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Projekt in KölnWenn aus Migranten „Heroes“ werden

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Symbolbild

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Köln – Mit zwei Koffern, 500 Mark und „bestimmten Vorstellungen“ kam Jaouad Hanin vor 17 Jahren aus Marokko nach Deutschland. Alles war neu für den damals 23-jährigen, die Mentalität fremd. Kontrastierend mit Traditionen, in denen er aufgewachsen war. Vor allem, was die Rolle der Frau betraf. „Ich musste beginnen, alte Strukturen zu hinterfragen“, berichtet er über die Zeit, in der er lernen musste, sich von Ansichten zu lösen, die ihn in seiner „Entwicklung störten“, Probleme im Alltag bereiteten.

Heute ist der einst mittellosen Migrant ein „Hero“, ein echter Held für eine ganze Reihe junger Männer mit Migrationshintergrund, die ähnliche Konflikte zwischen Traditionen und gesellschaftlicher deutscher Realität erleben. Denn er ist nicht nur selber ein Held, er bildet auch welche aus. Sechs frischgebackenen Helden überreichte Oberbürgermeisterin Henriette Reker nun ihre Ausbildungszertifikate. Wie Jaouad werden sie in die Schulen gehen, mit Jugendlichen sprechen, sie dazu bringen, Normen und Wertvorstellungen zu hinterfragen.

Im Rahmen des Projekts „Heroes“ des Vereins Henna-Mond hatten sich die sechs jungen Männer ein Jahr lang zwei Mal pro Woche unter Leitung eines interkulturellen Trainers wie Jaouad getroffen, sich in Workshops, bei Diskussionen und in Rollenspielen mit tradierten Vorstellungen und einem überzogenen Ehrbegriff kritisch auseinandergesetzt.

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Einer dieser Jungs ist der 19-jährige Abiturient Belange Biteke, der als Kind mit seiner Familie aus Ruanda kam. „Die Ehre einer ganzen Familie lastet auf dem Mädchen und seiner Jungfräulichkeit“, prangert der Bruder zweier jüngerer Schwestern an. Ein Teil der Ausbildung ist es auch, sich mit den Schicksalen von Frauen auseinander zu setzen, die grausam beschnitten, zwangsverheiratet wurden, oder wegen vermeintlicher Ehrverletzung ihr Leben lassen mussten. Eine aufrüttelnde, fast traumatische Auseinandersetzung für die Jungen. „Wir haben geweint“, sagt Trainer Jaouad.

Belange, der nach dem Abi Jura studieren will, freut sich schon auf seine ehrenamtliche Einsätze als „Hero“, wenn er Jugendliche dazu bringen kann, miteinander zu diskutieren. Dabei ist ihm ganz wichtig, nicht von oben herab etwas zu indoktrinieren: Wenn er es geschafft hat, dass eine Klasse beginnt, sich mit Themen wie Salafismus oder Geschlechterrollen kritisch auseinanderzusetzen, weiß er: Mission erfüllt. Doch der Bedarf an Helden-Einsätzen in Schulen oder Jugendeinrichtungen ist groß: Mittlerweile kommen Anfragen an „Heroes“ aus ganz NRW. Zuviel für die erst 14 zertifizierten Helden. Um weitere Jugendliche ausbilden zu lassen, ist der Verein auf finanzielle Unterstützung angewiesen.

www.hennamond-ev.de

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