JubiläumKölnische Rundschau feiert ihren 70. Geburtstag

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Köln – Die Erstausgabe der Kölnischen Rundschau (Auflage: 122 000 Exemplare) hatte mit acht Seiten einen ungewöhnlich großen Umfang. Normalerweise erschien die Rundschau mit vier bis sechs Seiten, und das auch nur zweimal in der Woche. Die Druckkapazitäten im Kölner Pressehaus an der Breiten Straße mussten ja auf alle drei Lizenzzeitungen aufgeteilt werden. 1949 bezog man notdürftig hergerichtete Produktionsräumen an der Stolkgasse, wo dann 1963 das heutige Rundschau-Haus errichtet wurde.

Die Einweihung des Hauses am 20. Januar 1964 war ein gesellschaftliches Großereignis in Anwesenheit des Kölner Erzbischofs Josef Kardinal Frings und von Altbundeskanzler Adenauer, der eine Festrede voller Respekt und voller Zwischentöne hielt. In Anspielung auf die Auseinandersetzung um den unabhängigen Kurs der Rundschau sagte Adenauer: "Sie wissen, meine Damen und Herren, zwischen Herrn Dr. Heinen und mir ist nicht immer klare Sicht gewesen, und es kamen schon mal so einige Wolken."

Bereits in den 50er Jahren hatte Reinhold Heinen weitsichtige Entscheidungen getroffen, die die Presselandschaft im Rheinland bis heute prägen: 1952 übernahm die Rundschau die Bergische Landeszeitung, 1955 folgte die Oberbergische Volkszeitung. Nach dem Tod des Gründers leitete sein Schwiegersohn Heinrich Heinen das Unternehmen, 1991 übernahm dessen einziger Sohn Helmut Heinen (geb. 1955) die Herausgeberschaft. 1999 wurde das Verlagsgeschäft mit Anzeigenverkauf, Druck und Vertrieb an die heutige Mediengruppe DuMont abgegeben. Träger der Redaktion ist aber nach wie vor der Heinen-Verlag. Seit 2000 ist Herausgeber Helmut Heinen auch Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger.

Leserrunde

Heinrich Latz (64) aus Kall-Keldenich, Lehrer für Erdkunde und Englisch und seit 2009 Direktor des Hermann-Josef-Kollegs in Kall-Steinfeld. Verheiratet mit Eleanor Latz, zwei erwachsene Kinder.

Susanne Mosbach (44) kommt aus Overath. Die Diplom-Verwaltungswirtin ist derzeit stellvertretende Vorsitzende des Gesamtpersonalrats LVR in Köln-Deutz. Sie ist Mutter von drei Söhnen 12, 14 und 16 Jahre alt.

Jennifer Thamm (26) aus Gummersbach liest in dritter Generation die OVZ. Die gelernte biologisch-technische Assistentin arbeitet bei SAP in Siegen. Wie ihre Schwester ist sie im Fanclub VfL Gummersbach aktiv.

Stefanie Thamm (24) aus Gummersbach arbeitet als kaufmännische Projektleiterin bei Steinmüller Babcock Environment und macht zur Zeit in der Abendschule die Weiterbildung zur staatlich geprüften Betriebswirtin.

Heinen: Die erste Rundschau-Ausgabe war sehr wenig illustriert.

Meifert: So etwas dürften wir heute nicht mehr abgeben.

Heinen: Aber damals wurden nur wenige Seiten gedruckt, auf denen man viel unterbringen wollte. Vom ersten Tag an gab es übrigens auch Lokalseiten. Heute steht die Zeitung vor einem Umbruch. Aber die entscheidende Frage ist meines Erachtens nicht: Papier oder Bildschirm? Die entscheidende Frage ist, ob Menschen weiterhin ein Interesse daran haben, dass man ihnen in einer gut aufbereiteten und seriösen Weise Nachrichten insbesondere aus dem lokalen Bereich anbietet.

Mosbach: In der Tat, wenn ich mir meine Kinder anschaue, muss Zeitung nicht nur auf Papier gedruckt sein. Ich arbeite in der Personalvertretung des LVR und bin auch in der Gewerkschaft. Dort taucht mindestens einmal im Jahr die Frage auf, ob wir unser Blatt weiter auf Papier drucken oder elektronisch vertreiben. Bis jetzt gewinnt immer noch das Papier, obwohl es sehr teuer ist – aber es hat etwas.

Meifert: Herr Latz, wie lesen Sie Zeitung? Welchen Teil nehmen Sie sich zuerst heraus?

Latz: Ich bin passionierter Zeitungsleser. Ich lese am Tag in der Regel drei Zeitungen. Die gesamte Familie liest Zeitung. Das rührt auch daher, dass meine Frau aus England kommt. Bei der Rundschau lese ich morgens zunächst den lokalen Teil − abends dann den Rest.

Mosbach: In der Woche lesen wir kaum Zeitung. Wir sammeln die Ausgaben und lesen sie am Samstag. Ich fange mit dem Vermischten an und bleibe am längsten im Lokalen hängen. Morgens ist einfach zu wenig Zeit, daher lesen wir am Wochenende die gesammelten Ausgaben. Auch nach Urlauben. Das ist dann echt Stress.

Heinen: Macht das die ganze Familie ?

Mosbach: Die Söhne nicht. Der Mittlere hat unlängst zu mir gesagt: Ich suche nicht die Nachrichten, die finden mich. Wenn er das Smartphone anmacht, dann blinken dort eben die Nachrichten auf.

Meifert: Frau Thamm, Sie lesen die Nachrichten in der Oberbergischen Volkszeitung, oder kommen die auch zu Ihnen?

S. Thamm: Sowohl als auch. Wenn ich aufstehe, greife ich zur OVZ. Im Sport lese ich zuerst den Bericht über den VfL Gummersbach. Das muss man einfach machen, um den Tag über mitreden zu können.

Meifert: Haben Sie denn das Gefühl, dass die Zeitung, so wie wir sie machen, Ihnen das komplette Paket bietet, um mitreden zu können?

S. Thamm: Ja, auf jeden Fall. Man hat das Allgemeine aus der Welt und der Politik, aber auch das, was im Oberbergischen passiert.

Latz: Was ich persönlich nicht schätze, ist die einseitige Ausrichtung einer Zeitung. Ich weiß bei vielen überregionalen Blättern, welche politische Richtung dort durchgehend abgebildet wird. Persönlich stelle ich mir eher vor, dass in einer Zeitung unterschiedliche Richtungen abgebildet werden müssten.

Meifert: Sie wünschen sich also mehr Kommentare, die auch gegen den Strich gebürstet sind – mehr klare Kante.

Latz: Genau das ist es.

Heinen: Allerdings könnte man mit der Auswahl von Themen mehr Politik machen als mit Kommentaren. Wenn der Leser das Gefühl hat, Dinge werden nicht veröffentlicht, weil sie nicht in die Geschichte passen, ist das schlecht. Herr Meifert und Frau Hammes werden mir zustimmen, dass wir uns sehr, sehr viel Mühe geben, nicht von vorneherein etwas auszublenden.

Meifert: Damit würden wir uns auch angreifbar machen. Ich schreibe gerne scharfe Kommentare, aber im Artikel müssen erstmal die Meinungen insgesamt abgebildet werden.

Heinen: Die Lokaljournalisten haben das Problem oder auch den Vorteil, dass die, über die sie schreiben, ihnen auch ständig über den Weg laufen. Wir können über die US-Präsidentenwahl schreiben, was wir wollen. Das interessiert in Amerika keinen. In einer Kommune, in einem Landkreis, trifft man nicht nur den Bürgermeister, sondern auch die Ratsmitglieder immer wieder. Und die sagen einem, wenn man Quatsch geschrieben oder falsch zitiert hat. Das macht den Lokaljournalismus interessant. Und wenn man das gut macht, spürt der Leser, dass man nah dran ist.

Hammes: Ich habe vor 19 Jahren in Gemünd als freie Mitarbeiterin angefangen. Das Erste, was mir gepredigt wurde, war: Wir werden in die Wohnzimmer der Menschen eingeladen, und wir behandeln sie so fair, dass wir auch nach dem Bericht wieder bei ihnen eingeladen werden. Hier gibt es auch Parallelen zum Sport. Wir beharken uns 90 Minuten auf dem Fußballplatz, aber am Ende kann man sich trotzdem noch die Hand geben. Jeder macht seinen Job.

Meifert: Frau Mosbach, haben Sie bei Kaffee und Zeitung schon mal das Gefühl gehabt, dem Redakteur würde ich gerne mal die Ohren lang ziehen?

Mosbach: Nicht unbedingt. Ich lese schnell und quer und nutze die Zeitung auch, um mir dort viele Meinungen herauszuziehen. Meine Söhne haben oft eine festgefahrene Meinung. Dann konfrontiere ich sie gerne mit anderen Argumenten, die ich aus der Tageszeitung nehme. Ich denke dabei etwa an eine Seite 3, in der die Hintergründe zum Syrien-Krieg dargestellt waren.

Heinen: Das haben wir bereits einige Wochen vor der Veröffentlichung besprochen. Wir waren der Ansicht, solch eine Zusammenstellung muss sein, um die ganzen Geschehnisse einzuordnen.

Mosbach: Das ist es, was ich an der Zeitung schätze – da steckt viel mehr Detail drin als in TV-Nachrichten.

Meifert: Und der Vorteil ist, dass man mal fünf Zeilen zurückspringen kann, dass man einen Passus nochmal nachlesen kann.

Heinen: Dieser Beitrag über die Konfliktparteien ist uns offenbar allen in guter Erinnerung geblieben. Es sind solche Themen, bei denen es nicht nur mit 15 Zeilen getan ist. Da sind auch dem mobilen Bildschirm Grenzen gesetzt. Da habe ich persönlich nach zehn Minuten keine Lust mehr, zu lesen. Wie ist das bei Ihnen, Herr Latz?

Latz: Ich kann auch zwei Stunden auf dem Bildschirm lesen. Das E-Paper am Vorabend zu bekommen,wie das einige überregionale Titel bereits anbieten, ist schon verführerisch.

Heinen: Wir arbeiten daran, dass wir noch vor dem Sommer auch um 20 Uhr mit unserer E-Paper-Ausgabe erscheinen. Das wird eine gute Ergänzung unseres Angebots sein, weil viele Leser auch abends Zeit haben.

Latz: Ich weiß nicht, ob es einfach an meinem Alter liegt. Ich möchte nicht komplett auf E-Paper umsteigen. Ich setze mich beim Frühstück nicht mit dem iPad hin, ich setze mich mit der Zeitung hin. Aber vielleicht fragen wir mal die jüngeren Leute.

J. Thamm: Ich brauche morgens meine halbe Stunde, um Zeitung zu lesen.

Meifert: Also klassisch auf Papier?

J. Thamm: Ja, den Lokalteil und den Sport. Aber auch gerne etwa den Reiseteil. Den Rest überspringe ich. Dadurch, dass man die sozialen Medien auf dem Handy hat, kommt man den ganzen Tag über immer wieder mit Nachrichten in Berührung.

Aufgezeichnet von Ronald Larmann

Heinrich Latz (64) aus Kall-Keldenich, Lehrer für Erdkunde und Englisch und seit 2009 Direktor des Hermann-Josef-Kollegs in Kall-Steinfeld. Verheiratet mit Eleanor Latz, zwei erwachsene Kinder.

Susanne Mosbach (44) kommt aus Overath. Die Diplom-Verwaltungswirtin ist derzeit stellvertretende Vorsitzende des Gesamtpersonalrats LVR in Köln-Deutz. Sie ist Mutter von drei Söhnen 12, 14 und 16 Jahre alt.

Jennifer Thamm (26) aus Gummersbach liest in dritter Generation die OVZ. Die gelernte biologisch-technische Assistentin arbeitet bei SAP in Siegen. Wie ihre Schwester ist sie im Fanclub VfL Gummersbach aktiv.

Stefanie Thamm (24) aus Gummersbach arbeitet als kaufmännische Projektleiterin bei Steinmüller Babcock Environment und macht zur Zeit in der Abendschule die Weiterbildung zur staatlich geprüften Betriebswirtin. (rn)

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