Belohnung für RadlerKölner Start-up will zum Fahrradfahren motivieren

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Köln – Leugnen ist zwecklos: Radfahren ist gesund. Schwieriger wird es bei der These, die als Schild an die Bürowand eines Kölner Startups gepinnt ist. „Radfahren macht reich.“ Nun, wenn alles gut läuft für das neue Unternehmen Radbonus, könnte es den Gründern zumindest ein mehr als ordentliches Einkommen bescheren. Und die Radfahrer gehen auch nicht leer aus.

Radbonus ist eine Idee von Nora Grazzini, deren Ziel zwar nicht unbedingt der Reichtum war, vielmehr wollte sie berufliches Können mit ihrer privaten Leidenschaft verbinden. Fündig wurde die 35-Jährige beim Thema Radfahren. „Ich habe immer gedacht, Radfahrer sind so gut für unsere Gesellschaft, dass man sie belohnen müsste.“ Der zweite Schritt: „Dann kam die Überlegung, wer profitiert davon, wer wäre bereit, dafür zu bezahlen.“ Die Antwort ist naheliegend: Krankenkassen und Arbeitgeber, die die Gesundheit der Arbeitnehmer verbessern wollen.

Denn genau hier setzt Nora Grazzinis Smartphone-App Radbonus an. Diese misst via GPS, wie viel der Nutzer geradelt ist. Daran lässt sich ein Belohnungssystem anknüpfen. Bereits jetzt gibt es Rabatte bei Sporthändlern oder die Möglichkeit, an einer Verlosung teilzunehmen, wenn eine gewisse Kilometerzahl erreicht ist. „Ein Algorithmus sorgt dafür, dass wirklich nur Fahrten auf dem Rad gemessen werden“, sagt Grazzini. Ein Parameter ist etwa die Geschwindigkeit. Ist sie höher als 45 Stundenkilometer, sortiert das System die Fahrt aus.

Finanzieren soll sich die App vor allem über Partnerschaften mit Krankenkassen und Firmen. Diese können die Technik für ihre Zwecke maßschneidern lassen. „Jeder Partner kann sich eigene Belohnungen ausdenken, denkbar ist ein Extra-Urlaubstag, gefragt ist auch das Thema Spenden, die an den Kilometerumsatz gekoppelt werden .“

Das Interesse an Radbonus ist groß, berichtet Grazzini. Als erster Partner wurde die Initiative „Gesundes Kinzigtal“ im Schwarzwald gewonnen, die sich seit 2005 für die Gesundheit der Menschen der Region einsetzt. Es gebe Verhandlungen zudem mit Krankenkassen und Unternehmen. Auch Kassen aus der Schweiz gehören zu den Interessenten. „Dabei habe ich Internationalisierung eigentlich noch nicht auf dem Zettel.“ Wohl aber im Hinterkopf, ihr Traum ist es, ihr System weltweit etablieren zu können.

Es ist das Gefühl, mit der richtigen Idee zur richtigen Zeit zu kommen, das Grazzini beflügelt. Das Gesundheitswesen dürstet nach digitalisierten Angeboten. Ärzte bieten die Terminvergabe über Smartphone-Apps an, Krankenkassen versuchen, ihre Klienten mobil zu erreichen. Auf der anderen Seite werden auch Angebote wie Dienstfahrräder wieder stärker nachgefragt. Dennoch sagt die gelernte Designerin: „Es läuft besser, als ich es mir vorgestellt habe.“ Die Entwicklung war rasant. Im Juni 2015 hat sie die Idee verbreitet, dann erst hat sie auf Drängen von außerhalb eine Website entwickelt, ab August folgte innerhalb von zwei Monaten die App. „Damit ich ein vorzeigbares Produkt habe.“ Die nächste Version wird von einem Förderprogramm des Energiekonzerns E:on finanziert, zehn Mitarbeiter arbeiten daran.

Teilnehmer bleiben Anonym

Die Bedienung von Radbonus ist einfach, so einfach, dass es die Anwender mitunter verwirrt, sagt Nora Grazzini. Denn zur Nutzung muss nur die App aufs Smartphone geladen werden, das Programm verlangt keine E-Mail-Adresse, keine Namenseingabe. „Das verstehen viele nicht“, sagt Grazzini. „Wir wollen den Startvorgang daher besser erklären.“

Kommuniziert wird nur über die App. „Radbonus wird das auch nicht ändern.“ Immerhin wird der zurückgelegte Weg auf dem Fahrrad erfasst und gemessen, da ist es vertrauensfördernd, wenn keine personenbezogenen Daten erhoben werden. Künftig soll es aber Eingabefunktionen geben – etwa für Versionen, die Krankenkassen und Unternehmen nutzen. (sol)

Seit dem Start im Herbst wurde die App Radbonus rund 2000-mal heruntergeladen. „Die Hälfte davon sind aktive Nutzer“, freut sich Nora Grazzini.

Läuft alles nach Plan, soll Radbonus einmal so groß werden wie Payback, das Belohnungssystem im Konsumbereich. „Ich mache das aber nicht, um viel Geld zu verdienen, sondern weil mir das Thema Radfahren am Herzen liegt“, versichert die gebürtige Siegburgerin. Auch hier wäre Leugnen zwecklos.

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