Abo

PetitionFlüchtlingsfamilie aus Köln darf trotz Richterspruch bleiben

Lesezeit 3 Minuten
Kurz vor der Zusage der Kölner Ausländerbehörde war die Betroffenheit bei Saboor Chaudhry (l.) und Mitschülern um Luca Orbach (2.v.l.) riesig.

Kurz vor der Zusage der Kölner Ausländerbehörde war die Betroffenheit bei Saboor Chaudhry (l.) und Mitschülern um Luca Orbach (2.v.l.) riesig.

Köln – Die Familie Chaudhry darf ohne Flüchtlingsanerkennung und trotz amtlicher Aufforderung zur Ausreise in Köln bleiben. Mehr als 13.800 Unterstützer bei einer Online-Petition reichten Lothar Becker, dem Chef der Kölner Ausländerbehörde, um der aus Pakistan stammenden Familie gestern „ohne tieferen Blick in die Akten“ zuzusichern: „Es besteht keine Gefahr, dass Sie abgeschoben werden.“

„Cool“, fand der älteste Sohn Saboor (15) die Zusage, die ihm der Amts-Chef in der Aula des Heinrich-Mann-Gymnasiums machte. Dort hatte die Schule, auf die auch zwei jüngere Geschwister von Saboor gehen, ein Treffen mit der Presse organisiert, „um die von den Schülern ausgelöste Unterstützungswelle zu kanalisieren“, wie Schulleiter Andreas Grüderich erklärte.

Vier Jahre Rechtsstreit

Vorigen Mittwoch sah die Welt für die fünfköpfige Familie aus dem Stadtbezirk Chorweiler noch ganz anders aus. Die Aufforderung zur freiwilligen Ausreise bis 2. Oktober traf ein. Nach vier Jahren Rechtsstreit hatte das Oberverwaltungsgericht Münster die Ausreiseaufforderung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bestätigt. Daran hatte auch ein Pflichtanwalt aus Hessen nichts ändern können. Die Richter glaubten nicht, dass die Familie ihren Glauben bereits in der Heimat offen praktizierte.

„Mein Großvater ist in Pakistan von Terroristen getötet worden, und wir haben dort Morddrohungen bekommen. Denn wir sind Ahmadiyya, eine islamischen Minderheit“, berichtete Saboor seinen Mitschülern. Vor zwölf Jahren sei die Familie nach Italien gezogen, wo der Vater Arbeit hatte. Doch vor fünf Jahren starb der Mann, und die Witwe suchte mit den Kindern ihr Glück in Deutschland.

Mitschüler organisierten Online-Petition

Als Luca Orbach von der Ausreiseaufforderung für die Familie seines Schulkameraden erfuhr, startete er kurzerhand eine Online-Petition. Alicia Brings und Sofia Cusumano organisierten als Schülervertreter weitere Unterstützung. Der Fall Chaudhry kann exemplarisch für Tausende Flüchtlinge in Köln sein, sagte Lothar Becker. 6000 ausreisepflichtige Ausländer würden derzeit geduldet. Mehr als 1000 seien seit mehr als zehn Jahren hier. Die Kölner Ausländerbehörde sei zwar „zeitlich wegen der gestiegenen Fallzahlen abgesoffen“ und auch nicht für die Ablehnung des Flüchtlingsantrags verantwortlich, aber was die Mitschüler und Freunde der Familie in Gang gesetzt hätten, sei genau das, was der Gesetzgeber wolle – und „ein vorbildlicher Beleg für eine gelungene Integration“.

Die Ausländerbehörde entscheidet, anders als die Richter, nicht über einen Flüchtlingsstatus, sondern über die Duldung. „Der Schüler ist seit mehr als vier Jahren hier und hat gute Noten. Für seine Schulzeit und – nach weiterer Prüfung – auch für ein Studium oder eine Ausbildung, kann er samt Familie geduldet werden.“ Nun dürfe und solle die Mutter arbeiten gehen.

openpetition.de/!FamilieChaudhry

Rundschau abonnieren