Dombau-VereinEine Lotterie rettet den Bau des Kölner Doms

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Köln – Es war, als würde das Mittelalter einen schaurigen Gruß senden. Aus einem halbfertigen Turm ragt wie ein Armstumpf der hölzerne Baukran. Das Mittelschiff steht losgelöst einige Meter weiter. Wie ein schwarzer Pilz aus dem Boden geschossen. Für die Menschen des Zeitalters der Aufklärung war die Bauruine des Kölner Doms das Symbol einer vermeintlich düsteren Epoche.

Von deren Baustil, der Gotik, wollte man nichts mehr wissen. Von der Baustelle des Doms wandte man sich ab. Seit 1520 tat sich dort nichts mehr. Es mussten erst die jungen Wilden des „Sturm und Drang“ kommen – Herder, Goethe, Schiller – und das dunkle Mittelalter wieder ausleuchten. Wild romantisch erschien es nun. Und der Dom erstrahlte in diesem Lichte als Zeichen eines urwüchsigen Glaubens. Seine Fertigstellung schien wieder erstrebenswert. Und das Geld dafür sollte ein Verein mit aufbringen. Ein Dombau-Verein.

Verein sollte Dombau vorantreiben

In den 1830er Jahren brach sich der Wunsch Bahn: Das Bestreben nach einem Verein für den Dombau wurde immer greifbarer. Noch scheiterte der Kölner Literat und Präsident der städtischen Armenverwaltung Everhard von Groote mit einem Vorstoß. Auch der Düsseldorfer Geistliche Johann Vincenz Joseph Bracht drang nicht zum Ziel durch. Der Tod nahm ihm den Wind aus den Segeln. Überhaupt, die Umstände waren nicht dazu angetan, einen schnellen Durchbruch zu ermöglichen. Auf dem deutschen Thron in Berlins saß nämlich Friedrich Wilhelm III. Ein Dombauverein konnte nur mit seinem Segen ins Leben gerufen werden.

Doch weder gab es bei dem protestantischen Herrscher den Wunsch, einen Schritt auf die katholischen Dombauer zuzugehen. Noch fühlten sich die rheinischen Katholiken besonders zu ihm hingezogen – war er doch wesentlich darin eingebunden, dass der Kölner Erzbischof Clemens August Droste verhaftet wurde. So standen sie sich spannungsgeladen gegenüber, der König und die Katholiken.

Auf dem Speicher des Gasthofes Zur Traube in Darmstadt wurde der Fassadenriss gefunden, der heute im Dom hängt.

Auf dem Speicher des Gasthofes Zur Traube in Darmstadt wurde der Fassadenriss gefunden, der heute im Dom hängt.

Der König ist tot, es lebe der König: Mit der Thronbesteigung Friedrich Wilhelm des IV. war die bleierne Schwere in den Beziehungen zwischen dem preußischen Thron und den rheinländischen Katholiken wie weggeblasen. Mit frischem Wind in den Segeln wagte der Gerichtsrat Carl Ferdinand von Gerolt einen erneuten Vorstoß. Allein fand er noch nicht die rechten Unterstützer.

Doch als der Kölnische Kunstverein sich seiner Sache anschloss, gelangte alles in die rechte Bahn. Am 8. Dezember 1841 genehmigte der preußische König die Statuten zur Gründung eines Zentral-Dombau-Vereins. 1842 war die Gründungsphase abgeschlossen. Am 4. September wurde wieder gebaut.

Lotterie sollte den Kölner Dom retten

Der Taler rollte: Im ersten Jahr des Zentralvereins schlossen sich 150 Hilfsvereine an. 40 000 Taler kamen zusammen. Auch das zweite Jahr war erfolgsverwöhnt. Dann schien es, als würde der Himmel seine Gunst versagen: Missernten. Krisenjahre. Zugleich schossen die Baukosten nach oben. Der Dachstuhl sollte aus Stahl gefertigt werden. Ein teures Unterfangen. Spenden von Kölner Industriellen und Vermächtnisse halfen über das Gröbste hinweg. Doch es wurde deutlich: Auf Dauer muss eine ergiebigere Quelle her.

Die Idee schlug ein wie ein Blitz – und spaltete den Verein bis auf die Grundfesten. Ein Lotterie könnte Geld in großer Menge und auf lange Dauer in die Kassen spülen. Für die strengen Katholiken tat sich ein Abgrund von „Hazardspiel“ und Gewinnsucht auf. An dieser Front führte kein Weg mehr vor bei. Aber in rheinisch subversiver Art einer unten drunter her. Eine kleine informelle Gruppe trieb die Sache der Lotterie heimlich weiter. Sie nahm Kontakt zu den Berliner Behörden auf. Acht Jahre dauerten die konspirativen Maßnahmen an. Dann segnete Berlin das teuflische Spiel ab.

Wortakrobatik sollte den strengen Katholiken helfen, über das Stöckchen zu springen: Aus der Dombaulotterie wurde eine Prämienkollekte. Das klang schon mehr nach Kirche. Und sollte es danach noch Bedenken geben haben, so wurden sie im Strom der Gewinnausschüttung weggespült: 177 000 Taler im ersten Jahr. Die Zustimmung zu einer zweiten Lotterie war nur noch Formsache. Und mit der königlichen Odre für acht weitere Jahre entledigte sich der Verein aller Finanzsorgen. Bis zum Einsetzten des letzten Steins in der Kreuzblume des Südturms am 15. Oktober des Jahres 1880 ging das Geld nicht mehr aus. Der Zentral-Dombau-Verein hatte den ersten seiner beiden Vereinszwecke erreicht: Die Fertigstellung des Doms. Jetzt musste er sich „nur“ noch dessen Erhalt zuwenden.

Das Budget des Doms

Das Jahresbudget des Doms beträgt 6,8 Millionen Euro. 150 000 Euro übernimmt davon die Stadt. 1,4 Millionen Euro kommen vom Erzbistum. 767 000 schießt das Land NRW dazu. Der Zentral-Dombau-Verein hat mit vier Millionen Euro den Löwenanteil.

Seit 25 trägt der Verein rund 60 Prozent des Jahresbudget. Der Rest kommt aus verschiedenen Fördertöpfen für Sonderprogramme.

Das Geld bekommt der Verein hauptsächlich durch die Beiträge seiner Mitglieder zusammen. Zurzeit sind es rund 15 000. Im Jubiläumszahl strebt der Präsident Michael H. G. Hoffmann 17 500 Mitglieder an. Zu den Mitgliedsbeiträgen kommen Spenden oder Patenschaften beispielsweise über Engelsfiguren.

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