Unwetter in ZülpichBeschwerden über „Zweiklassengesellschaft“ für Hochwasseropfer

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Hochwasser 15 (satzvey)

Viele Bürger sind von dem Hochwasser völlig überrascht worden.

Zülpich – Der Aktenordner auf dem Schreibtisch ist gut gefüllt: Briefe, Ausdrucke von E-Mails, Zeitungsausschnitte und Faxe hat Zülpichs Bürgermeister Ulf Hürtgen abgeheftet.

Alle drehen sich um das Starkregenereignis vom 21. Juli, bei dem Schwerfen und Sinzenich förmlich abgesoffen sind.

Das sehen die zuständigen Stellen im nordrhein-westfälischem Innenministerium etwas anders und stellen den betroffenen Bürgern der beiden Orte keine Soforthilfe in Aussicht.

„Wir sind realistisch und wissen, dass es die Richtlinie des Landes gibt, aber nachvollziehen kann ich sie nicht“, sagt Hürtgen.

Es sei egal, ob das Wasser horizontal oder vertikal für Schäden gesorgt habe. „Dass die Bürger vom Land NRW wie in einer Zweiklassengesellschaft behandelt werden, ist nur sehr schwierig zu vermitteln und zu verstehen.“

25 000 Euro an Spenden

Es wolle nicht aufhören, für eine Gleichbehandlung der Betroffenen zu kämpfen. Da seien zwar dicke Bretter zu bohren, und er wolle den Bürgern auch keine falschen Hoffnungen machen, doch aufgeben komme einfach nicht für ihn infrage, sagt der Bürgermeister.

„Die Auswirkung auf die Bevölkerung ist das einzige und das entscheidende Kriterium für Hilfe“, so Hürtgen.

Der Schwerfener Willy Bayard fühlt sich vom Land im Stich gelassen. Auf die Stadt will er aber nichts kommen lassen. „Von der Verwaltung wurde unbürokratisch geholfen. Sie hat schnell reagiert und getan, was getan werden konnte“, so Bayard.

Und mit der Hilfe seitens der Stadtverwaltung ist es noch nicht vorbei. Am 12. September tagt die Kommission, die über die Vergabe der eingangenen Spendengelder entscheidet.

„Von 129 Spendern sind 25 000 Euro eingangen. Rund 5000 davon sind zweckgebunden. Damit stehen mindestens 20 000 Euro zur Verfügung. Ich denke, dass wir damit den Hochwasseropfern gut helfen können“, sagt Zülpichs Beigeordneter Ottmar Voigt.

Bisher haben sich laut Voigt sieben Betroffene gemeldet. Bis zum morgigen Freitag können sich Geschädigte noch bei der Stadtverwaltung melden. Vom Verfügungsgeld des Bürgermeisters wurde ebenfalls Geld auf das Spendenkonto eingezahlt.

Wer durch Aufräum- und Reinigungsarbeiten einen außergewöhnlich hohen Frischwasserverbrauch gehabt habe, solle sich ebenfalls melden. „Das regeln wir über die Abwasserbeseitigungsgebühren. Es sind kleine Dinge, die wir tun können, aber das machen wir gerne“, so Hürtgen.

Unwetterfonds

Um nach den schweren Unwettern den betroffenen Menschen schneller helfen zu können, hat die CDU-Fraktion im Landtag einen Änderungsantrag zum Haushalts gestellt. Geht es nach den Christdemokraten, sollen 20 Millionen Euro in einen Unwetterfonds fließen.

„Daraus können beispielsweise Soforthilfen gezahlt werden“, so der Euskirchener CDU-Landtagsabgeordnete Klaus Voussem: „Die Bewohner von Schwerfen, Kallmuth oder Scheven sind zurecht sauer. Die Politik darf sich nicht wundern, wenn die Menschen das Vertrauen in den Staat verlieren.“ (tom)

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