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Kabarettist Volker Weininger„Überbehüten finde ich eine ganz gefährliche Sache“

Lesezeit 3 Minuten
Einen besonderen Blick hat Kabarettist und „Sitzungspräsident“ Volker Weininger auf den Schulalltag.

Einen besonderen Blick hat Kabarettist und „Sitzungspräsident“ Volker Weininger auf den Schulalltag.

Köln – Volker Weininger kennen viele aus seiner Rolle als besäuselter Sitzungspräsident im Karneval. Der Bonner (47) ist mit seinem Kabarett-Programm „Der Schulmärchenreport“ unterwegs. Dominic Röltgen sprach anlässlich der CD-Veröffentlichung mit dem ausgebildeten Lehrer.

Wie war Ihre Schulzeit, Herr Weininger?

Sehr schön. Ich kann da keine spannenden Geschichte erzählen. Aber ich bin immer gerne zur Schule gegangen.

Trotzdem haben Sie nach Ihrem Lehramtsstudium den Beruf des Lehrers nie ausgeübt. Warum?

Ich habe die akademische Ausbildung abgeschlossen. Aber mir war bereits in der Mitte des Studiums klar: Ich will kein Lehrer werden. Nicht, weil mir das Unterrichten keinen Spaß machen würde, aber auf dieses Disziplinieren hatte ich keine Lust. Und das Geklüngel im Lehrerzimmer wäre nicht meins.

Was ist für Sie das Schlimme am Bildungssystem?

Das Bildungssystem war nicht der Grund, warum ich kein Lehrer geworden bin. Aber ich habe das Programm „Der Schulmärchenreport“ geschrieben, weil ich tatsächlich denke, dass da bei uns einige Sachen falsch laufen. Das fängt damit an, dass ich es nicht richtig finde, dass die Kinder bei uns im Alter von zehn Jahren aussortiert werden. Unser System ist da nicht so durchlässig, wie Experten immer wieder behaupten. In der Regel entscheidet sich dann bereits die spätere Laufbahn. Ich halte unser dreigliedriges Schulsystem für ziemlich kontraproduktiv. Die Chancengleichheit ist bei uns nur auf dem Papier gegeben.

Sind Lehrer hierzulande unzufrieden?

Ich denke, sie fühlen sich oft alleine gelassen. Und ich glaube, damit haben die auch recht. Es gibt so viele Veränderungen, und oft ist das bloß blinder Aktionismus – als etwa die PISA-Studie damals rauskam. Diese ganze G8/G9-Geschichte oder Schreiben nach Gehör – das sind Dinge, die überhaupt nicht zu Ende gedacht worden. Es ist doch kompletter Schwachsinn, dass man einem Kind erst zwei Jahre erzählt, dass alles, was es schreibt, richtig ist, und im nächsten Schuljahr gibt es dafür eine schlechte Note. In Mathe sagt man doch auch nicht: Schätze mal das richtige Ergebnis.

Im Programm kommen Sie auch auf Helikopter-Eltern zu sprechen...

Ja, dieses Überbehüten finde ich eine ganz gefährliche Sache. Wenn man seinen Kindern einfach nichts zutraut, etwas auch eigenständig zu schaffen, das engt diese einfach ein. Diese Sorgen sind sicherlich alle aus einer guten Absicht heraus entstanden, aber man muss da einfach ein gesundes Maß finden. Ich bin ja selber Vater und weiß, dass das oft leichter gesagt als getan ist. Aber Vertrauen in das eigene Kind zu haben, ist einfach sehr wichtig. Der Schulweg etwa war doch früher für Kinder einfach toll, da geschahen die Geschichten.

In Köln gibt es neuerdings eine Kita, in der Kölsch als Zweitsprache gelehrt wird – wie stehen Sie dazu?

Ich finde das super. Ich bin ein großer Freund der Mundart und ihrer Erhaltung. Ich selbst spreche leider keine Kölsch – zumindest nicht gut genug. Die Diskussion gibt es ja schon lange im Karneval, dass die Redner kein Kölsch mehr sprechen. Und wenn sie es dann machen, dann wird gemeckert, dass das doch kein richtiges Kölsch ist (lacht).

Dafür trinken Sie aber Kölsch während ihrer Auftritte als Sitzungspräsident...

Ja, sehr, sehr viel (lacht). Aber das ist ja auch oft alkoholfreies Bier. Aber das kommt auf die Veranstaltung an. Bei manchen Gesellschaften gibt es gar kein alkoholfreies Kölsch.

Abschließende Frage: Welche Note bekommt das Deutsche Bildungssystem von Ihnen?

Hm... Ich würde sagen, eine Vier – vielleicht mit einer leichten Tendenz zur Drei hin. Was ich aber tatsächlich super finde, ist, dass das Bildungssystem bei uns kostenlos ist. Das ist eine Errungenschaft. Meine Frau ist Amerikanerin, im Bekanntenkreis werden für das College-Studium Kredite aufgenommen.

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