Köln in den Veedeln denkenHarald Rau wurde zum neuen Sozialdezernenten gewählt

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Köln – Es ist eine Szene aus der U-Bahn bei einem seiner letzten Besuche in Köln. Prof. Dr. Harald Rau bekommt mit, wie ein Dunkelhäutiger von einem stark alkoholisierten Mann angepöbelt wird. „Ich bin dazwischen gegangen, obwohl ich Angst hatte“, sagt der 54-Jährige, der gestern vom Kölner Rat zum neuen Sozialdezernenten gewählt worden ist. Es ist eine Angst, die nach dem Attentat auf Henriette Reker, seiner Vorgängerin im Amt und heutiger Oberbürgermeisterin, Teil seiner Überlegungen vor dem Jobantritt war. Doch Rau präsentiert sich entschlossen, die schwierige Aufgabe anzugehen. „Auch weil ich große Energie darauf verwenden möchte, darüber nachzudenken, wie man Zivilcourage stärken kann“, so der gebürtige Baden-Württemberger, der sich wünscht, viele Menschen um sich herum zu haben, die sich eben einmischen.

Der parteilose Rau, der auf Vorschlag der Grünen gewählt wurde, wird künftig auch für die Flüchtlingsunterbringung zuständig sein. „Wir betreiben Schulen, deren Turnhallen wir auch für Flüchtlinge zur Verfügung stellen“, sagt der Noch-Vorstandsvorsitzende eines Sozialunternehmens mit knapp 3500 Mitarbeitenden, das Angebote in der Behinderten-, Jugend-, Alten- und Suchthilfe macht sowie Schulen in zwölf Landkreisen betreibt. In der Kleinteiligkeit dort habe er erfahren, dass die Flüchtlinge schnell Teil des Sozialraums würden. Daher möchte er Köln auch nicht als Stadt mit einer Million Menschen denken, sondern unterhalb der Bezirke ansetzen. „In den Veedeln“, benutzt Rau den kölschen Begriff. Dort müsse gesteuert werden, wie die neue Gesellschaft entstehe.

Allerdings lasse sich eine solche Herausforderung nicht in kurzer Zeit lösen. „Da muss man eine gewisse Geduld mit uns haben“, sagt der Diplom-Psychologe, der auch mit seiner persönlichen Meinung zur Unterbringung in Turnhallen nicht hinter dem Berg hält. Das sei auf Dauer nicht hinnehmbar, kreative Lösungen seien gefragt. Aber zuerst werde er das Gespräch mit den Fachleitern seines neuen Dezernats suchen. Zum 1. August werde er sein Amt antreten, vorausgesetzt, die Bezirksregierung lege kein Veto ein. An seiner neuen Aufgabe fasziniert ihn vor allem eins. „Wie Menschen miteinander leben.“ Daher habe er Jugendarbeit gemacht und Psychologie studiert, sagt der 54-Jährige, der verheiratet ist, und versichert: „Ich will Kölner werden.“

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