Polizei ändert TaktikKölner JVA-Beamte klagen über aggressive Nordafrikaner

Lesezeit 4 Minuten
Hinter Gittern: Gefängnisinsassen aus Nordafrika bereiten den Justizvollzugsbeamten enorme Probleme. Beleidigungen und Angriffe sind keine Seltenheit, immer wieder verletzen sich die jungen Männer auch selbst.

Hinter Gittern: Gefängnisinsassen aus Nordafrika bereiten den Justizvollzugsbeamten enorme Probleme. Beleidigungen und Angriffe sind keine Seltenheit, immer wieder verletzen sich die jungen Männer auch selbst.

Köln – Zweimal mussten schon die Handwerker in der Innenstadtwache der Polizei anrücken, um eine Wand aus Rigips zu flicken. Eingetreten wurden die Raumteiler im Kommissariat 43, zuständig für Taschendiebstähle, von aggressiven Tatverdächtigen aus Nordafrika. In den Gefängnissen bereiten die Täter aus den sogenannten Maghreb-Staaten Algerien, Marokko und Tunesien ebenfalls erhebliche Probleme. Erst vor wenigen Wochen hatte NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) ein „distanz- und vollkommen respektloses“ Verhalten der meist jungen Männer beklagt. Eine Bestandsaufnahme:

Wie äußert sich die Aggressivität in der JVA?

Ein Gefangener aus Nordafrika rastete zu Beginn der Woche aus, als er von der Verschiebung seines Gerichtsprozesses erfuhr. Er habe wild gegen die Zellentür geschlagen und anschließend verkündet, nun nichts mehr essen zu wollen. Der Mann sitzt wegen mutmaßlicher Vergewaltigung in Untersuchungshaft. „Wir sind fassungslos, bei welchen Kleinigkeiten die Häftlinge die Nerven verlieren“, sagt Wolfgang Schriever, stellvertretender Anstaltsleiter. Kürzlich ritzte sich ein Häftling mit Plastikbesteck den Oberarm auf, weil er keinen Tabak erhielt. Die Wut der zwischen 20 und 30 Jahre alten Männer bekommen auch die JVA-Bediensteten zu spüren. „Sie werden beschimpft und bespuckt. Viele der Insassen glauben zudem, sich von Frauen nichts sagen lassen zu müssen“, weiß Schriever. Etwa 20 Prozent der JVA-Mitarbeiter sind Frauen. Derzeit stammen 68 der insgesamt 700 männlichen Häftlinge in Köln aus Nordafrika.

Wie reagiert die Gefängnisleitung?

Wenn sich Häftlinge selbst verletzten, werden sie in sogenannte Isolationshaft verlegt. Vier solcher „Beruhigungszellen“ gibt es in der Kölner JVA, karge Räume mit Matratze, die Wände sind gepolstert, zwei Kameras dienen der Überwachung. Vor der Tür befindet sich eine „Sitzwache“, um im Notfall eingreifen zu können. „Unsere Bediensteten führt dies ans Limit“, sagt Schriever. Jeden Tag erhalten isolierte Häftlinge Besuch von der Anstaltsleitung, einem Psychologen, einem Arzt und dem Abteilungsleiter. Der Aufwand ist also enorm. Zwei bis drei Fälle pro Woche wurden zuletzt verzeichnet. Manche Häftlinge müssen sogar fixiert werden und harren zum Teil drei Tage in diesen Zellen aus. Ihre Kompromissbereitschaft sei extrem gering, so Schriever, jedes Nachgeben werde als persönliche Niederlage empfunden. „Wir versuchen, besonders konsequent zu sein“, berichtet Schriever, die Gefangenen sollen merken, dass sie mit ihrem destruktiven Verhalten nichts erreichen. Seit langer Zeit war zu Beginn dieser Woche mal zwei Tage in Folge keine der Zellen belegt.

Wie funktioniert die Verständigung?

Die kulturellen Differenzen lassen sich schwer überbrücken. Derzeit bemüht sich die Kölner JVA, einen arabischsprachigen Sozialarbeiter zu engagieren, der bislang in einem anderen Gefängnis gearbeitet hat. Zuweilen sprechen die Gefangenen französisch, meist jedoch nur arabisch, so dass Dolmetscher helfen müssen. Die Landesregierung will nun jährlich 7,2 Millionen Euro zur Verfügung stellen, um 79 zusätzliche Stellen für Lehrer und Sozialarbeiter in den Gefängnissen zu schaffen. Auch Tablet-Computer sollen angeschafft werden, um den JVA-Mitarbeitern eine schnelle Übersetzungs-Möglichkeit zu bieten.

Gab es bereits ähnliche Probleme?

Die Intensität des Widerstands sei neu, sagt nicht nur der Justizminister, sondern auch die Kölner JVA-Leitung. Vor einigen Jahren seien Häftlinge aus Rumänien und Russland erhebliches Gewaltpotenzial aufgefallen, „aber so unangenehm wie momentan war es damals nicht“, sagt Schriever.

Welche Erfahrungen macht die Polizei?

Schon seit einigen Jahren beklagt die Polizei die Gewaltbereitschaft der nordafrikanischen Räuber und Trickdiebe. Viele von ihnen begehen ihre Taten im Drogenrausch, um die Hemmschwelle zu senken und bei den nächtlichen Überfällen die Müdigkeit auszuschalten. Weil regelmäßig Polizeibeamte bei Festnahmen verletzt wurden, haben die Beamten nun reagiert und ihre Vorgehensweise geändert. Ohne Vorwarnung werden Verdächtige zu Boden gedrückt und fixiert, erst dann geben sich die Beamten zu erkennen. Dadurch sollen Angriffe und Flucht verhindert werden. Erst voriges Wochenende waren acht Beamte erforderlich, um vier nordafrikanische Täter auf der Domplatte festzunehmen. Manche Täter haben laut Polizei auch kleine Messer und Tier-Reizstoffspray in der Tasche. Nach Festnahmen hätten sich Verdächtige auf der Wache bereits auf den Boden geworfen und mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen. „Vor der Institution Polizei zeigen diese Täter null Respekt“, sagte ein Polizeisprecher. Blaue Flecken und ausgekugelte Daumen oder Finger gehörten für die Beamten zum Alltag, so ein Ermittler.

Ist Besserung in Sicht?

In der Kölner JVA haben die Bediensteten seit knapp zwei Jahren mit nordafrikanischen Tätern ihre Probleme. Nachdem die Polizei nach den Vorkommnissen in der Silvesternacht ihre Präsenz massiv erhöht hat, haben die Straftaten in der Innenstadt nachgelassen. Angesichts des schönen Wetters nimmt die Zahl der nächtlichen Überfälle derzeit wieder zu.

Rundschau abonnieren