JVA EuskirchenMörder flieht nachts über Zaun – Häftling war am Tag zuvor aufgefallen

Lesezeit 3 Minuten
mfr_JVA_108_0680

Aus der Justizvollzugsanstalt in Euskirchen ist ein Häftling entflohen.

Euskirchen – Ein 50 Jahre alter Gefangener, der wegen Mordes einsaß, ist in der Nacht zu Mittwoch aus dem offenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt (JVA) Euskirchen geflohen.

Er war 1998   in  Bonn zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden, nachdem er in Niederkassel-Mondorf einen 19-Jährigen mit einem Kopfschuss getötet hatte.

In der Zeit zwischen Mitternacht und 1 Uhr am Mittwochmorgen stieg er vermutlich über den Zaun der JVA, wie die Leiterin der Anstalt, Renate Gaddum,  sagte. Dabei habe er offenbar  Verletzungen erlitten, die er in einer Klinik behandeln ließ. Dort verliere sich seine Spur.   Die Euskirchener Polizei fahndet nach dem Entflohenen.

Verurteilter Mörder saß bis 2015 in der JVA Remscheid

Der verurteilte Mörder hatte seine Strafe bis Juni 2015 im geschlossenen Vollzug in der JVA Remscheid verbüßt. Nach einer „umfangreichen Diagnostik“, so Gaddum, sei er als geeignet für den offenen Vollzug eingestuft worden. Er wurde nach Euskirchen verlegt, wo er sich bis Mittwoch „im Großen und Ganzen regelgerecht verhalten“ habe, so die Leiterin weiter.

Die 4. Große Strafkammer am  Landgericht Bonn  hatte in dem Mordprozess eine besondere Schwere der Schuld festgestellt.  Eine Entlassung aus der Haft wäre demnach frühestens am 19. Januar 2018 möglich gewesen.  Angesichts dieser recht kurzen  Zeitspanne   sei seine Flucht nicht nachvollziehbar, zumal  er „grundsätzlich eine gute Perspektive“ gehabt habe, so Gaddum.  

So wird der Mann beschrieben

Der Entflohene ist 1,76 Meter groß, hat braunes kurzes Haar, blaugraue Augen und Narben am rechten Oberschenkel und am rechten Unterarm. Bei der Klinik, die er wegen seiner  Verletzung  aufgesucht hat, soll es sich nach Informationen dieser Zeitung um das Kreiskrankenhaus Mechernich handeln. Vermutet wird, dass er mit einem Auto dorthin gefahren war.

Das Gefängnis in Remscheid hatte dem Häftling nach Gaddums Angaben seit  März 2015 mehrmals Ausgang gewährt.

In Euskirchen, wo derzeit 413 Inhaftierte untergebracht sind,  wurde er „nicht als gewalttätig eingeschätzt“, wie die Leiterin sagte.  Am Tag vor der Flucht war er allerdings aufgefallen. Im Rahmen einer Routinedurchsuchung sei  ein Mobiltelefon entdeckt worden, das er verbotenerweise in seinem Haftraum aufbewahrt habe.

Ob dieser Fund  möglicherweise zu einer Kurzschlusshandlung geführt habe, könne sie nicht  beurteilen, sagte Renate Gaddum.

19-jährigen Türken aus Dillenburg erschossen

Das Landgericht Bonn hatte den Dachdecker aus Mondorf-Niederkassel am 14.08.1998 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte einen damals 19-jährigen Deutsch-Türken aus Dillenburg erschossen hatte. Das Motiv war offenbar Geld, denn er beraubte den 19-Jährigen um 27.000 Mark. Anschließend versenkte er die mit einem Stein beschwerte Leiche in einem Weiher bei Much.

Vor Gericht hatte der Dachdecker damals angegeben, dass er 1996 die Dachdeckerfirma übernommen habe, dass es zwar bergauf gegangen sei, ihm die Banken dann aber wegen zu hoher Außenstände die Kredite sperren wollten. Als er keine Möglichkeit mehr sah, legal an Geld zu kommen, habe er sich entschlossen, einen Menschen auszurauben.

Das Gericht sah eine ,,besonderer Schwere der Schuld" vorliegen. Daß er verschiedene Delikte über einen längeren Zeitraum begangen habe, ,,zeugt von einer unglaublichen kriminellen Energie".

Rundschau abonnieren