MegaLights-WerbetafelnGefahr durch Nachrichten an Kreuzungen in Köln?

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Köln – „Satirestreit: Böhmermann nimmt Auszeit vom ...“ Gute drei Sekunden hat es im Selbstversuch gebraucht, die Nachricht in freier Fahrt über die Rheinuferstraße bis zu dieser Stelle zu lesen. Der Kopf ging dabei nach rechts, bis die Nachricht aus dem Sichtfeld verschwand.

„Drei Sekunden? Sagen wir mal, sie sind mit 40 Stundenkilometern unterwegs gewesen, dann waren sie mindestens 33 Meter im Blindflug“, sagt dazu Dr. Roman Sudhold vom ADAC. Damit steht seine Einschätzung zu den neuen Einblendungen von Nachrichten auf den digitalen Werbetafeln an Kreuzungen fest: „Genauso gefährlich wie der Blick aufs Handy.“

Es ist erst einmal nur eine Testphase. Die Firma Ströer beschickt zurzeit ihre MegaLights mit Nachrichten. „Gesetzliche Vorschriften dafür gibt es nicht, bis auf die Auflage, dass keine bewegten Bilder gezeigt werden dürfen“, sagt ein Stadtsprecher. Werden Nachrichten eingespielt, schauen sich das Mitarbeiter der Stadt und des Unternehmens an und beurteilen das Gefahrenpotenzial.

Elf Werbeträger wurden bisher versetzt. Für den ADFC deutlich zu wenig.

Elf Werbeträger wurden bisher versetzt. Für den ADFC deutlich zu wenig.

„An besonders großen Kreuzungen mit vielen Ampelanlagen kann beispielsweise gefordert werden, auf rote oder grüne Farbgebung zu verzichten“, heißt es aus der Verwaltung. „Auf die Inhalte können wir natürlich keinen Einfluss nehmen. Aber beispielsweise auf Länge und Größe der Nachrichten.“ Am Ende der bis Mai andauernden Testphase werde es dann Kriterien für die jeweiligen Standorte geben, die in die Bauordnung einfließen.

Nachrichten bei Rot

Sudhold bleibt kritisch. Immerhin könne dieses Verfahren ja auch bedeuten, dass man das richtige Maß für Nachrichteneinblendungen erst findet, nachdem es zu Unfällen gekommen ist. „Das ist das Prinzip Zufall. So etwas sollte man besser unter Laborbedingungen untersuchen lassen.“ Der ADAC-Verkehrsexperte macht einen Gegenvorschlag: „Man könnte an Kreuzungen die Nachrichten auch nur dann einblenden, wenn die Ampel auf Rot steht. Das würde das Risiko minimieren.

Werbeträger

Seit 2015 gilt ein neuer Werbenutzungsvertrag bei der Stadt Köln. Der Zuschlag ging an die Firmen Ströer und JCDecaux.

Demnach dürfen auf Kölner Stadtgebiet 350 sogenannte Stadtinformationsanlagen (mit Stadtplan) aufgestellt werden. 320 stehen schon. 30 folgen noch. Werbetafeln an Fahrgastunterständen darf es 1550 geben, rund 300 mehr als vor 2015. 387 fehlen noch. 800 Säulen dürfen aufgestellt werden. Rund 300 weniger als vor 2015. 23 City-Light-Säulen kommen noch. 200 Mega-Light-Anlagen, auf denen Nachrichten eingeblendet werden können, darf es geben. 54 fehlen noch. (ngo)

Risikominimierung, das ist auch der Streitpunkt bei Werbeträgern entlang der Radwege (die Rundschau berichtete). Vor allem der ADFC sieht es sehr kritisch, dass die Werbesäulen und -tafeln oftmals die Sichtachse von Radfahrern und Fußgängern behindern. Nun hat die Verwaltung für den Verkehrsausschuss eine Statistik erarbeitet (siehe Kasten). Darin räumt sie ein, dass einige Werbeflächen verkehrsgefährdend aufgestellt wurden. „Bislang mussten elf Anlagen wieder abgebaut oder umgesetzt werden“, heißt es. Eine Zahl, bei der Christoph Schmidt vom ADFC die Stirn runzelt. „Das müssten auf jeden Fall mehr sein. Keine Frage.“ Der Fahrrad-Club hat auf einer digitalen Karte alle Werbeanlagen markiert, die er für kritisch hält. In der Innenstadt kommt er auf rund 30 Standorte. Die meisten davon befinden sich auf den Ringen.

Und auch hier, wie bei den Nachrichten auf den Mega-Lights: Ob es wirklich gefährlich ist, zeigt sich mit letzter Gewissheit erst in der Praxis. Zwar werde jeder Standort vorab durch aufwendige Technik ausgelotet – mit GPS-Daten und Simulationen. Aber: „Selbst bei Nutzung aller technischen Möglichkeiten kann die Positionierung der Anlage nach der Aufstellung zu einer anderen Beurteilung führen“, steht in der Vorlage. Schmidt macht einen Vorschlag: „Ich fände es gut, wenn der ADFC bei den Standortfragen mit einbezogen würde.“

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