Gerüchte auf FacebookMann droht mit Selbstmord – Falschmeldung behinderte Großeinsatz

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Bedrohungslage Mechernich

31-jähriger Mann hält zwei Kinder in Geiselnahme. Großeinsatz der Polizei mit Rettungsdienst in Mechernich.

Kreis Euskirchen – Facebook, Twitter, Whats-App und Co – sie sind in unserer digitalisierten Gesellschaft Fluch und Segen zugleich. Auch für die Polizei im Kreis Euskirchen. Viele Menschen finden es spannend, wenn in ihrer näheren Umgebung ein Polizeieinsatz stattfindet. Schnell werden dazu Nachrichten und Fotos über Soziale Netzwerke verbreitet.

Aber ist es wirklich sinnvoll, Details über solche Einsätze öffentlich weiterzugeben? Schließlich könnten dadurch auch Täter gewarnt werden. Wie Lothar Willems, der Pressesprecher der Polizei im Kreis Euskirchen, berichtet, sind  beim Großeinsatz am Dienstagmittag in Mechernich in den Sozialen Netzwerken auch Falschmeldungen verbreitet worden.

Geiselnahme im Kindergarten

Ein 31-jähriger Mann hatte damit gedroht, sich mit einem Messer das Leben zu nehmen. Er hatte zwei seiner Kinder bei sich. Ein Spezialeinsatzkommando konnte den Mann in seiner Wohnung überwältigen. Die Kinder blieben unverletzt. Der Mann ist inzwischen in eine geschlossene Anstalt eingewiesen worden.

Während der Einsatz lief, machte aber auch das Gerücht die Runde, dass es eine Geiselnahme in einem Kindergarten geben solle. Willems: „Solche Falschmeldungen können gerade bei aktuellen Ereignissen die Arbeit der Polizei behindern.“ Willems ist seit 2008 Sprecher der Polizei.

Grundsätzlich sei es gut, wenn sich Bürger für die Sicherheit in ihrem Umfeld interessieren, aufmerksam seien und sich an die Polizei wenden, wenn ihnen etwas Ungewöhnliches auffalle, aber: „Geht es um verdeckte Maßnahmen, wie etwa Durchsuchungen, die stark auf den Überraschungsmoment setzen, sind öffentlich verbreitete Beobachtungen über Soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter wenig hilfreich.“ Nicht jede Fahrt eines Streifenwagens müsse gleich gepostet werden.

Die Polizei im Kreis Euskirchen verbreitet über ihre Pressestelle  in einem  frei zugänglichen Internet-Portal Meldungen, ist aber noch nicht in Facebook oder Twitter vertreten. Beim Inhalt der Nachrichten überlege Willems mit seinem Stellvertreter Norbert Hardt immer, welche Mitteilungen an die Öffentlichkeit gehen sollen. Schließlich wolle man bei laufenden Einsätzen Straftäter nicht informieren, Einsatzkräfte in Gefahr bringen, Ängste bei anderen Bürgern schüren oder Gaffer an den Ort des Geschehens locken. Auch sei es für die Polizei wenig hilfreich, bei einer Festnahme von Menschen umringt zu werden, die ihr Smartphone gezückt haben und das Ganze filmisch oder fotografisch festhalten. Etwas gesunder Menschenverstand, Rücksichtnahme und Zurückhaltung seien hier angezeigt.

Gesunder Menschenverstand und Rücksichtnahme

Die Polizei in NRW und auch größere Behörden wie Köln und Bonn nutzen Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter für ihre Kommunikation mit Bürgern – um für Fragen zur Verfügung zu stehen, aber auch, um selbst Geschehnisse zu kommentieren oder zu erklären. Auch für Sach- oder Personenfahndungen nutzt die Polizei zunehmend die Sozialen Netzwerke, um einen größeren Personenkreis zu erreichen. Für die Nachwuchswerbung setzt die Behörde  ebenfalls auf Facebook & Co., denn damit erreicht sie vor allen Dingen junge Menschen.

Die Polizei im Kreis Euskirchen  ist in Sachen Soziale Netzwerke  noch in der Findungsphase, wie deren Behördenleiter und Landrat Günter Rosenke auf Nachfrage sagte. „Wir müssen sehr genau abwägen, was uns das bringt. Wenn man auf solchen Seiten präsent ist, muss man sie pflegen und auch aktuell sein. Das ist mit Zeit- und Personalaufwand verbunden.“ Er habe aber vor, das Thema bei nächster Gelegenheit mit Polizei-Abteilungsleiter Christian Außem zu erörtern. Sollte für Bürger eine akute Gefahr bestehen, werde aber auch frühzeitig gewarnt, versprach Willems: „Bei Einsatzlagen wie Amok oder Geiselnahmen übernehmen größere Behörden, die über einen Twitter- und Facebook-Account verfügen.“ Für ihn und seinen Kollegen Hardt ist es wichtig, dass die Bürger stets die Informationsquellen prüfen: „Wir arbeiten in erster Linie mit professionellen Journalisten zusammen, die gesicherte Informationen kanalisiert nach außen verbreiten.“  Er könne zudem über ein Diensthandy jederzeit Nachrichten in ein Online-Portal eintragen. Willems: „Dort können wir auch je nach Bedarf ein Dementi verfassen, sollte dies der Fall sein.“

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