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MethadonprogrammEhemalige Drogenabhängige säubern Mülheim

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So geht’s: Projektleiterin Jane von Well (links) und Anleiterin Saskia Winters sind mit den „Fegern“ in Mülheim unterwegs.

So geht’s: Projektleiterin Jane von Well (links) und Anleiterin Saskia Winters sind mit den „Fegern“ in Mülheim unterwegs.

Köln – Seit Oktober 2016 sind die Kölner Feger in Mülheim unterwegs: Männer und Frauen im Methadonprogramm, die täglich mit Pickern und Eimern rund um den Wiener Platz sauber machen. Und nach einem halben Jahr ist klar: Die Mülheimer Bürgerschaft möchte ihren Einsatz nicht mehr missen.

„Die machen’s richtig gut“, sagt Christine von Scheven von der IG Buchheimer Straße. Deren Anwohner seien sich alle einig, dass es dort noch nie so sauber war. Und deshalb habe man jetzt sogar beschlossen, eine Frühjahrsbepflanzung für die Beete zu wagen.

Mit Arbeit und Methadon die Sucht bekämpfen

Doch die fünf Mülheimer Feger sammeln nicht nur Zigarettenkippen aus Blumen und Kronkorken vom Boden. 350 Spritzen haben sie seit Oktober aufgelesen, 260 Säcke mit Abfall gefüllt – unter der Mülheimer Brücke, am Rheinufer und im Böcking Park.

Wo genau sie schauen müssen, wissen sie aus eigener Erfahrung: Selbst drogenabhängig, greifen sie nur deshalb nicht mehr zur Spritze, weil sie sich täglich eine Ersatzdosis Methadon beim Sozialdienst katholischer Männer (SKM) abholen dürfen.

Und das verändert viel. „Auf einmal haben die Menschen viel Freizeit“, sagt Projektleiterin Jane von Well vom SKM. Denn der Tag will jetzt anders gefüllt werden als mit der Suche nach Stoff. Auf dem Arbeitsmarkt haben sie keine Chance, deshalb geben Jobcenter und SKM ihnen eine.

Unterstützung aus Mühlheim

Und die Mülheimer Bürger. Im Lutherturm der evangelischen Kirchengemeinde dürfen sie sich morgens treffen, frühstücken und umziehen. Ein Supermarkt spendete vier Monate lang die Frühstückspäckchen. Und Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs betont, dass die Teilnehmer selbst zum Stadtteil gehören: „Die wohnen hier; zum Teil kenne ich sie von Jugend an.“

Und jetzt haben sie eine Aufgabe. Stefan gefällt sie: „Ich habe was, wofür ich aufstehen und wo ich hingehen kann.“ Vier Stunden täglich arbeiten er und seine Kollegen, die alle im Methadonprogramm sind und ALG II beziehen.

Mit Stolz erzählt Stefan, dass es unter der Mülheimer Brücke viel besser aussieht als noch vor sechs Monaten. „Ich finde es sinnvoll, wenn jemand da sauber macht, wo sonst keiner hingreifen will.“ Das einzige, was ihnen bei der Arbeit noch fehle: „Ein WC.“

Für den SKM und den Bezirksbürgermeister fehlt es noch an viel mehr: Sie wünschen sich eine Anlaufstelle für Wohnungslose und Drogenabhängige in Mülheim, wie es die Kontaktstelle des SKM für die Kölner Innenstadt ist. Dort könnten dann auch die „Feger“ auf Dauer unterkommen. Denn der Lutherturm ist nur eine vorübergehende Lösung, nicht nur wegen defekter Toiletten: Dort stehen demnächst Baumaßnahmen an.

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