Etat in WeilerswistSPD bezeichnet Haushalt als Scharade
- Die Gemeinde hat den Jahresabschluss für das Jahr 2013 noch nicht vorgelegt.
- Der Stadtrat beschließt Erhöhungen der Grundsteuer B und der Gewerbesteuer.
Weilerswist – Der Weilerswister Gemeinderat hat den Haushalt 2016 beschlossen. Ebenso hat die Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzeptes für die Haushaltsjahre 2013 bis 2023 den Rat passiert. Am Ende dieser Zeitspanne soll die schwarze Null stehen. Die SPD-Fraktion hat sich bei der Abstimmung enthalten.
Warum, das erläutere Fraktionsvize Andreas Schulte. Der Haushalt sei lediglich eine „Scharade“, da er von der Kommunalaufsicht, also dem Kreis, niemals genehmigt werde. Er fragte lakonisch, ob die Ratspolitiker „nur Bauernopfer in einem Schachspiel zwischen Kommunalaufsicht und Bürgermeisterin“ seien.
Leere Versprechungen
Denn der Kreis habe im März per Verfügung erklärt, den Haushalt nur dann zu genehmigen, wenn der Jahresabschluss 2013 vorliege. Dies sei aber noch nicht der Fall. Laut Kämmerer Alexander Eskes soll das aber bis Ende des Jahres geschehen.
Schulte: „Wenn wir uns also als Ratspolitiker hier hinsetzen und unseren Bürgern versprechen, dass wir große Investitionen im Bahnhofsumfeld tätigen, eine neue Feuerwehrwache errichten oder uns neue Stühle für den Ratssaal bestellen, muss uns allen klar sein, dass dies nichts weiter als bewusst ausgestoßene heiße Luft ist.“ Schulte sprach von leeren Versprechungen zu „Showzwecken“.
Haushalt ist „materiell genehmigungsfähig“
Eskes räumte ein, dass der Haushalt zwar nicht formell genehmigungsfähig sei, dies in der Praxis aber keine Rolle spiele.
Da der Haushalt laut Haushaltssicherungskonzept (HSK) bis 2023 ausgeglichen werde, sei er „materiell genehmigungsfähig“. Für neue Investitionen müsse die Verwaltung zwar stets Einzelgenehmigungen bei der Kommunalaufsicht beantragen. Das jedoch sei reine Formalie.
Wie immer: CDU gegen SPD
In seiner Rede warf Schulte dem politischen Gegner vor, der Bürgermeisterin so viele Kompetenzen wie noch nie entzogen zu haben. Bürgermeisterin Anne Horst kreidete er an, Kompetenzgerangel „mit dem Mittel der so genannten Dringlichkeitsentscheidung ganz einfach aus dem Weg“ zu gehen. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Hans Peter Nußbaum warf der SPD im Gegenzug vor, Tatsachen zu verdrehen und Wahrheiten zu leugnen. FDP-Fraktionschef Hans Josef Schäfer warnte: „Sich immer in der Öffentlichkeit zu bekriegen“, könne zu noch mehr Politikverdrossenheit führen. Zum Haushalt erklärte er: „Wir sind ausschließlich zu Investitionen und damit zu eventuell erforderlichen Kreditaufnahmen für Maßnahmen in die lange vernachlässigte Infrastruktur und in die Jugend bereit.“
Er bemängelte, dass ein Gegensteuern gegen das veranschlagte Millionendefizit seitens der Verwaltung nicht erkennbar sei, räumte aber gleichzeitig ein, dass der Gestaltungsspielraum hin zu einem „ansatzweise ausgeglichenem Haushalt“ gering sei. Schäfer forderte, dass Politik und Verwaltung künftig „frühzeitig Eckwerte der mittelfristigen Haushaltsplanung“ benennen und „strategische Leitziele“, die es noch nicht gebe, aufstellen. Die Fraktionschefin der Grünen, Liane Traue, betonte, dass man vorerst mit den Einsparungen, die „in jedem Winkel“ zu spüren seien, leben müsse, damit bis 2023 ein ausgeglichener Haushalt erreicht werde.
Investitionen in Kinder und Jugendliche
Die meisten Einsparungsvorschläge der Verwaltung seien bereits umgesetzt. Wichtig seien Investitionen in Kinder und Jugendliche sowie in die „Aufnahme und Betreuung der uns anvertrauten Menschen“. Nun zeige sich schmerzhaft die Vernachlässigung des Sozialen Wohnungsbaus. Der Haushalt für 2016 sieht Gesamtausgaben in Höhe von 38,1 Millionen Euro im Ergebnisplan vor. Davon fließen 17,9 Millionen Euro in Investitionen. Voraussichtlich wird die Gemeinde Kredite in Höhe von 16,3 Millionen Euro aufnehmen und somit einen Schuldenstand von 39,6 Millionen Euro erreichen.
Achterbahn bei Steuervorschlägen
In der Ratssitzung wurden neue Steuerhebesätze für 2016 und 2017 festgelegt. Im Haushaltsentwurf hatte die Verwaltung vorgeschlagen, die Grundsteuer A um 50 Prozentpunkte auf 400 Prozent, die Grundsteuer B um 50 Punkte auf 500 Prozent und die Gewerbesteuer um 25 Punkte auf 475 Prozent anzuheben. Ganz so schlimm kam es dann doch nicht.
Eigentlich waren die Hebesätze für 2016 bereits 2013 festgelegt worden, um im Rahmen des Haushaltssicherungskonzeptes (HSK) das Ziel der schwarzen Null im Jahr 2023 erreichen zu können. Da waren für 2016 noch Hebesätze in Höhe von 350 Prozent bei der Grundsteuer A sowie 450 Prozent bei Grundsteuer B und Gewerbesteuer vorgesehen. Doch bei den Haushaltsplanungen für 2016 wurde klar, dass ein Haushaltsausgleich bis 2023 so nicht erreichbar sei, erläuterte Kämmerer Alexander Eskes in der Verwaltungsvorlage zur Sitzung.
Steuererhöhungen beschlossen
Zuletzt schlug die Verwaltung neue Sätze vor. Denn durch den Verzicht auf den Bau einer Flüchtlingsunterkunft an der Bertha-Benz-Straße entfallen laut Eskes Baukosten in Höhe von vier Millionen Euro und Folgekosten von rund 220 000 Euro. Auch der Umbau des Gebäudes Hunkirchen in der Nikolaus-A.-Otto-Straße zur Flüchtlingsunterkunft entfällt nach derzeitigem Stand.
Bei drei Gegenstimmen und sechs Enthaltungen der SPD wurde schließlich festgelegt, die Grundsteuer A auf 390, die Grundsteuer B auf 490 und die Gewerbesteuer auf 470 Prozent anzuheben. Innerhalb der kommenden acht Jahr bedeutet dies laut Eskes Mindereinnahmen von 2,5 Millionen Euro für die Gemeinde im Vergleich zum Entwurf. (mjo)