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Tatort Hauptbahnhof KölnOrganisierte Banden bedrohen regelmäßig Reisende am Hauptbahnhof

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Mit gezielten Aktionen wie im September versucht die Polizei im Hauptbahnhof potenzielle Täter abzuschrecken.

Mit gezielten Aktionen wie im September versucht die Polizei im Hauptbahnhof potenzielle Täter abzuschrecken.

Köln – Der Hauptbahnhof ist nicht erst seit Silvester als Treffpunkt für Straftäter bekannt. Allein am Dienstagvormittag gab es Diebstähle in einem Tabakladen, in drei Intercitys, mehrere Schwarzfahrer wurden erwischt, Züge besprüht oder Anzeigen wegen Beleidigung aufgenommen. „Wir müssen feststellen, dass im Hauptbahnhof etwa alle dreißig Minuten eine Straftat passiert“, sagte der Sprecher der Bundespolizei Frank Freund der Rundschau.

Organisierte Diebestouren

In dem Gebäude sind verschiedene Tätergruppen unterwegs. Männer, vorwiegend aus Nordafrika, organisieren gezielt ihre Diebestouren. „Sie fangen gegen Mitternacht an und sind bis sieben oder acht Uhr im Hauptbahnhof unterwegs“, sagte der Chefermittler der Bekämpfung des Taschendiebstahls, Günther Korn, der Rundschau. Um die ganze Nacht fit zu bleiben, würden die Täter Kokain konsumieren. „Durch den Konsum ist die Angstschwelle bei den Dieben geringer, aber auch das Schmerzempfinden bei einer Festnahme“, ergänzte Korn.

Die Zahl der in Köln lebenden Straftäter aus diesem Bereich wird auf 200 bis 300 Personen geschätzt. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter teilte mit, dass die Verdächtigen in „steigender Tendenz“ in Köln agieren würden. Sie würden nicht nur im Hauptbahnhof Menschen bestehlen oder ausrauben, sondern seien auch bei Autoaufbrüchen und Wohnungsaufbrüchen aktiv.

„Antänzer“ in der Stadt

Seit etwa drei Jahren sind Gruppen aus Nordafrika in Köln auch als „Antänzer“ im Nachtleben unterwegs und stehlen Handys und Bargeld ihrer Opfer. Diese Taten ereigneten sich hauptsächlich in den Vergnügungsvierteln der Stadt. Dabei tanzen die Männer ihre angetrunkenen Opfer an, machen einen auf Kumpel und stehlen Wertgegenstände.

Nach Angaben der Kölner Polizei sind in den vergangenen drei Jahren etwa 11?000 Menschen in der Domstadt auf den Trick hereingefallen. Es gibt Fälle aus Ehrenfeld, wo Frauen attackiert wurden, die in Büschen ihre Notdurft verrichteten und Täter im Gerangel ihre Handys raubten. Auch Kölner Polizisten, die privat unterwegs waren, wurden bereits Opfer der „Antänzer“.

Ermittlungen und Festnahmen sind oftmals schwierig. Die Männer sind in der Stadt nicht ordnungsgemäß angemeldet, leben bei Freunden zur Untermiete oder mieten sich in Billighotels unter falschem Namen ein.

Reisende Täter aus Frankreich und Belgien

Der Hauptbahnhof ist aber nicht nur Treffpunkt dieser Klientel. So gibt es auch reisende Täter, die morgens mit Zügen aus Frankreich oder Belgien ankommen, Diebstähle begehen und oftmals unerkannt per Zug flüchten. Diese Personen haben es im Hauptbahnhof auf das Gepäck der Fahrgäste abgesehen, sind aber auch in der Innenstadt unterwegs und begehen dort Straftaten. Diese Täter benutzten häufig auf Rolltreppen den „Rempeltrick“. Ein Täter stoppt die Rolltreppe über den Notknopf, gestolperten Reisenden wird aufgeholfen, um sie dann zu bestehlen.

Der Kaffeetrick

Häufig angewendet wird auch der „Kaffeetrick“. Touristen im Getümmel des Hauptbahnhofs wird heißer Kaffee auf die Jacke geschüttet – ein Mittäter eilt herbei, gibt sich hilfsbereit und stiehlt in der Hektik das Gepäck. Vorwiegend Reisende aus China, Korea und Japan werden Opfer, weil sie in der Regel bei ihren Reisen nach Europa viel Bargeld bei sich haben.

Tatort Taxistand

Ein weiterer Tatort ist der Taxistand am Hauptbahnhof. Touristen kommen aus dem Gebäude, bewundern den Dom, warten auf ein Taxi und werden in diesem Moment zum Opfer.

Der Schaden ist enorm: Im Dezember 2014 etwa zerschlug die Polizei eine Bande, die bei 80 Taten einen Schaden von rund 300?000 Euro angerichtet hatte. In einem Fall war einer Seniorin Schmuck im Wert von 40?000 Euro gestohlen worden.

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