Dahlemer BinzDer lange Weg zum modernen Flugplatz

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1964 kam der Flugzeugkonstrukteur Alfons Pützer aus Bonn auf das Flugplatzgelände.

1964 kam der Flugzeugkonstrukteur Alfons Pützer aus Bonn auf das Flugplatzgelände.

Dahlem – Die Pioniere des Eifeler Flugplatzes, Flugsportfreunde aus dem Altkreis Schleiden, fanden sich bereits Anfang der 1950er Jahre zusammen. Sie gründeten zwar den Luftsportclub (LSC) Eifelflug, doch da die private Fliegerei durch die Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg noch verboten war, beschäftigten sich die flugbegeisterten Eifeler zunächst mit Modellbau-Fliegern. Bis sich ihr Traum vom Fliegen erfüllte, sollten noch einige Jahre ins Land gehen.

Ihr großer Tag war 1957, als der Pachtvertrag für eine 43 Hektar große Wiese unterzeichnet wurde, von der sich wohl nur fantasiebegabte Menschen vorstellen konnten, dass dort Flugzeuge starten und landen sollten. Doch die Pioniere der Binz hoben „ihren Flughafen“ aus der Taufe. Die Entwicklung hin zu dem Unternehmen, das die Binz heute ist, hätten sich die tollkühnen Eifeler Flieger vor 60 Jahren wohl nicht träumen lassen.

„Auf der einst mit Ginster und Hecken bewachsenen Fläche auf dem Plateau der Dahlemer Binz, die jetzt rund 51 Hektar umfasst, befindet sich t heute ein Verkehrslandeplatz, dessen Ausstattung als vorbildlich, modern und zukunftsorientiert gilt“, fasst Helmut Etten, Geschäftsführer der Flugplatz-Gesellschaft und Allgemeiner Vertreter des Dahlemer Bürgermeisters, die Entwicklung der vergangenen sechs Jahrzehnte zusammen. Das Jubiläum wird am 2. und 3. September mit einem großen Fest gefeiert.

Die Binz entwickelte sich von einem reinen Segelflugplatz, als der sie 1957 an den Start ging, zu einem Flugsportzentrum und Gewerbestandort. „60 Jahre Dahlemer Binz ist Anlass, eine kurze Rückschau zu halten, wie der Flugplatz entstand und welche Entwicklung er nahm“, so Etten.

Die Bemühungen der Flugsportpioniere mündeten im Juli 1957 in einen endgültigen Pachtvertrag. „1957 kann somit auch als das Gründerjahr des Flugplatzes Dahlemer Binz bezeichnet werden“, sagt Etten: „Platzhalter und Betreiber war der LSC Eifelflug.“ Es waren sehr bescheidene Anfänge: Der Gründerverein ebnete die Wiese ein, so dass die ersten Segelflugzeuge starten konnten. Zudem errichteten sie eine Flugzeughalle und ein Jugendfliegerheim (heute befinden sich dort Hotel und Restaurant) sowie den Tower.

Mitte der 1960er Jahre wurde die Start- und Landebahn asphaltiert. 1966 ging die Trägerschaft auf eine GmbH über, die Flugplatz-Gesellschaft Dahlemer Binz mbH. Gesellschafter waren die Gemeinde Dahlem, Amt Schmidtheim, der Luftsportclub Eifelflug und Flugzeugkonstrukteur Alfons Pützer aus Bonn (s. „Der Flugzeugbauer“). Bis 1980 schieden nach und nach die Gesellschafter bis auf die Gemeinde Dahlem aus. Seitdem liegt die Verantwortung in den Händen der GmbH und der Gemeinde als Alleingesellschafterin. Deren Aufgaben werden durch deren Flugplatzausschuss unter dem heutigen Vorsitz von Manfred Kolf wahrgenommen.

Motorisierte Flieger halten Einzug

Ab 1969 wurde der Segelflugplatz unter dem Namen „Verkehrslandeplatz Dahlemer Binz“ als Landeplatz für den allgemeinen Flugverkehr anerkannt. War der Flugplatz in seinen ersten Jahren ein Tummelplatz der Segelflieger, hielten nun auch die motorisierten Flieger Einzug auf der Binz.

Die Jahre 1970 bis 1979 waren von vielen baulichen Tätigkeiten geprägt. Es wurde eine befestigte, 1070 Meter lange und 30 Meter breite Start- und Landebahn gebaut. Parallel dazu wurde ein zehn Meter breiter Rollweg angelegt. Der heutige Kontrollturm und eine neue, größere Flugzeughalle entstanden. Das ehemalige Fliegerheim wurde zu einem Hotel mit Restaurant umgebaut. Die damalige K74 wurde verlegt. Sie dient seitdem als Betriebsweg des Flugplatzgeländes. Zusätzlich entstand ein Campingplatz.

Mitte der 1980er Jahre meldete Daimler Benz Interesse an, im Wald nördlich der Binz eine Auto-Teststrecke zu bauen. Aus Gründen des Naturschutzes wurde dieses Unterfangen jedoch schließlich aufgegeben. Aus der Teststrecke wurde zwar nichts, aber noch heute mieten immer wieder namhafte Autofirmen das Gelände an. Mal werden Sicherheitstests durchgeführt, mal werden Werbefotos gemacht. Auch Filmteams zieht es immer wieder auf den Flugplatz. „Einmal war sogar Roger Moore hier“, erinnert sich Etten.

GSG 9 und Bundeswehr

Eine legendäre Einsatzgruppe der Bundespolizei ist regelmäßig auf der Binz zu Gast: die GSG 9 führt mitsamt ihrer Hubschrauber in der Eifel spezielle Übungen durch. Auch die Bundeswehr nutzt die Binz ein- oder zweimal im Jahr als Anflug-Übungsplatz. Die Binz hat sich zudem als Austragungsort von Flug- und Motorsport-Wettbewerben bewährt.

Um die Jahrtausendwende wurde fieberhaft modernisiert, vieles kam in Bewegung. Es entstanden vier neue Flugzeug-Unterstellhallen. In ihnen stehen inzwischen über 50 Motor- und rund 60 Segelflugzeuge.

Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen von in die Jahre gekommenen Rollwegen, Hallenvorfeldern und Flugzeughallen wurden durchgeführt. Die technischen Ausrüstungen wurden auf den neuesten Stand gebracht, zeitgemäße PC-Technik wurde eingeführt, die Funkausstattung und die Wettermessgeräte im Tower erneuert. Die Tankanlage wurde auf drei Kraftstoffarten erweitert und automatisiert. Der komplette Maschinenpark des Platzhalters wurde erneuert.

Bei schlechter Witterung war die Hochspannungsleitung am Flugplatz eine Gefahr. Es wurde überlegt, die 110-kV-Leitung zu verlegen – was jedoch mit immensen Kosten verbunden gewesen wäre. Stattdessen wurde zur Erhöhung der Flugsicherheit – und auch zur Erfüllung europäischer Sicherheitsstandards – eine Anflug-Gleitwinkel- sowie eine Bahn- und Anflugbefeuerung installiert. Die Flugzeuge werden so auch bei Grenzwetterlagen mit Lichtern geführt.

Großes Fallschirmsportzentrum in Binz

Auch das Gelände für den Segelflug wurde zur Erhöhung der Sicherheit überarbeitet. An den Enden der drei Bahnen wurden 200 Meter neue Sicherheitsflächen asphaltiert. „Man kann den Platz aus der Luft meilenweit sehen“, so Etten. „Knapp vier Millionen Euro wurden in meiner Zeit als Geschäftsführer investiert, wobei das Land Schützenhilfe leistete“, sagt er.

Die Fallschirmsport-Firma „Sky-Fun“ wählte im Jahr 2012 den Flugplatz aus, um sich in der Eifel als eines der größten Fallschirmsportzentren in Deutschland zu etablieren. Eine der Nachfolgefirmen der Sportavia war die E.I.S. Aircraft. Ein bitterer Schlag: 2014 verließ dieser Entwickler und Hersteller von maßgefertigten Bauteilen für die zivile und militärische Luftfahrt die Dahlemer Binz und zog nach Euskirchen um. Die Firma E.I.S. war mit rund 60 Beschäftigten der größte Arbeitgeber der Gemeinde Dahlem.

Die Flugplatz GmbH ließ deren Produktionshalle als Vermietungsobjekt herrichten. Hier entstand Platz auch für Flugzeuge und den Fallschirmsport. In den vergangenen Jahren zog es weitere Flugsportvereine auf die Binz, inzwischen sind es 14. Etten: „Von den Fliegern ist immer wieder zu hören: ,Wir fühlen uns hier sehr, sehr wohl.’ Die Binz ist heute mit einer der schönsten und modernsten Flugplätze in der Bundesrepublik.“

Der Flugzeugbauer

Schon 1964 kam Flugzeugkonstrukteur Alfons Pützer (1918 bis 1993) aus Bonn auf das Flugplatzgelände der Binz. Gemeinsam mit französischen Teilhabern gründete er die Sportavia-Pützer GmbH. Pützer errichtete auf dem von ihm erworbenen Grundstück eine Produktionsstätte für Leichtbauflugzeuge.

Rudi Leidinger, ehemaliger Flugleiter auf der Binz, arbeitete früher bei Pützer. Pützer entwickelte auf der Binz die RS-180 Sportsman, ein leichtes, einmotoriges und viersitziges Motorflugzeug. Ferner wurden Motorsegler gebaut. Eine Variante davon waren die RF 4 und die Weiterentwicklung, die Version RF-5B mit dem Beinamen Sperber. Die RF-5 ist ein doppelsitziger Reisemotorsegler. Leidinger: „Die RF 4 haben wir über 120 Mal gebaut und sie wurde besonders gut in Finnland, Schweden und Amerika verkauft.“

An die Partenavia P.68, die auf der Binz für die Bundespolizei gebaut wurde, erinnert Leidinger sich gut. Die Kanzel bestand komplett aus Plexiglas. Hiervon wurde auf der Binz nur ein Exemplar gefertigt.

Auch für Airbus hat Pützer gearbeitet. Laut Leidinger wurde etwa ein kompletter Rumpf gebaut, an dem die Menschenrettung und Evakuierung geübt werden konnten. Leidinger: „Wir bauten einige Hubschraubermodelle 1:1 zu Ausstellungszwecken für die Bundeswehr. Absolutes Highlight war das 1:1-Modell eines Eurofighters.“

Ende 1976 veräußerte Alfons Pützer seine Anteile und schied aus der Firma aus. Bei Sportavia und ihren Nachfolgeunternehmen arbeiteten zeitweise bis zu 110 Personen. (bk)

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