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„ZAB“-BierNach 90 Jahren wird in Kreuzweingarten wieder gebraut

Lesezeit 6 Minuten
Sogar Wunsch-Biere kann Brauer Konstantin Kastl nun in der Braustube in Kreuzweingarten herstellen.

Sogar Wunsch-Biere kann Brauer Konstantin Kastl nun in der Braustube in Kreuzweingarten herstellen.

Euskirchen-Kreuzweingarten – Es gibt eine neue Brauerei im Kreis Euskirchen: Im alten Brauhaus in Kreuzweingarten wird wieder Bier hergestellt.

Der in Bad Münstereifel lebende Brauer Konstantin Kastl, der im Hauptberuf bei der Firma Gerolsteiner arbeitet, lässt sich künftig gerne von den Gästen des Alten Brauhauses dabei beobachten, wie er einen Sud zubereitet und seine Rezepturen zusammenstellt. Der Kontakt zum von Geschäftsführerin Marlies Stock geführten Brauhaus kam auf kuriose Weise zustande.

„Voriges Jahr kam meine kleine Tochter Johanna zu mir und sagte, sie hätte gerne ein neues Fahrrad“, berichtet Kastl. Man suchte sich ein Modell aus und fand bei Ebay ein günstiges, fast neues Rad.

Als Kastl dieses beim Besitzer in Köln abholte, kam er über Umwege in Kontakt zu Marlies Stock, die damals das Brauhaus in Kreuzweingarten renovieren ließ. Die suchte einen Braumeister und hatte eigentlich gedacht, sie müsse einen Brauer aus Düsseldorf engagieren. Dass sich jetzt ein Bad Münstereifeler fand, ist natürlich ideal.

„Bierbrauen war immer meine Leidenschaft. Ich sehe das nicht als Belastung, sondern als Entspannung“, sagt Kastl, der studierter Getränkeingenieur ist. „Wir machen zwar genau das Gleiche wie die großen Brauereien, doch die Mengen, die wir produzieren, sind wesentlich kleiner“, erläutert er. „Bei uns dauert ein Sud genau so lang wie in Großbrauereien zehn Stunden. Bloß, das bei uns nichts automatisiert ist“, sagt er.

Es gibt derzeit einen Trend zu kleinen Craft-Brauereien, die individuell Biere für kleinen Bedarf herstellen können. Pro Brauvorgang können in Kreuzweingarten aus Wasser, Hopfen und Malz 225 Liter Bier hergestellt werden. Die werden dann natürlich im Gasthaus den genussfreudigen Gästen serviert.

Im Sommer können sie im Biergarten sitzend durch eine Glasscheibe in die kleine Braustube spinxen. Besonders idyllisch ist dabei, dass der Blick weiter zur Straße durch eine Scheibe auf ein uriges Fachwerkhaus fällt.

„Man kann viel über Bier lesen. Aber wenn man den Brauvorgang selbst einmal mit angesehen hat, hat man dazu eine ganz andere Einstellung“, sagt Kastl. „Es kann sein, dass jemand drei Meter entfernt von mir im Biergarten sitzt und mir später ein Feedback über unsere Arbeit gibt. Solche Gespräche sind immer sehr hilfreich“, freut er sich auf viele Kontakte.

Und er will einen ganz besonderen Service anbieten: „Wenn jemand eine gewisse Vorstellung von einem Bier hat, das er gerne einmal trinken würde, kann er sich mit uns zusammensetzen. Falls er 220 Liter von uns abnimmt, brauen wir ein Bier nach seinen Vorstellungen.“

Das hört sich nach einer ganzen Menge an, doch ist das gar nicht mal so viel, wenn eine größere Hochzeits- oder Geburtstagsgesellschaft für ihr Fest ihr spezielles Bier gebraut bekommen möchte. Ein wenig Vorlauf ist natürlich vonnöten, denn der Gerstensaft benötigt bis zur Reife 21 Tage. Ein Pils wird Kastl nicht herstellen, sondern nur obergärige Biere. „Wir sind hier ja in einer Kölsch-Region“, sagt Kastl. Aber natürlich kann er sein obergäriges Bier nicht Kölsch nennen, dafür fehlt von Kreuzweingarten aus der Blick auf den Dom.

„Unser Bier heißt der ZAB“, freut sich Marlies Stock sichtlich über die neu kreierte Marke. ZAB steht natürlich für „Zum alten Brauhaus.“ Die Brauerei ist etwas später fertig geworden, als man eigentlich geplant hatte, daher wurde das erste „ZAB“-Bier zunächst in Köln gebraut.

Doch jetzt startet die Produktion in Kreuzweingarten: „Hier am Ort gab es zwischen 1860 und 1920 eine Brauerei“, sagt Mitarbeiter Thomas von Döllen. Zeitzeugen seien aber natürlich heute nicht mehr zu finden. In den 1920er Jahren sei das Haus dann von den Herren von Mallinckrodt umgebaut, der Saal erweitert und als Sporthalle ausgebaut worden. Der heute noch sichtbare Schriftzug „Gasthaus zum Alten Brauhaus“ stamme noch aus dieser Zeit. „Das ist das letzte Zeichen, dass hier gebraut wurde“, sagt von Döllen.

Im Brauhaus werden derzeit ein helles, ein dunkles und ein Weizenbier ausgeschenkt. Die Biere sind nicht filtriert, enthalten also Hefe. Konstantin Kastl: „Wenn man filtrieren würde, ginge der Charakter einer Gasthausbrauerei verloren.“ Und außerdem gibt er zu bedenken: Es gebe Spezialdragees für feste Fingernägel und schöne Haut, die aus gepresster Bierhefe bestünden. Getränkeingenieur Kastl freudestrahlend: „Man kann also im Kreuzweingartener Brauhaus sich und andere schön trinken. Das ist eben ein Wellnessprogramm.“

Das Brauhaus hat aber nicht nur einen neuen Brauer, sondern auch ein neuer Küchenmeister wirbelt hinter den Kochtöpfen. Der Kölner Koch Jörg Bernshausen wird für eine laut Marlies Stock „gehobene Brauhausküche“ sorgen, in der bevorzugt Zutaten aus der Region verwendet werden sollen.

Gelernt habe er im traditionellen früheren Kölner Sterne-Restaurant Haus Bremer an der Dürener Straße. Seit damals hat er in etlichen hochkarätigen Restaurants gekocht (siehe Kasten).

Karrieren

Brauer Konstantin Kastl stammt aus Satzvey und wohnt in Bad Münstereifel. Er wurde bei der Brauerei Sünner in Köln ausgebildet und ging als Geselle in die Brauerei von Wenzel Hintermeyer, der die Marke „Warsteiner“

mit aufbaute. Danach studierte er in Geisenheim bei Mainz. Der Getränke-Ingenieur arbeitete für die Brauerei Gaffel in Gommern bei Magdeburg, später in Graz, bei Mainz und in Heerlen. Derzeit ist er bei Gerolsteiner beschäftigt.

Koch Jörg Bernshausen hat in zahlreichen Sterne-Restaurants gearbeitet: In Köln waren das Bremer, Rino Casati, „Chez Alex“ und Roland Bado. Zwei Jahre arbeitete er im „Negresco“ in Nizza bei Küchenchef Dominique Le Stanc. Danach war er Küchenchef im Kölner Restaurant Isenburg, es gab einen Abstecher ins Düsseldorfer Sterne-Restaurant „Im Schiffchen“ von Jean-Claude Bourgueil, zuletzt war er Küchenchef beim Kölner Euronova arthotel. (pe)

Mit Braumeister „Konny“ Kastl will er ein ganz besonderes Gericht kreieren, das es inklusive Likör und Spezialbier nur in Kreuzweingarten gibt. „Das hiesige Braumeistersteak habe ich schon ein bisschen verändert, was den Gästen schon aufgefallen ist“, lächelt Jörg Bernshausen.

Brauer Kastl wird am kommenden Samstag und Sonntag jeweils ab 12 Uhr Interessenten eine kleine Einführung in seine Arbeit geben. Er wird an beiden Tagen jeweils einen Sud ansetzen, eine Arbeit, die etliche Stunden dauert. Bei dieser Gelegenheit können die Gäste nicht nur das erste in Kreuzweingarten gebraute Bier, sondern auch den im Haus hergestellten Bierlikör probieren.

„Wie früher bei Muttern“ wird dieser mit Kräutern im Topf gekocht und mit etwas Alkohol versetzt. Sogar ein Schnaps soll später hergestellt werden: Er wird aus den Gärresten gebrannt, besonders gut dürfte er nach einem leckeren Essen schmecken. Der Kreuzweingartener Biergarten hat übrigens jeweils freitags, samstags und sonntags von 12 bis 22 Uhr geöffnet.

www.zab-eventhof.de

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