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„Lindenstraße“ im AltenzentrumBeim ersten Film-Kuss an Freund gedacht

Lesezeit 4 Minuten
aus der Fernsehserie „Lindenstraße“, Marie-Luise Marjan (l.) und Anna Sophia Claus, saßen im Altenzentrum Weilerswist leibhaftig auf der Bank und erzählten von ihrer Arbeit bei Filmaufnahmen und aus ihrem privaten Leben.

aus der Fernsehserie „Lindenstraße“, Marie-Luise Marjan (l.) und Anna Sophia Claus, saßen im Altenzentrum Weilerswist leibhaftig auf der Bank und erzählten von ihrer Arbeit bei Filmaufnahmen und aus ihrem privaten Leben.

Weilerswist – „Anna Sophia hat keine Flausen im Kopf, sie ist fest geerdet“, lobte Schauspielerin Marie-Luise Marjan, die in der „Lindenstraße“ die Rolle der Mutter Beimer verkörpert, ihre junge Kollegin Anna Sophia Claus. Die 19-Jährige, die Ende Mai 20 Jahre alt wird, spielt in der Fernsehserie ihre Enkelin Lea. Entsprechend interessiert waren Bewohner des AWO-Altenzentrums Weilerswist , von den beiden Schauspielerinnen Geschichten von Dreharbeiten zu hören und auch ein paar private „Geheimnisse“ zu erfahren.

Viele Senioren kennen die beiden Darstellerinnen schon seit vielen Jahren aus dem Fernsehen, und sie staunten nicht schlecht, als sie erkannten, dass das Mädchen aus der „Lindenstraße“ tagein tagaus bei ihnen ist. Denn die Lea-Darstellerin kommt aus Lommersum, wohnt derzeit in Euskirchen und absolviert in der Residenz am Rosenhügel eine Ausbildung als Altenpflegerin.

„Natürlich will ich Schauspielerin werden, aber ich möchte mir zuerst eine Grundlage schaffen, mit der ich mein Leben bestreiten kann, wenn mein Traum von der Schauspielerei nicht in Erfüllung gehen sollte “, erklärte Claus. Seit ihrem vierten Lebensjahr spielt sie in der Lindenstraße die Enkelin von Mutter Beimer. Beim gemeinsamen Auftritt mit Marie-Luise Marjan verriet sie, wie sie zum Film kam: „Ich begleitete meine große Schwester zu einem Casting und wollte unbedingt auch fotografiert werden, so kam ich in die Kartei und wurde später für diese Rolle ausgewählt.“ Als sie dann zum Casting eingeladen worden war, musste sie aus einem Fenster springen. Darunter stand, für die Kamera nicht sichtbar, ein Becken, das mit Bällen gefüllt war. Die vierjährige Anna Sophia sprang mit einer solchen Leidenschaft, dass sie direkt einen festen Platz in den Herzen der Filmleute eroberte.

Die Senioren nutzten die Gelegenheit, Fragen zu stellen. So wollten sie wissen, was denn die schwerste Rolle gewesen sei. „Mein erster Film-Kuss“, antwortete Claus spontan. Sie sei damals gerade erst mit ihrem ersten festen Freund zusammen gewesen und musste nun einen Kollegen mit echter Leidenschaft küssen, was für sie sehr unangenehm und schwierig war – besonders, da der Freund den Kuss ja im Fernsehen sehen würde. Eine Rolle vor laufender Filmkamera sei „auch so schon schwer genug“, so die 19-Jährige.

„Ich vergleiche das gern mit Stabhochsprung: Man springt aus dem Stand, genau auf den Punkt“, erklärte Marjan. Die Kamera sehe sofort, wenn man abgelenkt sei. Und an den Augen erkenne dann auch der Fernsehzuschauer genau, wenn man an etwas anderes gedacht habe als an die Rolle. Im Theater sei das nicht so schwerwiegend, denn da säßen die Zuschauen ja viel weiter vom Schauspieler weg als zu Hause vor dem Fernseher.

Marjan hatte für die Senioren ihr Buch „Kindheitsträume“ mitgebracht. Dieses Druckwerk ist eine Sammlung von Kindheitsgeschichten prominenter Personen. Marjan zeigte auf der kleinen Bühne im Weilerswister Altenzentrum, dass sie nicht nur Schauspielerin ist. Gemeinsam mit Senioren sang sie den Evergreen „Oh mein Papa“, bevor sie aus ihrem Buch die Geschichte einer evangelischen Bischöfin las, die sich in ihrer Kindheit nichts anderes wünschte, als Clown zu sein und im Herzen auch immer dieser Clown gewesen sei.

Ähnlich einfühlsam vermittelte sie das Kapitel, in dem Sängerin Nana Mouskouri schilderte, wie sie als Kind eines Filmvorführers in einem griechischen Freilichtkino aufgewachsen sei und den Traum von einer großen Sängerin träumte, der ja dann auch in Erfüllung ging. Diese Geschichte beendete Marjan im Chor mit den Senioren, indem sie gemeinsam sangen: „Ein Schiff wird kommen.“

Der Gedanke zu einem gemeinsamen Auftritt in Weilerswist ist bei Dreharbeiten entstanden. Marie-Luise Marjan sagte zu ihrer Film-Enkelin, man könne doch mal gemeinsam etwas machen. Die Regisseurin der „Lindenstraße“, Kerstin Krause, warf dazu spontan ein, dass der ideale Ort für einen gemeinsamen Auftritt der Ausbildungsplatz von Anna Sophia Claus sei.

Nach einem kurzen Gespräch mit Heimleiterin Lüfthildis Swiderek-Brose war das Treffen zwischen Filmstars und Heimbewohnern schnell geplant. Und die Senioren hatten Freude an Mutter Beimer und Lea. Marie-Luise Marjan durfte erst gehen, nachdem sie Widmungen in ihr Buch geschrieben hatte. Elmar Driver vom Lingen-Verlag sorgte dafür, dass die Senioren nicht den Preis von 19,90 Euro bezahlen mussten, sondern nur die Hälfte. Anna Sophia Claus können die Senioren noch öfter treffen. Sie ist erst im ersten von drei Lehrjahren.

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