GesundheitTauziehen um Augenarzt-Praxis in Dahlem

Lesezeit 4 Minuten
Die augenärztliche Versorgung in den ländlichen Kommunen des Kreises Euskirchen ist zurzeit alles andere als optimal.

Die augenärztliche Versorgung in den ländlichen Kommunen des Kreises Euskirchen ist zurzeit alles andere als optimal.

Dahlem – Dahlem. Wer in der Gemeinde Dahlem wohnt und Probleme mit seinen Augen hat, der ist gezwungen, eine längere Anfahrt zu einem Facharzt in Kauf zu nehmen. Die nächstliegenden Augenarztpraxen sind in Schleiden und Mechernich. Das war nicht immer so. Bis zum Frühjahr 2014 praktizierte der Düsseldorfer Augenarzt Dr. Hans-Heinz Kleine ein bis zwei Tage in der Woche in seiner Filialpraxis in der Kölner Straße in Dahlem. Vor zwei Jahren verstarb der Mediziner, der in Dahlem auch ein Wochenenddomizil hatte, überraschend.

Die Praxis, die nicht nur Patienten aus dem Südkreis, sondern auch aus dem benachbarten Rheinland-Pfalz und Ostbelgien anlockte, wurde aufgelöst. „Es ist ein Jammer, dass Dr. Kleine so früh verstorben ist“, bedauerte Dahlems Bürgermeister Jan Lembach, der sich in den zurückliegenden Monaten mit dem Dahlemer Josef Schweinheim darum bemühte, einen Nachfolger für Kleine zu finden.

Die Rosinen herausgepickt

Die Suche war von Erfolg gekrönt: Dr. Eugenio Innocenti, ein ebenfalls in Düsseldorf praktizierender Augenarzt, erklärte sich bereit, eine Zweigpraxis in Dahlem zu eröffnen – ähnlich wie sein verstorbener Kollege Kleine an maximal ein oder zwei Tage in der Woche. Die beiden Fachärzte kannten sich und arbeiteten lange Zeit zusammen.

Sehr zum Verdruss von Bürgermeister Lembach und vielen Bürgern wird Innocenti jedoch vorerst nicht in der Eifel praktizieren können. Denn die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein hat einen entsprechenden Antrag des Düsseldorfer Mediziners abgelehnt. „Diese Entscheidung halten wir angesichts der drängenden Problematik der ärztlichen Versorgung für fatal. Die Folge sind auch in Zukunft lange Wege für die zumeist älteren Bürger zu den Augenärzten“, schimpfte Lembach.

Dr. Joachim Oldendörp, Augenarzt aus Euskirchen und im Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung des Kreises tätig, sieht die Sache anders. „Wir haben uns gegen die Zweigpraxis ausgesprochen, weil es nicht angeht, dass sich Kollegen aus den Großstädten die Rosinen rauspicken und wir die restliche Arbeit erledigen müssen“, sagte er dieser Zeitung auf Anfrage.

Im Kreis Euskirchen gebe es eine bindende Bedarfsplanung für Augenärzte. Mit zehn Praxen sei die Region sogar leicht überversorgt. Dass die meisten Fachärzte im Nordkreis rund um Euskirchen niedergelassen sind, sei logisch, weil dort die Bevölkerungsdichte größer sei.

Als Dr. Kleine noch in Dahlem praktizierte, habe er seine Patienten aus der Eifel zu Operationen zu Kollegen nach Düsseldorf geschickt. „Und wenn es anschließend zu Komplikationen kam, standen die Leute bei mir im Wartezimmer“, so Oldendörp.

Ähnlich äußerte sich auch Dr. Franz-Josef Zumbé aus Tondorf, der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung im Kreis. „Meistens stecken hinter solchen Filialpraxen ja richtig große Firmen wie zum Beispiel Helios. Da geht es in erster Linie darum, Patientenströme in die richtige Richtung zu lenken“, erklärte Zumbé auf telefonische Nachfrage.

Die in diesen Praxen tätigen Augenärzte seien auch kaum dazu zu bewegen, Notfalldienste zu übernehmen. „Ich würde den Dahlemern ja gerne helfen“, versicherte der Tondorfer. Im nächsten Jahr würden die Bezirke für die medizinische Versorgung kreis- und landesweit neu geordnet. Möglicherweise ergebe sich dadurch eine neue Chance für eine Facharztpraxis in Dahlem.

Für die Einlassungen der KV-Vertreter hat Heinz Rütz (CDU), langjähriger Kommunalpolitiker in der Gemeinde Dahlem, nur wenig Verständnis: „Wenn man gesehen hat, wie viele Leute freitags in die Praxis von Dr. Kleine gekommen sind, kann man über die Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung nur den Kopf schütteln“, sagt Rütz. In einer Randlage wie Dahlem müsse man auch über die Kreis- und Landesgrenzen hinweg denken.

„Wenn ich einen normalen Termin beim Augenarzt haben will, muss ich ein halbes Jahr warten“, so Rütz weiter. Da könne man keinesfalls von einer ausreichenden Versorgung reden. Außerdem seien es meist ältere Leute, die zum Augenarzt müssten. Eine Anreise bis Mechernich oder Schleiden sei für viele schon sehr beschwerlich.

Beschwerliche Anreise

„Bei mir bekommt man innerhalb von 14 Tagen einen Termin“, konterte Oldendörp Rütz’ Vorwurf. Etliche Dahlemer hätten sich seinerzeit von Dr. Kleine zu Augen-OPs in Düsseldorf überreden lassen. Der Weg in die Landeshauptstadt sei deutlich länger.

Die Dahlemer werden ihren Kampf um die Augenarzt-Filiale nicht aufgeben. „Dr. Innocenti wird einen neuen, modifizierten Antrag an die Kassenärztliche Vereinigung stellen. Schließlich geht es ja eigentlich um eine bestehende Praxis, die von einen anderen Arzt neu besetzt wird“, so Lembach.

Rundschau abonnieren