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Geliebt und gehasstKölner Bimmelbahn gehört seit 22 Jahren zum Stadtbild

Lesezeit 5 Minuten
Die einen halten sie für provinziell, die anderen für praktisch: Die Bimmelbahn fährt an den Sehenswürdigkeiten entlang. Start und Ziel ist stets der Dom.

Die einen halten sie für provinziell, die anderen für praktisch: Die Bimmelbahn fährt an den Sehenswürdigkeiten entlang. Start und Ziel ist stets der Dom.

Köln – Die einen sind begeistert und bezeichnen sie als Muss bei einem Kölnbesuch, andere halten sie für verstaubt oder ärgern sich über Lärm, Abgase oder den Abfahrtsort zu Füßen des Doms: Die Kölner Bimmelbahn, die seit 22 Jahren zum Innenstadtbild gehört, wird von Einheimischen und Touristen unterschiedlich beurteilt.

„Die Bimmelbahn ist ein wichtiges Verkehrsmittel für unsere Gäste“, stellt Josef Sommer, Geschäftsführer der Kölntourismus GmbH, zunächst fest. Gerade Kinder, ältere oder in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkte Menschen empfänden es als gut, langsam und bequem auch zu entlegeneren Sehenswürdigkeiten chauffiert werden zu können. Das lobten Touristen immer wieder. Andererseits bleibt auch Kölntourismus die Kritik etwa an den Emissionen oder dem Erscheinungsbild des grün-gelben Bähnchens nicht verborgen.

„Das Elektromobil ist unsere Zukunft“

„Dieses Verkehrsmittel hat auf jeden Fall seine Berechtigung, aber es könnte etwas zeitgemäßer und umweltfreundlicher sein“, fasst Sommer Lob und Kritik zusammen. Und ergänzt: „Wir arbeiten sehr gut mit der Familie Wolters zusammen. Wenn sich das Unternehmen weiterentwickelte, würde uns das freuen.“

Mag sein, dass der Geschäftsführer mit dieser Anregung offene Türen einrennt bei Tanja Wolters, der Juniorchefin des Familienunternehmens „Wolters Reisen Köln“, das die Bimmelbahn betreibt (siehe Infotexte). Die 37 Jahre alte gelernte Medienkauffrau sagt klar: „Das Elektromobil ist unsere Zukunft.“ Aber auch: „Noch ist die Zeit nicht reif.“ Das Thema werde im Verein „Touristische Sonderverkehre und Wegebahnen“ – eine Interessenlobby der deutschen Wegebahnbetreiber – diskutiert, und jüngst sei auf Rügen der Prototyp einer Elektro-Lok vorgestellt worden. Aber: „Die Technik ist noch nicht ausgereift.“ Elektrobahnen könnten derzeit noch keinen ganzen Tag durchhalten, ohne aufgeladen zu werden. Tanja Wolters: „Das geht nicht, wenn Touristen in der Bahn sitzen.“

Firmengeschichte

Im August 1968 gründete Wilfried Wolters, der Vater der heutigen Juniorchefin Tanja Wolters, das Busunternehmen „Wolters Reisen Köln“, das sich vor allem auf die Beförderung von Schülern konzentriert.

Im Juni 1994 nahm der Familienbetrieb als zweites Standbein den Betrieb der Kölner Bimmelbahn auf, und zwar zunächst mit dem Schoko-Express. Die Fahrt führt vom Dom aus vorbei an vielen Kölner Sehenswürdigkeiten durch die Altstadt mit ihren romanischen Kirchen bis zum Schokoladenmuseum und den Schiffsanlegestellen. Auf der Rückfahrt geht es vorbei am Rheinauhafen mit den Kranhäusern sowie weiteren Kirchen über den Heumarkt zurück zum Dom. Im Juni 1997 führte Wolters als zweite Route den Zoo-Express ein. Er startet ebenfalls am Dom zur Rheinpromenade mit Blick auf die andere Rheinseite mit Tanzbrunnen, altem Messeturm und Rheinpark bis zum Zoo/Flora.

Die Rückfahrt geht vorbei am Weinmuseum und führt durch das Eigelstein-Viertel mit Torburg und multikultureller Szene zurück zum Dom.

Wolters Tochter Tanja ist seit September 2003 im elterlichen Betrieb tätig und seit einigen Jahren federführend in der gesamten Geschäftsabwicklung. Das Unternehmen hat derzeit rund 50 Mitarbeiter. Seit März 2014 befindet sich der Firmensitz in Köln-Longerich. (kri)

Und Aufladestationen müssten ja auch her. Womöglich an der Domplatte? Da bekäme Stadt- und Domdechant Robert Kleine vermutlich zu viel. Gegen die Bimmelbahn hat er zwar nichts, wohl aber gegen das „Gewürge“ rund um die Burgmauer. Erst kürzlich habe er dort gleich drei Bimmelbahnen und zwei Busse für Stadtrundfahrten nebeneinander gesehen – natürlich hätten die alles blockiert.

Dazu kämen noch Taxis, Rikschafahrer, Radler und Fußgänger: „Ich wundere mich, dass nicht schon mehr passiert ist.“ Kleines Vorschlag: Die Touristenbusse sollten von St. Andreas an einen anderen, ruhig 500 Meter weiteren Standort verlagert werden, dann könnten die Busse für die Stadtrundfahrten und die Bimmelbahn an St. Andreas halten. Der Dechant: „Auch vor dem Petersdom halten keine Busse und Bahnen.“

Tanja Wolters hält nichts von dieser Idee. „Sicher ist es manchmal chaotisch an der Burgmauer. Aber aus unserer Sicht funktioniert es reibungslos.“ Außerdem brauche die Bimmelbahn anders als gut sichtbare doppelstöckige Busse einen zentralen, gut einsehbaren Abfahrtspunkt. Den sieht sie vis-à-vis von Kölntourismus eher als an St. Andreas.

Das Familienunternehmen hat fünf Bahnen im Einsatz, je zwei für „Schoko“- und „Zoo“-Express, eine weitere für Sondereinsätze – etwa bei Hochzeiten, wenn eine Firma mit großem Gelände bei einem Tag der offenen Tür ein Shuttle braucht, oder wenn Wolters wie kürzlich Flüchtlingskinder samt Betreuern zu einem Ausflug einlädt. Bis zu 50 Personen fasst ein Zug mit zwei bis drei Waggons. Das 20 Meter lange Gespann, zu haben ab 300 000 Euro, erreicht laut Wolters bis zu 25 Stundenkilometern. In der Altstadt ist aber nur Schritttempo drin. Dass die Dieselfahrzeuge eine grüne Plakette haben, war nach Auskunft der 37-Jährigen nur möglich, weil eigens angeschaffte Land Rover Defender in der firmeneigenen Werkstatt in Longerich umgebaut und vom TÜV abgenommen wurden.

Preise und Zeiten

Der Schoko-Express fährt ganzjährig außer bei Schnee und Glatteis ab 9.45 Uhr alle 30 Minuten ab Dom-Burgmauer und ab 10.10 Uhr ebenfalls im 30-Minuten-Rhythmus vom Schokoladenmuseum zurück zum Dom. Der Zoo-Express startet je nach Witterung von Mitte März bis Mitte November täglich ab 9.30 Uhr alle 30 Minuten ab Dom-Burgmauer, ab 10 Uhr geht es alle 30 Minuten zurück zum Dom. Die Rundfahrt, die unterbrochen werden kann, kostet für beide Touren je 7 Euro (Kinder bis zwölf Jahre 4 Euro). Die einfache Fahrt kostet jeweils 4 Euro (Kinder 2,50).

Eine Rundfahrt mit dem Weihnachtsmarkt-Express, der in der Adventszeit vier Märkte abfährt, kostet für Erwachsene 10, für Kinder bis zwölf Jahre 5 Euro. Außerdem gibt es Sonderfahrten und Kombitickets. (kri)

ww.bimmelbahnen.de

Und woher kommen die Gäste? Sehr viele Asiaten, sagt Wolters, aber auch Franzosen, Engländer und Spanier. Von März 2015 bis Ende Februar registrierte der Betrieb 170 000 Gäste: „Das war ein sehr gutes Jahr.“ Im Gegensatz zu diesem. Auch sie spürten, dass wegen der Übergriffe in der Silvesternacht und der Terroranschläge Gäste ausblieben. Die, die kommen, seien nicht immer uneingeschränkt zufrieden. Kunden bemängelten, dass die Bahnen nicht gepolstert seien. Wolters: „Das werden wir verbessern.“ Auch Unfreundlichkeit von Fahrern oder Kassierern sei ein Thema: „Wir schulen unser Personal und gehen jedem Hinweis nach.“ Zukunftspläne hat die 37-Jährige auch zur Optik der Bahn. „Es wäre toll, wenn die Hochschule für Kunst und Medien sich im Rahmen einer Diplomarbeit Gedanken über die Gestaltung machen und bei den Kölnern abfragen könnte, was sie sich wünschen.“

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