ProtesteRund 140 Anhänger und Gegner bei Veranstaltung der AfD in Kall

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Rund 70 AfD-Anhänger kamen nach Kall, um die Reden der AfD-Politiker zu hören.

Rund 70 AfD-Anhänger kamen nach Kall, um die Reden der AfD-Politiker zu hören.

Kall – Hunderte Menschen könnte der Schulhof der Hauptschule locker fassen. Doch so viele kamen am Dienstagabend längst nicht zur AfD-Wahlkampfveranstaltung nach Kall. Knapp 70 waren es nach Angaben von Polizei-Sprecher Norbert Hardt, die sich die Reden des brandenburgischen Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz, des NRW-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl, Martin E. Renner, und des Kreis Euskirchener Kandidaten Rüdiger Lucassen anhören wollten. Genauso viele waren laut Polizei bei der Kundgebung, die das Bündnis Eifel gegen Rechts gegen die Veranstaltung initiiert hatte. Dazu kamen mehr als 50 Polizisten, auch von einer Einsatzhundertschaft aus Mönchengladbach, die keine Probleme mit der laut, aber friedlich verlaufenden Veranstaltung hatten.

Für die Lautstärke sorgten in erster Linie die Gegendemonstranten auf der Straße mit einem kontinuierlichen Pfeifkonzert aus Trillerpfeifen und gelegentlichen Sprechchören. Als eine Gruppe der Gegner Schritt für Schritt den Schulhof betrat, ließen die Polizisten das nicht zu: Nach einem kurzen Hinweis blieben die Demonstranten außerhalb des Geländes.

Auf dem Platz hatten sich einige Besucher die Deutschland-Fahnen geschnappt, die das Wahlkampf-Team mitgebracht hatte. Leihweise – der Hinweis, man möge sie anschließend wieder abgeben, fehlte nicht. Die Redner wählten Wahlkampf-Rhetorik – ganz so, wie es Renner bereits in Euskirchen Ende August verkündet hatte. „Im Wahlkampf darf es etwas derber zugehen“, sagte er auch in Kall.

Die Bundesregierung und die etablierten Parteien bekamen von allen Rednern kräftig ihr Fett weg. Kalbitz sprach von der Bildungspolitik als „institutionalisierte Verblödungspolitik“, von der Sozialpolitik als „Asozialpolitik“. Er forderte, die Grenzen dicht zu machen, und sprach von „Versorgungsflüchtlingen“, die nicht verfolgt seien und kein Bleiberecht hätten. Er kündigte an, all die Etablierten würden nach der Wahl am 24. September ihr „blaues Wunder“ erleben, wenn die AfD das Land „vom Kopf auf die Füße stellen“ werde. Während Lucassen sich auch mit der Verschuldung der Kommunen befasste und die Briten lobte, mit dem Brexit als Erste die Konsequenz aus der Erkenntnis zu ziehen, dass ein „gleichgeschaltetes Europa“ nicht funktioniere, knöpfte sich Renner unter anderem seine „Lieblingszielgruppe, die 68er“ vor. Er band auch das Pfeifkonzert in seine Rede ein. Bei entsprechenden Pointen wies er die Gegendemonstranten darauf hin, dass sie nun pfeifen könnten – was sie ohnehin konstant taten.

Auch wenn sich die einen mit Pfeifen, die anderen mit Klatschen ein wenig warm hielten: Im Laufe der Veranstaltung senkte sich frühherbstliche Kühle über den Schulhof, so dass nach den Reden die Gruppen schnell den Heimweg antraten. Sie haben wohl die letzte derartige Veranstaltung auf dem Hof erlebt: Parallel hat der Gemeinderat eine Änderung der Benutzungsordnung beschlossen.

Der Gemeinderat

Die Sitzung des Gemeinderats begann am Dienstag eher ungewöhnlich: Die Politiker versammelten sich zunächst vor dem Rathaus, um mit einem Transparent des Eifeler Bündnis’ gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt ein Zeichen des stillen Protests gegen die AfD-Veranstaltung zu setzen.

Über den Umgang mit der Veranstaltung habe man laut Ekkehard Fiebrich (Grüne) und Emmanuel Kunz (SPD) lange diskutiert und diese Form als Konsens gefunden. Doch warum zogen die Politiker nicht zur Hauptschule? Man wollte die AfD-Veranstaltung nicht durch die Anwesenheit aufwerten, so Fiebrich. Und nicht selbst an der Schule politisch aktiv werden – damit hätte man genau das getan, was man der AfD vorwerfe, ergänzte Kunz.

Beschlossen hat der Rat eine Änderung der „Benutzungs- und Entgeltordnung“, in der es unter anderem um Schulen geht. Dieser Punkt war im Zuge der Debatte um die AfD-Veranstaltung kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt worden. Was bislang interfraktioneller Konsens war – keine Politik an Schulen – ist nun dort durch einen eingefügten Satz festgelegt: „Die Nutzung des Schulgebäudes, der Turnhalle, des Schulhofs und der Außenanlagen durch politische Parteien sowie für politische Zwecke wird ausgeschlossen. Die Schule soll ein Ort parteipolitischer Neutralität sein.“ (rha)

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