Maf RäderscheidtDas Ende für den Kulturschock in Schleiden

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2014 bezog Maf Räderscheidt das Caritas-Haus, das sich zu einem Zentrum für Kunst und junge Leute entwickelte.

2014 bezog Maf Räderscheidt das Caritas-Haus, das sich zu einem Zentrum für Kunst und junge Leute entwickelte.

  • Vier Jahre hat Maf Räderscheidt am Schleidener Markt den Kulturschock mit Leben gefüllt.
  • Als das Bistum als Eigentümer des Caritas-Hauses höhere Forderungen stellte, war für Räderscheidt klar, dass sie das privat finanzierte Projekt nicht mehr alleine stemmen kann.

Schleiden – Zorn? Frust? Trauer? All das findet man bei Maf Räderscheidt nicht. Vier Jahre hat sie am Schleidener Markt den Kulturschock mit Leben gefüllt – zunächst im ehemaligen Teitge-Haus, seit 2014 im alten Caritas-Haus gleich gegenüber. Vier Jahre, in denen sie mit fröhlich-bunten Aktionen Aufsehen erregte.

Vier Jahre, in denen sie im Stillen half: indem sie jungen, talentierten Eifelern mit Praktika und Kursen den Weg zur Kunstakademie Düsseldorf ebnete, Behinderte integrierte, sich um Flüchtlinge kümmerte.

Diese Zeit ist nun vorbei. Als das Bistum als Eigentümer des Caritas-Hauses höhere Forderungen stellte, war für Räderscheidt klar, dass sie das privat finanzierte Projekt nicht mehr alleine stemmen kann. Sie wandte sich an Bürgermeister Udo Meister, der mit der Verwaltung versuchte, ein Konzept für das Haus auf die Beine zu stellen. Im Bildungsausschuss traf das Konzept nicht auf große Begeisterung, zudem entschieden die Politiker gegen die Anmietung des Hauses durch die Stadt.

Auch wenn der Stadtrat das letzte Wort haben sollte, wartete Räderscheidt dies nicht ab. Sie gab eine persönliche Erklärung ab – und zwar vor einer Entscheidung über Konzept oder Haus, damit sie, das war Räderscheidt wichtig, je nach Entscheidung des Gremiums nicht als Nachkarterin und beleidigte Leberwurst dastehen würde.

Schwarzes Tuch

am Namensschild

In ihrer Erklärung lässt Räderscheidt die Politiker wissen, dass sie „aufgrund der mangelnden Unterstützung eines Großteils der Ratsvertreter sämtliche ehrenamtlichen Tätigkeiten in der Stadt Schleiden einstellen“ wird. Enttäuscht zeigt sie sich darüber, dass ihr ehrenamtliches Engagement „mit Füßen getreten“, sie hinter ihrem Rücken „mit Kübeln voller Dreck beworfen“ und ihr „Abzockerei“ unterstellt worden sei. Von ihrer Kritik nimmt sie ausdrücklich ihre Parteifreunde der FDP aus. Und sendet am Ende der Erklärung einen Dank für die Unterstützung in Richtung der Verwaltung und des Bauhofs.

Am Donnerstagabend, während im Rathaus die Politiker über das Thema berieten, hängte Räderscheidt symbolisch ein schwarzes Tuch über ihr Namensschild am Kulturschock. Auch in diesem Moment ist sie im Gespräch fröhlich wie eh und je. „Man muss lachend mit der Welt umgehen – traurig bin ich höchstens heimlich“, sagt sie. Auf zu neuen Ufern heißt es nun für Maf Räderscheidt. Demnächst muss sie ihren Kulturschock ausräumen – sie sucht noch ein Lager und/oder Showroom, in dem sie ihre rund 1000 Bilder unterbringen kann.

Für ihre Arbeit setzt sie eine wichtige Prämisse: „Kunst lebt von Freiheit. Und wer die nicht hat, ist kein Künstler mehr.“ Freiheit findet sie in ihren Buchprojekten, von denen zwei fast fertig sind und denen weitere folgen sollen. Freiheit findet sie im Atelier, wo sie viel malen will. Doch zurückgezogen in einer Kemenate der Kunst frönen – das ist Maf Räderscheidts Ding wahrlich nicht. Sie will, sie muss raus, ihre „sozialen Skulpturen“ – Dinge zum Nachmachen – initiieren. Auch das ist für sie Freiheit. Die sie in einer Teilzeitstelle beim DRK findet. Als Kreativ-Beraterin für das Welcome-Project der Aktion Mensch ist sie nun im Südkreis unterwegs, geht dahin, wo die Flüchtlinge untergebracht sind. Und sprudelt bereits über vor Ideen. Mit jungen Menschen etwa wird sie Welcome-Clips drehen: Kleine Handy-Filmchen, die auf Youtube eingestellt werden und in denen junge Flüchtlinge denjenigen, die etwas später nach Deutschland kommen, das Land erklären: Von Anrufsammeltaxi bis Homosexualität, in Arabisch mit deutschen Untertiteln, ein bisschen lustig, mit Rap unterlegt. In der Gemünder Unterkunft startet das Paravent-Projekt: Platten aus Eifeler Holz, die die Nationalpark-Holzwerkstatt zur Verfügung stellt, werden üppig verziert – der Paravent soll wachsen und Raum bieten.

Den Kulturschock lässt Maf Räderscheidt zwar hinter sich, eine Hoffnung verbindet sie aber damit: Dass die Botschaft ankommt, dass jeder etwas schaffen kann, wenn er es anpackt – und vielleicht der eine oder andere den Mut schöpft, es auch zu tun.

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