Junge Verwitwete in KölnWenn der Tod noch kein Thema ist

Lesezeit 3 Minuten
Bieten jung Verwitweten Hilfe in einer schweren Zeit: Hans-Adolf Kraft, Sabine Lübben, Helmut Küffner, Ellen Peiffer und Anja Harbich sind für „Vidu“ aktiv und organisieren unter anderem die monatlichen Treffen.

Bieten jung Verwitweten Hilfe in einer schweren Zeit: Hans-Adolf Kraft, Sabine Lübben, Helmut Küffner, Ellen Peiffer und Anja Harbich sind für „Vidu“ aktiv und organisieren unter anderem die monatlichen Treffen.

Köln – Es war ein Montagmorgen im Februar 2007, als ihr Ehemann ins Krankenhaus fuhr, um durchgecheckt zu werden. Am Donnerstag wollte sie ihn wieder nach Hause holen. Dann kam der Anruf, man habe etwas gefunden, einen Riss in der Hauptschlagader. Er müsse sofort in die Uniklinik und operiert werden.

Sabine Lübben telefonierte noch kurz mit ihm. „Keiner von uns beiden hat gedacht, dass er sterben könnte, dass wir das letzte Mal miteinander sprechen würden.“ Sie haben sich nicht voneinander verabschiedet. Sie waren gerade ein Jahr verheiratet, ihr Sohn war neun Monate alt. Sie wünschten sich weitere Kinder, hatten Pläne. Der Tod kam darin nicht vor. Eine Woche darauf war ihr Mann tot. Sabine Lübben wurde Witwe, damals gerade 38 Jahre alt.

Menschen mit ähnlichem Schicksal

„Erst einmal war viel zu regeln“, erinnert sie sich heute, fast zehn Jahre später. Das Leben lief weiter wie ein Film, ihr Kind gab ihr Kraft. Aber dann kam ein großes Loch. Und das Gefühl: „Ich bin ganz allein.“ Sabine Lübben begann im Internet nach Menschen mit ähnlichem Schicksal zu suchen. Männern und Frauen, die mitten im Leben ihren Partner verloren hatten. So lernte sie „Vidu“, den Verein für jung Verwitwete, kennen. Im August 2007 besuchte sie erstmals ein Treffen. Heute leitet sie zusammen mit Ellen Peiffer die Regionalgruppe Köln.

„Das Wichtigste war für mich damals, Menschen in einer ähnlichen Situation, mit den gleichen Fragen, zu treffen“, erinnert sich Sabine Lübben. Festzustellen, man ist nicht allein, es gibt viele andere, denen es ähnlich geht. Die ihr Leben von heute auf morgen ohne den Partner neu planen und organisieren müssen. Die ähnliche Fragen beschäftigen, zum Beispiel: Wie rede ich mit meinen Kindern über den Tod, was kann ich meinen Kindern zumuten?

Treffen jeden ersten Sonntag im Monat

„Für mich war es damals zum Beispiel nur ganz schwer zu ertragen, Väter mit ihren Kindern auf dem Spielplatz zu sehen. Ich dachte immer, dass wird mein Mann, das wird mein Sohn nie erleben“, denkt Sabine Lübben zurück. Bei den Treffen von Vidu traf sie nicht nur auf Verständnis, sondern auf Personen, denen es genauso ging. „Unsere Gruppe hat keine Altersgrenze. Es ist auch egal, ob die Betroffenen Kinder haben oder nicht. Eingeladen ist jeder, der sich angesprochen fühlt“, erklärt sie.

Immer am ersten Sonntag im Monat trifft sich die Gruppe zu einem Frühstück, das für jeden offen ist, eine Anmeldung ist nicht nötig. Die Vereinsmitglieder kochen Kaffee und besorgen Brötchen, ansonsten bringt jeder für sich mit, was er möchte. „Der Sonntag ist als Termin bewusst gewählt“, betont Lübben. „Es ist der klassische Familientag, der in solch einer Situation besonders schwierig ist.“

Thema „Jung verwitet sein“ soll aus der Tabu-Zone geholt werden

Neben den Treffen und der Selbsthilfe hat der Verein, den es bundesweit seit 2001 gibt, das Ziel, das Thema „jung verwitwet“ aus der Tabu-Ecke zu holen und deutlich zu machen, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt.

Laut statistischem Bundesamt leben mehr als 600 000 Frauen und Männer in Deutschland, die jünger als 60 Jahre sind und ihre Ehepartner durch Krankheit, Unfall oder Suizid verloren haben. Und Partner aus unverheirateten Beziehungen sind dabei nicht einmal erfasst.

Neben den monatlichen Treffen gibt es immer mal wieder Wochenendseminare oder „Auszeiten“. Die Kölner Regionalgruppe plant beispielsweise eine Wochenendfreizeit mit Kinderbetreuung. Zudem gibt es die Briefaktion „Zurück ins Leben“. Persönlich gestaltete Briefe, die man unabhängig von einer Vereinsmitgliedschaft anfordern kann. „Denn positive Post zwischen all den offiziellen Briefen in der Trauerzeit tut einfach gut“, weiß Sabine Lübben.

Das nächste Treffen der Kölner Regionalgruppe ist am Sonntag, 4. Dezember, von 11 bis 14 Uhr und wird zum Jahresende ausnahmsweise in einem Café stattfinden. Die genaue Adresse ist bei Ellen Peiffer zu erfragen.

www.verein-verwitwet.de

Ellen.Peiffer@verein-verwitwet.de

Rundschau abonnieren