Kölner KulturDas war die 17. Museumsnacht

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Andrang am Römisch-Germanischen Museum: Die Kölner Kulturnacht zieht viele Besucher an.

Köln – Eine Klangperformance im Aufzug, Gipsyswing mit Musikern aus Syrien und Warteschlangen vorm Bunker: Museumsnacht, das sind auch immer unerwartete Momente, Bilder und Begegnungen, die für sich sprechen. Zum 17. Mal fand die nächtliche Kulturveranstaltung statt. 20 000 Besucher strömten zu 47 Kunstorten mit 60 Ausstellungen und 200 Veranstaltungen. Zu großen Ausstellungen und kleinen Performances. Die Rundschau war wieder Medienpartner. Ein Streifzug zu Orten, die die Museumsnacht geprägt haben.

Frische Kräfte

80 bildende Künstler sind im Quartier am Hafen tätig. Das Haus in Poll ist noch jung und doch schon eine feste Adresse für lebendige, frische Kunst. An diesem Abend spielt Multiinstrumenten-Genie Gregor Schwellenbach einen DJ-Set im kleinen Atelierraum. Ein Blatt Papier wird vor einem Mikrofon ganz langsam zerrissen, schrille Tonspuren winden sich um Klangachsen, draußen auf dem Flur lässt Martin Pässler den Obertongesang dröhnen. Die Klangperformance "Follow me" ist an mittelalterliche Umzüge angelehnt, ein Tänzer durchschreitet den kahlen Betonflur. Bitte folgen.

Die großen Häuser

Die beste Quote machten natürlich Häuser wie das Ludwig, das Rautenstrauch-Joest-Museum und das Wallraf. "In der Nacht ist das Museum ein anderer Ort", hatte der Chef des Wallraf, Marcus Dekiert, zur Eröffnung der Museumsnacht gesagt. Hunderte Besucher schieben sich durch die Räume, um "von Dürer bis van Gogh" (Sammlung Bührle trifft Wallraf) nichts zu verpassen. Nicht weniger eng ist es im Museum Ludwig, wo die Jubiläumsschau "Wir nennen es Ludwig" vor allem junges Publikum zieht. Ai Weiwei und bissige Geburtstagsgrüße von Hans Haacke, das zieht - und natürlich die Party, die traditionell mit dem Kölner Label Kompakt bis in den Morgen steigt. Vor den Häusern wird übrigens das "Wegbier" gepflegt - kein Statement wohl, nur Samstagabend.

Vor allem aber pilgern die Besucher ins Rautenstrauch am Neumarkt. In der "Pilger"-Schau ist ein islamischer Gebetsteppich zu sehen und das Pilgerhemd eines Bergasketen. Mekka und Santiago de Compostela werden kombiniert mit Pilgerorten der Moderne wie dem Rheinenergiestadion oder Wacken, dem Kultort aller Heavy-Metal-Fans. Nur die Museen selbst sind nicht erwähnt, komisch eigentlich.

Der besondere Moment

Die Cäcilienkirche des Museum Schnütgen gehört zu den schönsten Ausstellungsräumen der Stadt. In dieser Nacht wird sie bespielt vom Kölner Label "Noorden". Die Besucher fläzen sich auf Kissen auf dem Boden, die Madonnen-Figuren lauschen ungerührt dem dröhnenden Sound-Experiment. Andacht mal anders. Dazu schwirren Linien, Kreise, Ornamente unter der Kuppel des Kirchenraums. Ein Ort zum Versinken.

Die Entdeckung

Rund 60 Jahre lang ist der Röhrenbunker am Reichenspergerplatz unentdeckt geblieben. Während des Krieges haben die Menschen hier Zuflucht gesucht. Erst vor sieben Jahren wurden die Räume wieder hergerichtet, manches wurde nicht verändert wie die Toiletten, die seit 1945 unangetastet geblieben sind. Öffentlich zugänglich ist der Bunker sonst nur nach Vereinbarung. An diesem Abend bilden sich lange Schlangen vor dem Zufluchtsort. Die insgesamt rund 1000 Besucher müssen Wartemarken ziehen und anstehen. "Es sind viele junge Menschen da", sagt Robert Schwienbacher vom Festungsmuseum. "Wir freuen uns, dieses Publikum erreichen zu können."

Kreativer Nachwuchs

Fest zur Museumsnacht gehört inzwischen das Familienprogramm. Im Museum für Angewandte Kunst (MAKK) konnten Kindern ihren eigenen Schriftzug gestalten. Passend zum Design von Willy Fleckhaus ("Design, Revolte, Regenbogen") leitete Georg Gartz zur Gestaltung der Typographie an. "Kinder finden schnell Zugang und haben Spaß daran, ihren Namen graphisch zu gestalten", sagt der Mitarbeiter des MAKK. Die Arbeitstische sind schnell gefüllt, die Papiere auch. Der kleine Paul schaut noch etwas ratlos und sagt: "Ich hab' 'ne Blockade." Na, wird schon.

Kölner Abgründe

Die Domgrabungen sind ein Ort, der abseits der Museumsnacht nicht für jeden öffentlich zugänglich ist. Georg Hauser hat die Grabungen lange Zeit geleitet. Heute erklärt er den Besuchern, dass unter dem Dom soviel Gestein verbaut wurde wie über der Erde. Der mittelalterliche Statiker ist eben auf Nummer sicher gegangen. Daher ist die Kathedrale auch Jahrhunderte später noch erdbebensicher.

Dank der Ausgrabungen, die 1946 begannen, lässt sich heute besichtigen, wie die Römer eine Fußbodenheizung konstruierten. Außerdem wurde damals das "Nullkreuz" unterhalb des Doms angelegt. Es markiert den Nullpunkt für alle Vermessungen der Kathedrale. Moderne Drohnenflüge und 3D-Visualisierungen orientieren sich immer noch an dem Punkt, der vor 70 Jahren festgelegt wurde.

Die nächste Museumsnacht findet wieder eine Woche später im Jahr statt: am 4. November 2017.

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