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Eifel2500 Besucher buddelten nach Fossilien und schauten sich Ausgrabungen an

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Das Fossil einer Runzelkoralle zeigte Prof. Dr. Renate Gerlach auf einem Feld bei Lindweiler.

Das Fossil einer Runzelkoralle zeigte Prof. Dr. Renate Gerlach auf einem Feld bei Lindweiler.

Eifel – „Wir sind heilfroh, dass die Veranstaltung heute stattfindet“, freute sich Dr. Ulrike Müssemeier, wissenschaftliche Referentin des LVR, über das sonnige Wetter. Dass deutlich mehr Menschen an der Archäologietour teilnahmen, als sie kalkuliert hatte, war ihrer Meinung nach zum großen Teil dem hervorragenden Herbstwetter geschuldet.

Auch bei der elften Auflage der Archäologietour Nordeifel gab es für kleine und große Besucher viel zu entdecken. Einen ganzen Tag lang durften die Besucher den Fachleuten aus Archäologie, Paläontologie und Denkmalpflege über die Schulter schauen. Unterschiedliche historische Bodendenkmäler an sechs verschiedenen Orten luden zum Erkunden ein. Die Experten gewährten dem interessierten Publikum spannende Einblicke hinter die Kulissen ihrer vielseitigen Arbeit. Gemäß dem Motto „Eine Reise durch die Zeiten“ konnte man dank zahlreicher Mitmachaktionen und Ausstellungen vor Ort die Geschichte der Region hautnah erleben.

Erstmalig war die Stadt Euskirchen dieses Jahr mit einem Tourziel vertreten. Fachleute führten die Gäste über das Gelände des LVR-Industriemuseums Tuchfabrik Müller in Kuchenheim. Dort hatte einst eine Wasserburg gestanden, von der ein Eckturm und der Umfassungsgraben erhalten geblieben sind. Riza Smani, der die Ausgrabungen 2004/05 technisch geleitet hatte, präsentierte dem Publikum spannende Erkenntnisse und interessante Funde.

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Im Verlauf des Abrisses eines alten Verwaltungsgebäudes der Tuchfabrik sei man zuerst auf Bruchsteinmauern gestoßen. Man habe den zweiten Eckturm gesucht, den es aber gar nicht gab, so Smani. Probenentnahmen an den Balken ließen eine Datierung der Holzbrücke am Zugang des Gebäudes auf Mitte des 14. Jahrhunderts zu.

Für die Kinder stand in Kuchenheim die mittelalterliche Wollverarbeitung auf dem Programm. Sie durften sich im Kämmen, Weben, Filzen oder auch im Spinnen mit der Handspindel versuchen. Museumspädagogin und Archäologin Maren Petersen zeigte und erklärte den jungen Besuchern den aufwendigen Herstellungsweg von der Schafschur bis zur fertigen Textilie. „Es ist wichtig, Kinder schon früh an kulturelle Dinge heranzuführen“, sagte Sieglinde Mühlens. Sie engagiert sich mit ihrem Mann ehrenamtlich für den LVR und begleitete die Archäologietour schon im dritten Jahr.

Wenn Kinder und Jugendliche mehr über die geschichtlichen Hintergründe wüssten, respektierten sie die dahinterstehende Arbeit wesentlich mehr, sagte sie.In Antweiler drehte sich alles um die Römerzeit. Am 2016 freigelegten Landgut aus dem 2./3. Jahrhundert gab es eine Reihe von Exponaten zu bestaunen, die am Ortsrand bei einer Notgrabung im Zuge des Baus eines Regenrückhaltebeckens entdeckt worden waren. Neben den Führungen informierten Pläne und Fotos über den Sensationsfund.

Funde durften mit nach Hause genommen werden

Passend zum Thema servierten die Frauen des Ortskartells die römische Bauernsuppe „Tisana“, eine Gerstensuppe mit Gemüse. Dazu gab es Gladiatorenfladen aus Vollkornmehl und einen Dipp, „Moretum“ genannt. Ihren Namen erhielt diese Paste aus Ziegen- oder Schafskäse, Olivenöl und Gewürzen von der Reibschale, dem „mortarium“, in dem sie hergestellt wurde.

Sylvia Günther, die beim LVR für die Dokumentation bei der Außenstelle Nideggen tätig ist, führte archäologische Sandkastengrabungen für kleine Entdecker durch. Nach einer kurzen geschichtlichen Erklärung anhand eines bunten Plakats, wie Tonscherben und andere Relikte denn überhaupt in die Erde kamen, durften die jungen Besucher loslegen. In präparierten Kisten stellte Sylvia Günther mit ihnen den Ablauf einer echten Ausgrabung nach. Wer ein Stück fachkundig „ergraben“, gezeichnet und geborgen hatte, durfte seinen Fund dann auch als Erinnerung mit nach Hause nehmen. „Erst sind die meisten Kinder sehr zurückhaltend, aber dann sind sie von der Station nicht mehr wegzukriegen“, berichtete Günther.

Der Fossilienacker in Lindweiler erfreute sich nicht nur bei den Kindern großer Beliebtheit. Wer nach dem Dauerregen am Vortag mit passendem Schuhwerk ausgerüstet war, wurde auf dem eigens für den Tag der Archäologietour frisch umgepflügten Acker bald fündig.

„Wir sind keine Geologen geworden, um Wissenschaft zu machen, sondern weil wir im Dreck wühlen wollen“, scherzte Diplom-Geologe Dr. Hans Martin Weber angesichts der schlammigen Ausgrabungsstätte. Mit Geduld und dem richtigen Blick förderten die Besucher dort zum Teil auch seltene Fossilien zutage. Unter der fachkundigen Anleitung der Mitarbeiter des Geologischen Dienstes NRW konnten die Hobby-Ausgräber ihre Funde sammeln, schleifen und bestimmen lassen.

Prof. Dr. Renate Gerlach vom Amt für Bodendenkmalpflege erklärte, wie aus den Meeresbewohnern der heute in der Rohrer Mulde vorherrschende Kalkstein entstand. „Das war in einem Erdzeitalter, in dem es keine Dinos und keine Menschen gab“, sagte sie. Der Kalkstein habe seinen Ursprung vor 385 Millionen Jahren am Boden eines flachen, tropisch-warmen Meeres mit ausgedehnten Riffen. Daher rühre auch der Name der hier vorherrschenden „Riff-Fossilien“, so Gerlach.

Wo große Vorkommen an Kalkstein vorherrschten, entstanden häufig Ortschaften mit Kalkbrennereien. Bei Führungen des Dorfvereins Lindweiler an dem im 19. Jahrhundert erbauten Ofen erfuhren die Besucher, wie man damals den abgebauten Kalkstein zum vielseitigen Baustoff verarbeitete. Befeuert worden war der historische Kalkofen zuletzt im Zuge der 900-Jahr-Feier der Ortschaft 2014.

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