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Kölner DrogenszeneStadt will Drogenkonsumraum am Neumarkt eröffnen

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In diesen Räumlichkeiten soll in der Thieboldsgasse am Neumarkt ein Drogenkonsumraum eingerichtet werden.

In diesen Räumlichkeiten soll in der Thieboldsgasse am Neumarkt ein Drogenkonsumraum eingerichtet werden.

Köln – Seinen Rechtsanwalt hat Rafik Aghakhani bereits kontaktiert. In einem Gespräch möchte der Inhaber des Hotels „Altera Pars“ ausloten, ob es eine rechtliche Handhabe gegen den Einzug eines potenziellen neuen Nachbarn gibt.

Es hat sich rumgesprochen, dass die Stadt gleich gegenüber, in der Thieboldsgasse 148, einen Drogenkonsumraum einrichten möchte. „Ich habe Existenzängste, denn das Hotel lebt von den Bewertungen im Internet“, sagt er. Im Rathaus heißt es, der Mietvertrag sei quasi unterschriftsreif.

„Die Entscheidung ist gefallen“

Monatelang läuft schon die Suche nach einem Ort, wo sich Junkies unter hygienischen Bedingungen ihre Drogen verabreichen können. Vertreter von Gesundheitsamt, Sozialamt und Polizei sitzen mit am Tisch. „Die Entscheidung ist gefallen“, bestätigt ein Beteiligter. Eines der Suchkriterien: Der Raum muss in der Nähe des Neumarkts liegen, wo sich die Drogenszene seit Jahren trifft. Eine Immobilie neben dem Gesundheitsamt am Neumarkt hatte die Polizei abgelehnt. Nun also die Thieboldsgasse.

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Dass Nachbarn und Geschäftsleute nicht in Jubel ausbrechen, wissen die Politiker, die den Standort offiziell noch absegnen müssen. „Es wird keine Lösung geben, die allen gefällt. Doch wir versuchen die Lage in der Thieboldsgasse zu entspannen“, sagt Dr. Jürgen Strahl (CDU). Diesen Winter hatte die Stadt in der Straße eine Notschlafstelle für Obdachlose eröffnet. Diese solle künftig nicht mehr bezogen werden, um die Anwohner zu entlasten – so der Kompromissgedanke der Politik.

Marihuana und Heroin in Blumenkästen

Der Bereich rund um Stadtbibliothek, Haubrichhof und Rautenstrauch-Joest-Museum hat sich zuletzt zunehmend zum Angstraum entwickelt. Junkies spritzen sich hier offen ihre Drogen, die Polizei muss beinah täglich Schlägereien schlichten. „Morgens müssen die Mitarbeiter oft Spritzen oder Tabletten beseitigen, die vor der Tür liegen“, sagt ein Geschäftsmann, der einen Laden in der Thieboldsgasse betreibt. Hotelier Rafik Aghakhani hat schon Marihuana und Heroin in seinen Blumenkästen gefunden. „Manchmal kommen Junkies rein und fragen direkt, ob sie Alufolie haben können“, erzählt er. Darin erhitzen sie dann ihre Drogen.

Einen Drogenkonsumraum, betrieben vom Sozialdienst katholischer Männer (SKM), gibt es seit Jahren am Hauptbahnhof. Dort hat sich die Lage beruhigt. Den Drogenabhängigen, die sich am Neumarkt aufhalten, ist der Weg zum Bahnhof aber offenbar zu weit. Daher konzentrierte sich die Suche der Experten auf Immobilien rund um den Neumarkt. „Das Ziel sollte es sein, den Raum so schnell wie möglich in Betrieb zu nehmen. Erstens muss den kranken Menschen geholfen werden, zweitens geht es darum, den öffentlichen Raum zu befrieden“, wünscht sich Dr. Ralf Unna (Grüne), Vorsitzender des Gesundheitsausschusses.

800.000 Euro jährlich für den Drogenkonsumraum

Etwa 800 000 Euro sollen laut Beschluss jedes Jahr für den Betrieb des Drogenkonsumraums zur Verfügung gestellt werden. „Uns ist vor allem das Konzept wichtig, denn es muss darum gehen, den Betroffenen langfristig Hilfe bieten zu können“, sagt Dr. Michael Paetzold (SPD). Welcher Träger den Raum betreiben wird, ist noch nicht entschieden worden, die Drogenhilfe Köln rechnet jedoch mit dem Zuschlag, da der Konsumraum am Bahnhof vom SKM betrieben wird und die Träger ein wechselseitiges Engagement vereinbart haben. „Für die Arbeit würden wir ohnehin den SKM, die Aidshilfe und den Verein Vision einbeziehen“, sagt Dr. Thomas Hambüchen, Leiter der Drogenhilfe.

Hambüchen hätte gerne verhindert, dass in der Nachbarschaft der Thieboldsgasse nun die Sorge vor dem Niedergang der Straße umgeht. „Die Sorgen nehmen wir ernst. Transparenz ist sehr wichtig, deshalb wünsche ich mir, dass so schnell wie möglich mit den Anwohnern kommuniziert wird, damit Ängste abgebaut werden können“, wünscht Hambüchen.

Die Drogenhilfe betreibt auch im Kölner Umland Anlaufstellen für Drogenabhängige. „Stress mit Nachbarn gibt es dort eher selten, denn wir haben Regeln, an die sich unsere Besucher halten müssen“, so Hambüchen. Dazu gehöre beispielsweise, dass es „keine Zusammenrottung vor dem Eingang“ geben dürfe. Im Rathaus gibt es Bestrebungen, den Raum spätestens im Herbst in Betrieb zu nehmen.

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