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Grüne Zukunft der Städte„Dachgärten würden Köln sehr gut tun“

Lesezeit 3 Minuten
Das Hundertwasserhaus „Waldspirale“ in Darmstadt.

Das Hundertwasserhaus „Waldspirale“ in Darmstadt.

Köln – Conrad Amber (62) war früher mal Unternehmer, heute ist er Autor und Naturfotograf. In  seinem Buch „Bäume auf die Dächer – Wälder in die Stadt“ (Kosmos  Verlag) visioniert der Österreicher über eine grüne Zukunft der Städte von Morgen. Für die Rundschau hat er sich Köln vorgenommen. Henriette Westphal hat mit ihm  gesprochen.

Sie sind für Ihre Recherche durch Europa gereist und haben sich verschiedene Städte angesehen. Was ist Ihnen aufgefallen?

Ich habe gesehen, dass viele Menschen in den urbanen Räumen die Verbindung zur Natur verloren haben – und wie es ihnen scheinbar nicht gut damit geht. In einigen Studien wurde bereits bewiesen, dass Zivilisationskrankheiten zunehmen, wenn man kein Grün um sich hat. Ich frage mich schon länger, warum ein urbaner Raum etwas sein sollte, in dem die Natur fehlt? Warum sollten zum Beispiel Fassaden und Dächer nicht begrünt sein? Deshalb habe ich überlegt, wie man den Menschen in der Stadt die Natur näher bringen kann.

Was könnte man denn konkret in Köln tun?

Die meisten Gebäude in der Innenstadt stammen in Köln aus den 50er Jahren. Damals wurde fast nur Häuser mit Flachdächern gebaut. So ein Kies-Flachdach wird in unseren Sommern 80 Grad warm. Das Inselklima einer Stadt wird dadurch extrem angeheizt. Dachgärten würden der Stadt deshalb sehr gut tun.

Warum?

Die wärmste Oberfläche, die auf einem begrünten Dach gemessen wurde, sind 35 Grad. Wir sparen uns also rund 50 Grad an Hitzetagen – und die werden wahrscheinlich mehr in den kommenden Jahren. Ich vermute, die Gesamterwärmung der Stadt könnte um mindestens zwei Grad gesenkt werden. Neben der Abkühlung gibt es auch eine Filterung des Feinstaubs durch die Blattoberflächen. Und auch die Dächer selbst werden weniger beansprucht, da sie Frost und Hitze nicht mehr so extrem ausgesetzt sind. Sie müssen wesentlich seltener instand gesetzt werden. Einige Studien sagen sogar, dass sie bis zu einer doppelten Lebenszeit haben.

Wie sollten die Dächer begrünt werden?

Man kann nicht nur Gräser und Blumenwiesen pflanzen, man kann auch Weiden oder Lavendelfelder zur Honiggewinnung anlegen. Auf den weitläufigen Dächern der Messe könnte man Ackerbau betreiben. Auch statisch gesehen würde das ohne Probleme funktionieren. Man hätte stadtnahes Gemüse oder zum Beispiel Wein.

Was glauben Sie, warum hat man mit einer Begrünung wie Sie sie schildern, bisher noch nicht angefangen?

Meine Theorie ist, dass kaum ein Wirtschaftszweig einen Vorteil daraus zieht. Die Politik muss deshalb mit Fördergeldern dazu beitragen, Stadtplaner und Architekten müssen umdenken. In Stuttgart wurden etwa schon mehrere 100 000 Quadratmeter begrünt, da sie dort eine hohe Feinstaubbelastung haben. In Köln ist das bisher nicht der Fall, aber das sind ja alles Langzeitprojekte. Bis sich die Luftqualität in einer Stadt verändert, dauert es manchmal Jahre oder Jahrzehnte. Deshalb brauchen wir langfristige Planungen. Das ist das Problem: Wenn Politiker sagen, sie wollen mal 30 Jahre vorausplanen, werden sie nur belächelt.

Was bringt den Kölnern mehr Grün?

Wenn es um die Zufriedenheit in Städten geht, ist die Natur fast immer ein Argument. „Urban Gardening“ ist ja beispielsweise schon ein großer Trend. Wer einen Balkon hat sollte eigene Kräuter und Gemüse ziehen. Der Unterschied zwischen einer Tomate aus dem Supermarkt und dem eigenen Gemüse gibt den ersten Aha-Effekt. Jeder einzelne kann schon mit wenigen Schritten etwas bewirken. Es kann nicht zu viel Natur in einer Stadt geben.

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