Hellenthal-RamscheidHerz fürs pummelige Braunvieh – Zucht seltener Rinderrasse

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Kathrin Frauenkron und ihr Mann Kurt haben ein Faible für die seltene Rinderrasse Original Braunvieh. Sie sind die einzigen deutschen Züchter außerhalb Bayerns und Baden-Württembergs.

Kathrin Frauenkron und ihr Mann Kurt haben ein Faible für die seltene Rinderrasse Original Braunvieh. Sie sind die einzigen deutschen Züchter außerhalb Bayerns und Baden-Württembergs.

Hellenthal-Ramscheid – Das Läuten der Kuhglocken ist zu hören, das Muhen der Tiere auch. Die Geräuschkulisse erinnert ein wenig an die Alpen, doch der Stall der Tiere liegt mitten in der Eifel, in Ramscheid.

Und die Besitzer der Rindviecher keine hauptberuflichen Landwirte: Kurt Frauenkron (50) arbeitet in der Kosmetikbranche, seine Frau Kathrin (51) in der Zahnmedizin. Das Paar lebt in einem mehr als 300 Jahre alten Bauernhof, den die beiden liebevoll saniert haben.

Kurt Frauenkron stammt aus dem Ort, mit Landwirtschaft ist er aufgewachsen. Diese Vorkenntnisse sind ein Grund, warum die Frauenkrons in ihrer Freizeit einen Bauernhof führen, auf dem sie seltene Kuhrassen züchten. Dabei wollten sie zunächst nur ein Wochenendhaus herrichten.

Die Gesellschaft

Die GEH, die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen , wurde 1981 gegründet. Heute zählt der bundesweite Verein nach eigenen Angaben mehr als 2100 Mitglieder.

Neben Landwirten und Tierzüchtern kommen die Mitglieder aus den Bereichen der Agrarwirtschaft, Biologie, Veterinärmedizin, Administration und angrenzenden Bereichen. Auch Menschen, denen dieses Thema wichtig ist, schließen sich der Gesellschaft an.

Als Ansprechpartner sieht sich die GEH für die Belange der Erhaltungsarbeit, aktualisiert alljährlich die Rote Liste gefährdeter Nutztierrassen, benennt die „Gefährdete Rasse des Jahres“, initiiert Projekte wie das Arche-Hof-Projekt mit gut 90 Betrieben und unterstützt mit Regionalgruppen die Arbeit vor Ort. (küp)

„Neben der Antik-Leidenschaft bin ich quasi durchzogen mit einem Kuh-Gen“, scherzt Kurt Frauenkron. Ganz besonders angetan haben es ihm und seiner Frau das Original Braunvieh, eine vom Aussterben bedrohte Rinderrasse. „Klein, pummelig, geländehart. Diese Rasse war mal perfekt für karge Höhenlagen“, so der Züchter.

Dieser Rindertyp wurde über Jahrhunderte in der Landwirtschaft genutzt, sowohl als Zug- und Arbeitstier, als auch als Erzeuger von gehaltvoller Milche. Frauenkron: „Die Stärken liegen in der Genügsamkeit der Tiere und ihrer speziellen Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten.“

Das Braunvieh stammt von einem Rindertyp ab, der 2000 bis 800 vor Christus aus dem Kaukasus in den zentraleuropäischen Gebirgsraum kam. Die gezielte Zucht begann vor 600 Jahren in der Zentralschweiz. In Deutschland wird es heute im bayerischen und württembergischen Allgäu und im Südwesten von Oberbayern gehalten. Ende der 1980er-Jahren gab es deutschlandweit nur noch 13 Tiere dieser Rasse.

„Die Bauern brauchten aus wirtschaftlichen Gründen leistungsstarke Milchkühe. Doch dadurch ging in gut 20 Jahren eine ganze Rinder-Kultur beinahe verloren“, so Frauenkron. Mit den letzten 13 Tieren wurde die Rettung der bedrohten Rasse gestartet – seit 1988 zunächst durch private Käufe, 1992 mit staatlicher Unterstützung der Tierzuchtämter. Es wurde versucht, Tiere des alten Braunviehschlags aufzufinden.

Nach der Ernte

Mit einem großen Korso eröffnet das LVR-Freilichtmuseum Kommern am kommenden Samstag, 16. September, und am Sonntag, 17. September, jeweils um 12 Uhr seine Traditionsveranstaltung „Nach der Ernte“. Im Korso ziehen alle Akteure des Museums mit – von der Bäuerin und den Hauswirtschafterinnen bis zu den Handwerkern.

Eine eigene Gruppe unter den rund 50 Arbeitstieren und Gespannen aus vier Nationen werden zahlreiche Kaltblutpferde mit Geräten zum Kartoffelanbau bilden. Auch wenn der Kartoffelanbau dieses Jahr einen Schwerpunkt bildet, wird auch gedroschen, Flachs verarbeitet und Obst gedörrt. Handwerker zeigen, welche Arbeiten früher nach der Ernte anfielen. Die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen wird zum zweiten Mal dabei sein. In der Baugruppe Eifel können die Besucher die seltenen Rassen Original Braunvieh, Rätisches Grauvieh, Gelbvieh, Glanrind und Schwarzbuntes Niederungsrind erleben. Zum Vergleich werden moderne Rinderrassen wie Brown Swiss, Fleckvieh und Holstein Friesian präsentiert. Ein Käsemeister, der aus dem Allgäu anreist, wird die Verarbeitung von Rohmilch zu Käse vorführen.

In den Gastwirtschaften des Museums werden traditionelle Speisen angeboten. Frische Produkte aus der Region gibt es am Wochenende auf dem Landmarkt. (küp)

Mit zwei Tieren begannen Frauenkrons die Nachzucht als einzige Züchter außerhalb Bayerns und Baden-Württembergs. Mehr als 20 Tiere sind inzwischen in Ramscheid aufgezogen worden und ins Allgäu verkauft worden.

Inzwischen sind die Frauenkrons anerkannte Züchter für Allgäuer Kühe. Das Futter erzeugen sie selbst. Neben den Kühen leben auf ihrem Anwesen in Ramscheid zehn Hühner, ein paar Schweine, Enten, Katzen und ein Hund. Im Garten stehen alte Obstbäume . An der Bestimmung dieser seltenen Sorten sind schon Experten gescheitert. Frauenkron: „Vieles ist überhaupt nicht bestimmbar.“

Das Paar lebt auf den Hellenthaler Eifelhöhen quasi wie auf einer kleinen Arche. „Wir können uns das leisten, weil wir wirtschaftlich nicht davon abhängig sind“, sagen die beiden. Und ihre Motivation dabei? „Wir wollen Landwirte und Tierhalter auf die fast vergessenen Rassen aufmerksam machen. Sie sollen sich damit beschäftigen und vielleicht in die Haltung einsteigen, damit die Bestände sich stabilisieren oder sogar wieder steigen.“

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