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InterviewUnser Ansatz hat Schule gemacht

Lesezeit 2 Minuten
Ursula Reimering.

Ursula Reimering.

Köln – Wie sind die Betreuungsangebote für KVB-Fahrer nach tödlichen Unfällen entstanden?

1995 habe ich einen Artikel darüber gelesen, welche Hilfen die Bahn Lokführern anbietet, wenn sich jemand vor den Zug geworfen hat. Damals war ich am Institut für Psychologische Unfallnachsorge (IPU) in Köln tätig. Ich habe angefragt, ob die KVB Interesse an professioneller Traumatherapie habe. Damit habe ich offene Türen eingerannt.

Gab es vorher so etwas nicht?

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In Deutschland ist Traumatherapie praktisch erst seit der Flugtag-Katastrophe von Ramstein 1988 mit 70 Toten öffentlich bekanntgeworden. Die KVB hat früher betroffene Fahrer für ein paar Tage zur Erholung in die Eifel geschickt.

Was geschieht heute?

Wenn ein Bahn- oder Busfahrer der KVB einen schweren Unfall hat, bekommt er zunächst Hilfe am Unglücksort. Das heißt, ein Kollege kümmert sich um ihn und begleitet ihn zum Betriebsarzt oder zur Trauma-Ambulanz am Klinikum Merheim. Nach einer ersten Untersuchung und psychologischen Betreuung wird der Fahrer nach Hause gebracht. Ein anderer Kollege übernimmt den Rest seiner Fahrt.

Wie geht es weiter?

Der oder die Betroffene kann von der Klinik oder dem Hausarzt krankgeschrieben werden und kommt so schnell wie möglich in psychologische Behandlung. Die KVB arbeitet dabei mit dem IPU-Institut zusammen, bei dem Betroffene binnen ein, zwei Tagen Termine für eine ambulante Therapie erhalten.

Was geschieht dort?

Fast alle Fahrer haben Schuldgefühle, obwohl sie den Unfall meist nicht verursacht haben. Man hilft ihnen mit lösungsorientierten Ansätzen, das Geschehene zu verarbeiten.

Wie lange dauert die Therapie?

Je nachdem – ein, zwei oder mehrere Wochen. Die meisten haben sich nach einer Weile stabilisiert und wollen in den Fahrdienst zurück. Bestandteil der Therapie ist eine durch eine Psychologin und einen Fahrlehrer begleitete praktische Fahrerprobung. Meist wird die Unfallstelle abgefahren, in der Regel mehrmals. Während der ersten beiden Tage im Liniendienst werden Betroffene zur Sicherheit von einem Lehrfahrer begleitet.

Wie ist Ihre Erfolgsquote?

Sehr gut, die meisten Fahrer kehren in den Fahrdienst zurück. Unser Ansatz hat bei anderen Unternehmen Schule gemacht und wird schon seit vielen Jahren von der Berufsgenossenschaft finanziert, man spricht vom „Kölner Modell“.

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