Seit 26 Jahre vermisstDer Mann, der David Lück war

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Köln – Im Spätsommer 1989 ist das Foto des wenige Monate alten Babys entstanden, das irgendwo in einem Park entspannt auf dem Bauch seines Vaters liegt. David Lück hieß der Junge damals, geboren wurde er am 1. Mai. Aus dem Baby ist ein Mann geworden, 27 Jahre ist er heute alt, und er hat einen anderen Namen. Von seiner Vergangenheit wird er nichts wissen, auch nichts von seiner wahren Identität. Nun sucht ihn die Polizei. Denn er ist der Schlüssel zu einem alten Vermisstenfall, der vermutlich sogar ein Mordfall ist.

Ermittler suchen Pflegefamilie des Kindes

Es ist der 18. April 1990, 16 Uhr, als Henriette Lück (39) mit ihrem Sohn David an der KVB-Haltestelle „Lustheide“ in Refrath in eine Straßenbahn steigt. Im Königsforst will sie mit dem Baby noch ein wenig spazieren gehen und dann nach Hause, zur Honrather Straße in Brück, wo sie mit einer Freundin wohnt. Doch dort kommt sie nie an. Am gleichen Tag meldet die Freundin Mutter und Sohn als vermisst. Seitdem wurden sie nicht mehr gesehen. Eine umfangreiche Suche der Polizei blieb erfolglos.

Nun geht die Polizei davon aus, dass zumindest der Junge noch lebt. „Es gibt Erkenntnisse, die darauf schließen lassen, dass der Junge unter anderem Namen zumindest zeitweise in München und in Zagreb bei Verwandten oder Freunden des Kindsvaters aufgewachsen ist und Kontakt zu seinem Vater hatte“, sagt Polizeisprecher Wolfgang Baldes. Der Vater ist Stjepan Ivezic (61), er verfügt laut Polizei über einen kroatischen Pass, soll sich aber in Deutschland aufhalten, wo er jedoch keinen festen Wohnsitz hat. Und er könnte die Pflegeeltern seines Sohnes über Jahre finanziell unterstützt haben.

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Nach dem Verschwinden von Mutter und Sohn geriet Stjepan Ivezic 1994 ins Visier der Ermittler, die damals eine Mordkommission gegründet hatten. Doch der Verdacht, der Mann habe seine Lebensgefährtin getötet und dann das Kind bei einer Pflegefamilie untergebracht, ließ sich nie erhärten. Die Leiche der Mutter wurde bis heute nicht entdeckt. Vor zwei Jahren nahm sich die Vermisstenstelle der Polizei des Falles erneut an. Am heutigen Freitag wird der Fall bei der Sendung „Fahndung Deutschland“ in Sat.1 ausgestrahlt. Die Kölner Polizei hat die Bilder des Jungen und des Vaters zudem bundesweit herausgegeben und auch in den sozialen Netzwerken um Hinweise gebeten. Die Erlaubnis hierfür hat die Staatsanwaltschaft erteilt, die ebenfalls auf einen Fahndungserfolg hofft.

Sollten Pflegeeltern das Babyfoto identifizieren oder beobachtet haben, dass Stjepan Ivezic Kontakt zu einem heute 27 Jahre alten Mann hat, wittern die Mordermittler eine neue Chance, den alten Fall aufzurollen. „Er müsste dann erklären, wie er es mit Einverständnis der Mutter geschafft hat, den Jungen in eine Pflegefamilie zu geben“, sagt Baldes. Die Ermittler halten es für möglich, dass die Pflegeeltern die Geschichte vom Verschwinden des Jungen und seiner Mutter gar nicht kennen.

Einen dringenden Tatverdacht hat es damals nie gegen Stjepan Ivezic gegeben, Ende der 1990er Jahre hatte die Polizei ihn zum Speicheltest gebeten, um seine DNA zu sichern. Doch es gab nie Spurenträger, die den Vater hätten belasten können. Ins Blickfeld hatten ihn die Ermittler auch genommen, weil er kurz nach Henriette Lücks Verschwinden bereits eine neue Lebensgefährtin hatte.

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