Explosion in EuskirchenBlindgänger war große britische Luftmine

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Düsseldorf – Es war eine mit 1,3 Tonnen Sprengstoff gefüllte britische Luftmine vom Typ „H.C. 4000 LB. MK IV“, die nach Einschätzung der Experten des Landeskriminalamts und des Kampfmittelbeseitigungsdienstes Düsseldorf am Freitag in Euskirchen die schwere Explosion verursachte. Dabei wurde ein 50-jähriger Baggerfahrer getötet. 13 Menschen wurden verletzt und große Schäden an Gebäuden und Fahrzeugen verursacht, die nach Schätzung der Feuerwehr in Millionenhöhe liegen dürften.

Der Baggerfahrer habe kaum eine Chance gehabt, den etwa 2,80 Meter langen Sprengkörper mit einem Durchmesser von 76 Zentimetern und einem Gewicht von 1,8 Tonnen als solchen zu erkennen, sagt Euskirchens Polizeisprecher Norbert Hardt: „Die zylindrische Form ähnelt der eines Warmwasserspeichers und ist daher nicht unmittelbar als Sprengkörper zu erkennen.“ Ob und in welchem Maße die Bombe mit Beton behaftet gewesen sei, habe nicht geklärt werden können.

Hardt: „Die Sprengstoffexperten gehen davon aus, dass die Druckwelle der Bombe durch den auf dem Gelände befindlichen Erdwall und durch nahe gelegene Lagerhallen abgeschwächt und so der Schaden in den Wohngebieten begrenzt wurde.“

Federführend bei der Untersuchung sei die Kreispolizei Euskirchen, sagte gestern der Pressesprecher des Landeskriminalamts Düsseldorf, Frank Scheulen. Dass am Freitag Mitarbeiter des Landeskriminalamts die Unglücksstelle untersucht hätten, sei „eine Dienstleistung für andere Behörden“ gewesen. Deshalb hätten LKA-Experten ihre Ermittlungen aufgenommen und die Ergebnisse nun an die zuständigen Stellen weitergereicht. Zuständig für die Beseitigung von Kriegsmunition und Kriegsbomben sei die Kampfmittelbeseitigung der Bezirksregierung Düsseldorf.

Doch woher stammte die Luftmine und wie kam sie auf das Recyclinggelände? Unwahrscheinlich ist nach Ansicht des Weltkriegsexperten Professor Horst Schuh von der Arbeitsgemeinschaft Luftkriegsgeschichte Rheinland, dass die Luftmine über Euskirchen abgeworfen wurde. Luftminen seien vor allem über Ballungszentren wie Köln, Bonn oder Koblenz abgeworfen worden. Die Mine sei also möglicherweise mit einem Bauschutt-Transporter auf das Recyclinggelände in Euskirchen gelangt. Zudem, so Schuhs Erkenntnisse, sei Euskirchen nur einmal von britischen Bombern angegriffen worden. In der Nacht zum 22. Mai 1940 seien 124 britische Bomber über Euskirchen geflogen und hätten ihre tödliche Fracht in der Nähe der Bahnlinien und des Bahnhofs abgeladen. Dies war laut Schuh der einzige nachgewiesene Angriff der Royal Air Force auf die Kreisstadt. Damals seien aber von den Briten noch keine Luftminen eingesetzt worden.

Auch Polizeisprecher Norbert Hardt kann dazu, wie der Sprengkörper in den Bauschutt an der Alfred-Nobel-Straße gelangte, nichts sagen: „Im Laufe des Jahres hat es sehr viele Bauschutt-Transporte auf dieses Grundstück gegeben.“ Es sei nicht mehr nachzuvollziehen, mit welcher Fuhre die tödliche Fracht angeliefert worden sei und von welcher Baustelle sie stamme. Das Unternehmen bringe ja Bauschutt von vielen Baustellen aus dem Kreis Euskirchen und aus der gesamten Region Köln/Bonn in die Kreisstadt.

Hardt erklärte, die Ermittlungen der Polizei seien abgeschlossen. Es werde nach jetzigem Ermittlungsstand wohl keine strafrechtlichen Ermittlungsverfahren geben.

Während Euskirchens Bürgermeister Dr. Uwe Friedl gegenüber der Rundschau gefordert hatte, es müsse unter allen Umständen geklärt werden, von welcher Baustelle die Luftmine stamme, weil dort ja noch weitere, möglicherweise mit Beton ummantelte Sprengkörper liegen könnten, sieht die Polizei diese Notwendigkeit nicht.

Wie Polizeisprecher Norbert Hardt erklärte, sei angesichts der Menge an Bauschutt, die über ein Jahr hinweg auf dem Grundstück angeliefert worden sei, nicht mehr nachvollziehbar, auf welchen Schuttberg welcher Abraum deponiert worden sei. Das habe der Firmeninhaber gegenüber der Polizei ausgesagt, so Hardt. Die Firma verfüge zudem über alle Genehmigungen, dort Bauschutt zu recyceln.

Derweil melden bei der Hotline der Stadt in der Euskirchener Feuerwache immer noch Bürger Schäden. Die Stadt geht davon aus, dass 200 bis 250 Gebäude bei der Explosion beschädigt wurden.

Bei der Hotline der Stadt Euskirchen können Geschädigte sich melden unter Tel. (0 22 51) 1 24 13 51.

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