Kommentar zum JahreswechselBittere Wahrheiten zur Silvesternacht in Köln

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Polizei und Feiernde vor dem Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht.

Köln – Ausgelassene Stimmung - Feiern weitgehend friedlich. So lautete die Silvesterbilanz der Kölner Polizei - vor einem Jahr. Erst in den Tagen danach zeigte sich, wie fürchterlich falsch diese Information war. Hunderte Frauen wurden Opfer eines entfesselten Mobs, der am Kölner Hauptbahnhof für Stunden ungestört toben konnte. In diesem Jahr verliefen die Feiern tatsächlich weitgehend friedlich und so ausgelassen wie unter den Umständen eben möglich. Köln kann nach der Dauerbeobachtung vorerst durchatmen.

Zu verdanken ist dies vor allem einem Konzept, das weniger an die Begleitung von Feierlichkeiten als an einen Großkampfeinsatz erinnerte. 1800 Polizisten mussten in dieser lausig kalten Nacht Dienst schieben, damit die Kölner den Jahreswechsel genießen konnten. Die Stadt erlebte einen Jahreswechsel ohne Vorbild.

Die Polizei ist vorab hier und da belächelt worden. Ob das Maß nicht etwas verloren gegangen sei, ob man nicht doch über das Ziel hinausschieße. Die eine bittere Wahrheit dieser Silvesternacht lautet, dass die Kräfte am Ende nicht ausreichten. Um am Hauptbahnhof die Personalien aufzunehmen, musste die Zahl der Beamten um mehr als 200 aufgestockt werden.

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Polizeipräsident Jürgen Mathies ist entschieden Vorwürfen entgegengetreten, es seien Menschen nach ihrer Herkunft "aussortiert" und festgehalten worden. Es habe schon im Vorfeld klare Hinweise gegeben, dass potenzielle Tätergruppen sich gezielt auf den Weg nach Köln gemacht haben, um hier ähnlich wie vor einem Jahr tätig zu werden.

Tatsächlich war die "Grundaggression", von der der Polizeichef sprach, spürbar. Jeder, der rund um den Dom und am Hauptbahnhof unterwegs war, dürfte der Polizei für dieses entschiedene Vorgehen dankbar gewesen sein.

Es mutet geradezu absurd an, der Polizei ein Jahr lang vorzuwerfen, auf der Domplatte auf ganzer Linie versagt zu haben, um ihr nun vorzuhalten, sie habe voreilig gehandelt und unbescholtene Bürger der Freiheit beraubt.

Die nächste bittere Wahrheit dieser Nacht ist, dass es mit diesem einmaligen Großaufgebot nicht einfach erledigt ist. "Silvester wird nicht mehr so sein wie früher", sagt Mathies. Die Kölner werden sich auch vor dem Hintergrund einer abstrakten terroristischen Gefahr an einiges gewöhnen müssen, was vor Monaten noch schwer vorstellbar war.

Schwer bewaffnete Polizisten vor der Christmette etwa, Betonsperren am Rhein und Schutzgitter rund um den Dom. All das haben die Bürger bislang mit einigem Unbehagen, aber vor allem mit großem Verständnis aufgenommen. Mehr noch: Sie finden diese Maßnahmen richtig und fühlen sich dadurch offenbar sicherer.

Das ist zu Beginn des neuen Jahres dann doch eine recht gute Nachricht.

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