City-Maut für Köln„Autofahren muss unattraktiver werden“

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Die Zoobrücke in Köln. (Archivbild)

Die Zoobrücke in Köln. (Archivbild)

Köln – „Ja, das ist ein Wunsch von mir.“ Und damit es nicht ganz zu weich klingt, korrigiert sich Harald Rau direkt: „Es ist ein dringender Wunsch von mir.“ Und was wünscht sich Kölns Umweltdezernent nun so dringend? Die City-Maut. Würde es nach ihm gehen, könnte sie innerhalb der nächsten drei Jahre eingeführt werden und der Erlös in den Ausbau von Fahrradwegen fließen.

Und warum so schnell? „Ich bin ein Fan einer solchen Maßnahme, denn das Unerwünschte muss teuer werden.“ Noch ein bisschen konkreter: „Autofahren muss unattraktiver werden“, sagt Rau.

Kölns Umweltdezernent war in der vergangenen Woche in die Schlagzeilen geraten. Beim Katerfrühstück der Arbeitgeber hatte Rau gesagt, er denke in einem Zeitraum von 15 Jahren, um die Luftschadstoffwerte unter die gesetzlichen Grenzwerte zu senken. Danach erntete er Kritik ob der langen Zeitspanne. Um nicht den Eindruck zu erwecken, da passiere zu wenig, hatte Rau gestern in sein Büro ins Stadthaus geladen. Er wollte mal zeigen, was so alles auf der Agenda steht für die Luftreinhaltung.

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Fahrverbot für Dieselfahrzeuge kurzfristig nicht möglich

Allein mit der City-Maut ist die Liste noch nicht abgearbeitet. Rau würde es auch begrüßen, wenn beispielsweise die Umweltzonen in der Stadt ausgeweitet werden. Und das Fahrverbot für Dieselfahrzeuge? „Das ist ein rabiater Schlag, das geht nicht kurzfristig“, sagt Rau.

Aber langfristig sieht er bei dem Thema Potenzial. Der Umweltdezernent geht davon aus, dass sich die Dieseldebatte in 15 Jahren erledigt hat. Wegen der dann weiter entwickelten Filtertechnik? „So oder so“, sagt Rau. Irgendwann müssten die alten Dieselfahrzeuge ja raus aus der Stadt. „Ohne Verbote wird das alles sicherlich nicht gehen.“

Beim Diesel wird Rau emotional. Von der Autoindustrie fühlt er sich im Stich gelassen. „Lügen und betrügen.“ Auch für die Bundesregierung hat er wenig gute Worte über. Die habe nämlich die Kommunen im Stich gelassen, in dem sie nicht die Blaue Plakette eingeführt habe. „Mit der würden wir schon jetzt die Grenzwerte einhalten“, sagt Rau

Runder Tisch feilt an Maßnahmenliste

Gnadenlos sein Blick auch auf die Binnenschiffe. Die Energieversorgung über Ladestationen am Rheinufer möchte er gerne verbindlich machen. Das müsse aber noch rechtlich abklopft werden. Auch die Reisebusse auf der Komödienstraße zur Weihnachtszeit hat er im kritischen Blick: „Das darf so nicht sein.“

Citymaut, größere Umweltzonen und Dieselfahrverbot – bei all diesen Themen bleibt Rau noch im Bereich des Wünschens. Denn zurzeit feilt ein Runder Tisch an der Maßnahmenliste, durch die Schadstoffwerte gesenkt werden sollen. In einem viertel Jahr sollen erste Ergebnisse vorliegen. Beteiligt sind auch Wirtschaftsvertreter. Ob die sich auch eine City-Maut wünschen? „Gibt es keine effektiven Vorschläge, müssen wir es selbst richten“, droht Rau.

So reagieren Kölner Politiker

„Das ist mit uns nicht abgesprochen und soweit ich weiß auch nicht verwaltungsintern“, sagt CDU-Vorsitzender Bernd Petelkau. Damit deutet er an, dass die City-Maut nicht von Oberbürgermeisterin Henriette Reker befürwortet wird. Die hatte sie schon mal im Wahlkampf zur Sprache gebracht, aber den Vorschlag nach aufkommender Kritik schnell wieder zurückgezogen.

Petelkau stellt für die Union klar: „Eine City-Maut ist nicht die richtige Maßnahme für Köln. Für die ganze Innenstadt kann sie auch kaum rechtlich zulässig sein, wenn die Hauptbelastung in Mülheim vorliegt.“

„Stadt muss Planstudie entwerfen“

„Je wohlhabender der Mensch, desto mehr ist er für die City-Maut“, sagt Reinhard Houben, verkehrspolitischer Sprecher der FDP. „Wenn man einen Dienstwagen, einen Chauffeur und demnächst dann auch eine City-Maut-Plakette hat, wie Kölns Umweltdezernent Herr Dr. Rau, kann man darüber leicht reden. Die Dummen sind dann die Pendler mit schlechter ÖPNV-Anbindung.“ Kurzum: Houben lehnt die City-Maut rundweg ab.

„Wichtig ist, dass mit einer City-Maut nicht einfach nur abkassiert wird“, sagt Andreas Wolter, Grüner Ratsherr und Vorsitzender des Verkehrsausschusses. Die City-Maut könnte laut Wolter durchaus eine gute Maßnahme sein, das Schadstoffproblem in Köln anzugehen.

„Um sich eine endgültige Meinung bilden zu können, müsste die Stadtverwaltung erst einmal eine Planstudie entwerfen. Aus der müsste dann auch hervorgehen, welche Senkung der Schadstoffwerte zu erwarten ist und welche Verkehrslenkung dadurch entsteht.“ Wolter glaubt nicht, dass die City-Maut nur auf Kritik stößt: „Da entwickelt sich ein neues Bewusstsein.“

„Ist dieser Dezernent von allen guten Geistern verlassen“

Eine City-Maut ist kein sinnvolles Instrument“, sagt Susana dos Santos, verkehrspolitische Sprecherin der SPD. „Wir erwarten von der Verwaltung, dass sie die ganze Stadt im Blick hat und nicht allein die City.“ Auch müssten endlich die Beschlüsse umgesetzt werden, die schon 2015 im Verkehrsausschuss diskutiert wurden, wie beispielsweise umweltsensitive Ampel.

SPD-Fraktionsvorsitzender Martin Börschel: „Schluss mit dieser Bevormundungspolitik! Ist dieser Dezernent von allen guten Geistern verlassen?“

Das ist der Runde Tisch

Wirtschaftsverbände, die KVB und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sitzen am Runden Tisch Luftreinhalteplanung. Die Teilnehmer arbeiten zurzeit an vier Handlungsfeldern. Für den Verkehr (ruhend/fließend) zeichnen die Wirtschaftsvertreter verantwortlich. Um Umwelt, ÖPNV und Radverkehr kümmert sich die KVB. Das Thema Technik deckt die DLR ab.

Auf dem Tisch liegt ein Katalog mit 25 Maßnahmen. Darauf stehen auch die von Umweltdezernent Rau gewünschten Projekte. Eine erste Priorisierung soll es nach den Sommerferien geben.

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