Zehn Jahre Rauchverbot in KölnWeniger Qualm in den Kneipen, mehr Lärm auf den Straßen

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Die NRW-CDU streicht die Revision des Rauchverbots aus ihrem Wahlprogramm. (Symbolbild)

Die NRW-CDU streicht die Revision des Rauchverbots aus ihrem Wahlprogramm. (Symbolbild)

Köln – Seit 28 Jahren steht Agnes Quirnbach hinter der Theke im „Berg Krug“ in Ehrenfeld, zapft Kölsch, gehört fast zum Inventar. Lange hat Quirnbach in dem Laden selbst geraucht. Früher, als das noch gang und gäbe war. Mittlerweile ist das vorbei, seit dem 1. Mai 2013 gilt das absolute Rauchverbot in der Gastronomie. „Es ist ungemütlicher in der Kneipe geworden“, sagt die 59-Jährige. Aber: „Ich rauche auch weniger.“

Vor zehn Jahren hat die Bundesregierung ein neues Nichtrauchergesetz beschlossen, 2008 führt das Land das Rauchverbot im ersten Schritt ein, seinerzeit mit zahlreichen Ausnahmen, etwa abgetrennten Raucherbereichen. Viele Besitzer investierten, bauten um. Doch fünf Jahre später war endgültig Schluss, das absolute Rauchverbot kam.

„Die Investitionen waren dann natürlich hinfällig, es gab eine erhebliche Zahl an Betriebsaufgaben. Wobei nicht immer klar ist, ob das am Verbot liegt“, sagt Christoph Becker, Geschäftsführer der Kölner Kreisgruppe des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes. Gegen die Verschärfung des Gesetzes konnten seinerzeit auch 400 demonstrierende Wirte vor dem Rathaus nichts machen. Agnes Quirnbach sagt noch heute: „Man sollte die Leute selbst entscheiden lassen.“

Gastronomen hatten Existenzangst

2017 steht nun das zehnte Jahr an, seitdem Raucher erstmals an die frische Luft mussten. Becker sagt: „Der Gesetzgeber hat damals den Knüppel ausgepackt, viele Gastronomen hatten Existenzangst.“ Eine Angst, die laut Becker in einigen Fällen berechtigt war, gerade die klassischen Eckkneipen ohne Küche hatten es schwer. Eben Betriebe wie der „Berg Krug“. Agnes Quirnbach schätzt den Umsatzeinbruch auf 25 Prozent. „Es ist nicht mehr so gut wie früher.“ Laut Becker benötigt der reine Schankbetrieb mittlerweile eine Außengastronomie, um das ausgleichen zu können. Doch an der Gesamtzahl der Betriebe in Köln hat sich nichts geändert, sagt Uwe Kaven, Leiter des städtisches Gewerbeamtes. Sie liege weiter bei rund 5000. „Da ist alles dabei von der Frittenbude bis zum Hyatt-Hotel.“ Becker führt die konstante Zahl auch darauf zurück, dass sich die Art der Betriebe ändere, es neue Zielgruppen gebe.

Die Stadt kontrolliert das Rauchverbot nicht mit besonderen Aktionen, sondern anlässlich der üblichen Überprüfungen. 2008, im Jahr der ersten Gesetzeseinführung, waren es lediglich fünf verhängte Bußgelder gegen Wirte gewesen, die das Rauchverbot missachteten (siehe Info-Kasten). Die Stadt zeigte sich anfangs kulant. In den Jahren danach stieg die Anzahl, ab 2009 waren es 32, 49, 122, 58, 45 und im Jahr 2014 die meisten mit 162. „Es gibt aber keine Anhaltspunkte, ob das mit der Verschärfung des Gesetzes 2013 zu tun hatte“, sagt Kaven. Voriges Jahr nahm die Stadt über 109 Verfahren einen mittleren fünfstelligen Euro-Betrag ein.

Klassische Theke „fast tot“

Durch das Rauchverbot hat sich einiges verändert: Becker sagt, die klassische Theke sei „fast tot“. Das merken auch Kneipen, die neben Getränke auch Essen anbieten – etwa das „Oma Kleinmann“ auf der Zülpicher Straße. Betreiberin Maureen Wolf spricht von einem Umsatzrückgang an der Theke, sonst laufe das Geschäft. „Wir sind eben keine reine Trinkkneipe. Es ging nach dem Verbot besser als erwartet. Für uns war es letztlich viel Rauch um nichts.“ Auch Uwe Kaven sagt: „Ich würde sagen, das Verbot ist mittlerweile akzeptiert.“ Und Becker sagt: „Im Rückblick hat sich die Aufregung relativiert.“

Dafür gibt es jetzt ein anderes Problem: den Lärm. „Das Problem hat sich vor die Tür verlagert, es gibt verstärkt Lärmbeschwerden“, sagt Kaven und ergänzt: „Wir haben ein Problem gelöst und ein anderes geschaffen.“ Wolf bestätigt, manchmal sei es „furchtbar laut“. Mehr Beschwerden gebe es nicht, wobei ihr Lokal auch an der Partymeile Zülpicher Straße liegt, die Anwohner vermutlich einiges abkönnen. Eine andere Angestellte sagt: „Wir holen uns jetzt eben die Lungenentzündung, wenn wir draußen rauchen.“

Die Gesetzeslage und Strafe

Ein Jahr nach dem Bundesgesetz ist am 1. Januar 2008 das Nichtrauchergesetz NRW zunächst in öffentlichen Gebäuden in Kraft getreten. Später folgten Gaststätten und Kneipen, doch es gab Ausnahmen – unter anderem Ein-Raum-Kneipen, kleiner als 75 Quadratmeter, die kein Essen anboten und sich als Raucherkneipe auswiesen. Andere richteten einen Raum ein, wieder andere gründeten Raucherclubs. Auch Brauchtumsveranstaltungen wie Karneval waren ausgenommen.

Das änderte sich zum 1. Mai 2013. Seither gilt in der Gastronomie ein uneingeschränktes Rauchverbot. Einzige Ausnahme bilden geschlossene Gesellschaften. Die Regelungen sind je nach Bundesland unterschiedlich, in Rheinland-Pfalz etwa ist das Rauchen unter bestimmten Bedingungen in Kneipen erlaubt. Laut Uwe Kaven, Leiter des Kölner Gewerbeamtes, staffelt sich das Bußgeld für Wirte: 200 Euro kostet das erste Vergehen, dann steigert es sich auf 400, 800 und 1600 Euro. Beim fünften Verstoß sind bis zu 2500 Euro fällig. Raucher zahlen zwischen 35 und 55 Euro. (mhe)

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