neben dem Radweg. „Ich verstehe das nicht: Alle Vorschriften die ich kenne, schließen so etwas aus“, sagt Schmidt. Rund 30 kritische Standorte hat er in der Innenstadt ausgemacht.

Eine Erklärung glaubt Andreas Hupke, Bürgermeister für den Bezirk Innenstadt, zu haben. „Die Verwaltung hat sich zum Erfüllungsgehilfen der Unternehmen gemacht. Die winken nur noch ab, was die Firmen beantragen“, sagt er. Der Grünen-Politiker fühlt sich hintergangen. „Früher war es üblich, dass die Standorte mit der jeweiligen Bezirksvertretung abgesprochen wurden.“ Doch das interessiere seit der Neuvergabe keinen mehr.

Fehlerquote bewege sich in engen Grenzen

Äußerungen, die Astrid Lemcke, kommissarische Amtsleiterin bei der Bauverwaltung, nicht kommentieren möchte. Aber sie will dem Eindruck entgegentreten, als könnte es bei der Standortfrage für Werbemittel auch um gefallen oder nicht gefallen gehen. „Wenn ein beantragter Standort alle gesetzlichen Vorgaben erfüllt, können wir ihn nicht ablehnen.“ Und damit ist Lemcke auch schon bei der Verfahrensweise. „Wir reden von rund 1200 Standorten – koordinatengenau –, die die Unternehmen bei uns beantragen.“ Die würden dann einer Vorprüfung unterzogen. Für die, die Aussicht auf Genehmigung haben, müsse das Unternehmen einen Bauantrag stellen. „Dabei werden dann natürlich alle Belange, auch die Verkehrssicherheit, geprüft.“

Fehler seien nicht auszuschließen, räumt Lemcke ein. „Wir reagieren auf Beschwerden, das ist ein fließender Prozess.“ Manchmal müsse ein Werbeträger verstellt werden, weil die Koordinaten nicht exakt stimmen. Mal habe die Verwaltung die Lage schlichtweg falsch eingeschätzt, wie an der Ecke Aachener Straße/Braunstraße. Dort muss die Säule nun weg. Weitere Fälle will Lemcke noch nicht nennen. Man sei gerade dabei, eine Vorlage für den Verkehrsausschuss zu erarbeiten (siehe Kasten) und wolle der nicht vorgreifen. Aber die Fehlerquote bewege sich in engen Grenzen. „Bisher müssen wir elf Korrekturen durchführen“, sagt Lemcke. Und das bei 300 Säulen, 350 Tafeln und 200 großflächigen Anzeigetafeln (Mega-Lights).

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