Hochwasserschäden in KommernBisher schon 80 Flutopfern geholfen

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Fassungs- und machtlos standen die Kommerner am 21. Juli dem Hochwasser im Kernort gegenüber.

Fassungs- und machtlos standen die Kommerner am 21. Juli dem Hochwasser im Kernort gegenüber.

Mechernich-Kommern/Zülpich – „Überall dort, wo wir bereits Schecks und Spendengelder verteilt haben, sind etliche Tränen geflossen“, sagt Kommerns Ortsvorsteher Rolf Jaeck. Nicole Reipen, CDU-Stadtverordnete der Stadt Mechernich für Kommern, ergänzt: „Die Erlebnisse rund um das Hochwasser vom 21. Juli sitzen bei allen Beteiligten noch tief. Die Geschichten der Betroffenen gehen wirklich ans Herz.“

Rund 125 000 Euro sind auf das Spendenkonten eingegangen

Rund 125 000 Euro sind nach Angaben des Ortsvorstehers bisher auf den Spendenkonten des Kommerner Vereinskartells eingegangen. „Das ist eine gewaltige Summe, die verdeutlicht, wie der Zusammenhalt in Kommern ist, und die mich als Ortsvorsteher schon ein bisschen stolz macht“, sagt Jaeck. Ausruhen wollen sich Jaeck, Reipen und der stellvertretende Vorsitzende des Vereinskartells, Friedrich Meuser, aber nicht. „Wir haben noch sehr viel zu tun. Es melden sich immer noch Betroffene, die jetzt erst Schäden bemerken. Denen wollen wir natürlich auch helfen“, sagt Jaeck.

Maciej Miler (v.l.), Friedrich Meuser, Rolf Jaeck und Nicole Reipen überreichten dem hochwassergeschädigten Dieter Decker einen Scheck.

Maciej Miler (v.l.), Friedrich Meuser, Rolf Jaeck und Nicole Reipen überreichten dem hochwassergeschädigten Dieter Decker einen Scheck.

Mehr als 80 Schecks habe das Trio schon an Hochwasseropfer verteilt – weitere werden hinzukommen. In den kommenden Tagen und Wochen wird es in Kommern wieder Veranstaltungen geben, bei denen Spenden gesammelt werden sollen. So hat die Grundschule Kommern ihren Wandertag am 16. September kurzerhand in einen Kilometerlauf umfunktioniert. Für jeden gewanderten Kilometer haben die Kinder Sponsoren gesucht, um dieses Kilometergeld nach dem Wandertag an die Hochwasseropfer zu spenden.

1500 Euro kamen innerhalb einer Woche zusammen

Auch Maciej Miler, Betreiber eines Getränkemarkts in Kommern, hat Geld gesammelt. Rund 1500 Euro kamen innerhalb einer Woche zusammen. „Wir haben gerne geholfen. Es ist nicht der allergrößte Betrag, aber es sind ja die vielen kleinen Dinge, die zu etwas ganz Großem werden können“, so Miler. Am Montagmittag übergaben Jaeck, Reipen und Meuser den nächsten Scheck. Empfänger: Dieter Decker. Der Kommerner war während des Starkregens am 21. Juli gar nicht zu Hause. „Ich war in Reha. Zum Glück hatte ich so hilfsbereite Nachbarn, die sich um das Wesentlichste gekümmert haben. Trotzdem hatte auch ich das Wasser in meiner Souterrainwohnung stehen“, so Decker. Wie hoch der Schaden sei, könne er noch nicht sagen, da die Trocknungsarbeiten immer noch liefen. Eine Elementarversicherung habe er nicht abgeschlossen. Ob er künftig eine abschließen werde, wisse er noch nicht.

Schwerfener und Sinzenicher gehen nach dem Hochwasser leer aus

Einen entspannenden Tagesablauf hat der Ortsvorsteher nach eigenen Angaben auch fünf Wochen nach dem Starkregen noch nicht. „Um 7.30 Uhr geht’s los. Nicht selten endet der Tag gegen 22 Uhr und dazwischen klingelt immer wieder das Telefon“, so Jaeck, der zugibt: „Nachdem das Land NRW doch Hilfen zugesichert hat, ging es mir deutlich besser. Zuvor war ich echt enttäuscht.“ Immer noch enttäuscht ist der Beigeordnete der Stadt Zülpich, Ottmar Voigt. Der Grund: Die betroffenen Schwerfener und Sinzenicher gehen nach dem Hochwasser leer aus und erhalten keine Soforthilfe.

„Das Land hat uns mitgeteilt, dass wir nicht die Kriterien erfüllen und die Betroffenen keine Unterstützung erwarten dürfen“, erklärte Voigt. Die Auswirkungen der Überschwemmungen in Zülpich hätten sich nahezu ausschließlich auf das Kriterium „Überflutung“ beschränkt, heißt es in dem Schreiben des Innenministeriums. Die Kriterien „Niederschlagsmenge“ und „Einsatzhäufigkeit“ seien in Zülpich nicht mit denen in Kommern zu vergleichen. „Von den 584 Einsätzen der Feuerwehren befanden sich 557 im Stadtgebiet Mechernich, was einen Anteil von 95 Prozent ergibt“, zitiert Voigt aus dem Schreiben: „Ich kann verstehen, wenn die Schwerfener und Sinzenicher sauer auf die Landesregierung sind.“

Das Hochwasser von 1853

Das verheerende Hochwasser vom 21. Juli war nicht das erste in Kommern. Norbert Leduc schreibt im Buch „Kommern – ein ortskundliches Lexikon“, dass „zwei außerordentlich starke Gewitterregen im Jahre 1853 zu einer Überschwemmung im Flussgebiet des Bleibachs führten“.

Am 26. Mai 1853 ließen die niedergegangenen Regenmassen Vey-, Blei- und Rotbach zu „reißenden Strömen werden“.

Der Bleibach muss nach dem Regen eine Breite von 180 bis 270 Metern gehabt haben. Es wird überliefert, dass das Bleibachwasser bis zum Türsturz des Törchens am Pastorat gestanden habe, schreibt Leduc in seinem Lexikon.

Durch die Wassermassen seien auch die Dämme zweier Stauweiher im Gebiet der Meinertzhagen’schen Bergwerksanlagen gebrochen. Damals rief der Landrat des Kreises im Euskirchener Wochenblatt zu Spenden auf.

„Insgesamt gingen 4570 Taler, 15 Silbergroschen und größere Mengen Victualien an Spenden ein. Dem standen“, so schreibt Leduc, „allein Gebäudeschäden in Höhe von 13 454 Talern gegenüber.“ Eine eigens gebildete Unterstützungskommission verteilte die Spendengelder nach der Höhe der Schäden. (tom)

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