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Kunstwerk für den Breslauer PlatzDer Obelisk des Anstoßes

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100 000 Euro ist der Obelisk wert, den Rita McBride für den Breslauer Platz schaffen will. (Visualisierung: McBride)

100 000 Euro ist der Obelisk wert, den Rita McBride für den Breslauer Platz schaffen will. (Visualisierung: McBride)

Köln – Ideal wäre es, wenn die Kunst im öffentlichen Raum die Identifikation der Bürger stärke. So ist es in den Grundsätzen der Kulturstiftung der Sparda-Bank West formuliert. In Köln wäre dieser Identifikationsspender sieben Meter hoch, aus Carbonfasern gefertigt, trüge den Namen „Obelisk of Tutankhamun“ und stünde auf dem Breslauer Platz. Nur hat sich die Politik zur Annahme des generösen Geschenks im Wert von über 100.000 Euro (noch) nicht durchringen können. Sie steht eher verschämt davor und behält die Hände in den Taschen. Anfang November müssen sich die Volksvertreter erneut mit der Frage beschäftigen. In der Stiftung ist man irritiert und hat die Fraktionen im Rat angeschrieben.

Seit 2005 vergibt die Sparda-Bank jährlich den Kunstpreis NRW. Köln wäre die erste Stadt, die die Annahme verweigert. Bislang hat sich die Kulturstiftung mit einer Kommentierung zurückgehalten, doch die Verwunderung über das, was da im Kölner Rathaus passiert, wird nun nicht verhehlt. „Wir wollen niemandem etwas aufzwängen“, sagt Ursula Wißborn, Vorstand der Sparda-Stiftung, „das ist nicht unsere Art.“ Als man die Idee an die Stadt herangetragen habe, habe die Verwaltung aber genau diesen Standort, den Kreisverkehr auf dem Breslauer Platz, vorgeschlagen.

Anfang kommenden Monats wird der Ausschuss für Stadtentwicklung über die Annahme der Schenkung entscheiden. Die Parteien sind sich uneinig.

Michael Frenzel, SPD: „Wir haben das kritisch diskutiert und uns mit der Materialität und der Frage auseinandergesetzt, ob der Obelisk dort richtig positioniert ist. Es gibt noch keine Festlegung.“

Kirsten Jahn, Grüne: „Wir sind nicht glücklich damit. Weniger wegen des Kunstwerks, sondern wegen des Standorts. Es ist einfach ein schwieriger Platz, der dort ausgesucht worden ist, auch, weil dort künftig noch viel passieren wird. Vielleicht ist es doch möglich, über einen alternativen Platz nachzudenken.“

Birgit Gordes, CDU: „Man sollte Geschenke nicht einfach verwerfen. Es gibt aber auch verkehrstechnisch Vorbehalte gegen den Obelisk. Entschieden haben wir uns noch nicht.“

Ralph Sterck, FDP: „Wir tragen es mit, auch wenn das Kunstwerk die Bebauung wie die ,Tempelanlagen’ über der U-Bahn persifliert. Kunst darf auch mal weh tun.“ (mft)

Fragt man bei den Parteien nach (siehe Kasten), verpacken diese ihre Zurückhaltung in höfliche Worte. Bauchgrummeln haben alle. Die FDP immerhin hat sich zur Zustimmung durchgerungen und teilt vieldeutig mit: „Kunst darf auch weh tun.“

Die Künstlerin Rita McBride, Leiterin der Düsseldorfer Kunstakademie, will sich auf Anfrage nicht zu ihrem Werk äußern. Sie hatte den Obelisk ironisch als Metapher für das „allumfassende Prinzip geometrischer Ordnung“ bezeichnet. Es impliziere eine Achse, „die niemals existiert hat“ und den Blick „auf ein Chaos urbaner Elemente vorgebe“. Natürlich habe sich McBride mit der Umgebung des Platzes auseinandergesetzt, sagt Wißborn. „Von daher kann man den Obelisk nicht irgendwo anders aufstellen.“ Auch Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach spricht sich entschieden für eine Annahme der Schenkung aus. Gerade auf diesem Platz.

Nur ist der Breslauer Platz seit seiner Umgestaltung nicht unbedingt von der Öffentlichkeit gefeiert worden. Von daher tut sich die Politik aktuell mit jeder weiteren Gestaltung schwer. Vor der Sommerpause hatten die Ausschüsse für Kultur und Stadtentwicklung die Entscheidung vertagt. Die Bezirksvertretung Innenstadt – in dieser Frage nicht entscheidungsbefugt – hatte die Annahme des Obelisken abgelehnt mit dem Hinweis auf den noch nicht fertig gestellten Platz. Allerdings werden noch Jahre vergehen, bis der Musical-Dome verschwunden und der Bus-Bahnhof neu gestaltet ist.

Der Kunstbeirat, dessen Empfehlungen bei Kunst im öffentlichem Raum in der Regel gefolgt wird, hat sich eindeutig für die Annahme ausgesprochen. McBride sei eine renommierte Künstlerin, „deren humorvolle, aber auch strenge Arbeit“ dem Platz eine künstlerische Note gebe, sagt der Vorsitzende des Beirats, Professor Andreas Kaiser. Der Lehrende von der FH Mainz war übrigens auch Mitglied der Jury im Wettbewerb der Sparda-Kulturstiftung ...

Wißborn sagt, die ganze Debatte „stimmt uns traurig“. Die Stiftung stellt 100.000 Euro für das Kunstwerk zur Verfügung. Weil auch der Sockel erhebliche Kosten verursacht, will die Stiftung weitere 25.000 Euro lockermachen, zudem seien 5000 Euro für Reinigungskosten bereitgestellt. In der zehnjährigen Tradition des Preises haben bislang Künstler wie Hans-Peter Feldmann, Bogomir Ecker und Thomas Stricker ihre Ideen verwirklicht. Der Wettbewerb 2015 läuft in Zusammenarbeit mit der Stadt Recklinghausen. Es geht um einen Platz ganz in der Nähe des Bahnhofs. Kein Kreisverkehr.

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