Die Straße der PraktikantenCJD in Gummersbach hilft bei der Integration

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In der Änderungsschneiderei Euphrat lernt Mohammad Ghulami (li.) von Fekrat Ismaail das traditionsreiche Handwerk.

In der Änderungsschneiderei Euphrat lernt Mohammad Ghulami (li.) von Fekrat Ismaail das traditionsreiche Handwerk.

Oberberg – „Ich war darauf vorbereitet, dass ich mir den Mund fusselig reden muss“, sagt Thomas Wette. Doch der Sozialpädagoge, der in Gummersbach für das Christliche Jugenddorfwerk Deutschlands (CJD) arbeitet und jungen Flüchtlingen bei der Integration hilft, stellte überrascht fest: „Ich habe überall offene Türen eingerannt.“

Allein in der vergleichsweise kleinen Gummersbacher Schützenstraße brachte er zwölf junge Flüchtlinge in Praktika unter, sagt Wette – in der Gastronomie beispielsweise, im Blumenladen oder in der Änderungschneiderei.

Und genau das ist Wettes Mission: Jungen Flüchtlingen, die in Oberberg leben, bei der Integration zu helfen. Ein ganzer Katalog von Maßnahmen, die in Kooperation zwischen CJD und Agentur für Arbeit/Job-Center und Integration Point absolviert werden, steht dafür zur Verfügung. Eine davon heißt „KompAS“. Das steht für Kompetenzfeststellung, Aktivierung und Sprachaufbau, erklärt Wette. Das beinhalte sozialpädagogische Betreuung, Integrations- und Sprachkurse, bei gleichzeitiger Beschäftigung in den CJD-Werkstätten in Gummersbach-Windhagen.

Praktikum mündet in die Ausbildung

„Die oberbergische Wirtschaft unterstützt diese Eingliederungshilfe sehr stark mit Praktikums- und Ausbildungsangeboten“, sagte Wette, der aufgrund der großen Bereitschaft sagt: „Wir haben den Eindruck gewonnen, dass viele Unternehmen sich schon in der Vergangenheit gefragt haben, wie sie sich in der Flüchtlingsfrage einbringen können und nun gern die Chance ergreifen, jungen Flüchtlingen zu helfen und womöglich ihre kommenden Auszubildenden oder Arbeitnehmer finden.“

Dass die von der Bundesagentur für Arbeit finanzierten Praktika in Ausbildungsverträge münden, ist das Ziel. Hartmut Chojetzki ist es gelungen, einen seiner Schützlinge zu übernehmen. Chojetzki ist Inhaber des Restaurants „Lokal“ in der Gummersbacher Schützenstraße und hat zurzeit drei Flüchtlinge als Praktikanten eingestellt.

Einer von ihnen ist Mustafa Faizi aus Afghanistan. Er wird demnächst im Lokal eine Ausbildung zur Fachkraft im Gastgewerbe beginnen – ein Arbeitsbereich, in dem auch im Oberbergischen akuter Nachwuchsmangel herrscht. Chojetzki traut dem jungen Mann zu, dass er nicht nur den beruflichen Teil meistert, sondern auch die Berufsschule.

„Alle Jungs wollen erst mal zu BMW“

Denn: Die deutsche Sprache hat er nicht nur im Rahmen der obligatorischen Sprachkurse erlernt, sondern er muss sich im Lokal ja täglich mit den Gästen unterhalten – das ist eine gute Sprachschule, sind sich Chojetzki und Wette einig.

Viele Flüchtlinge, weiß Thomas Wette, müsse man darauf aufmerksam machen, in welchen Bereichen sie eine zukunftssichere Arbeit finden können. „Die Jungs wollen erst mal alle Techniker bei BMW werden und die jungen Frauen Friseurin.“ Sie seien aber durchaus aufgeschlossen für andere Vorschläge. Sylvia Idukpolor (23) etwa, die vor zwei Jahren aus Nigeria nach Deutschland kam, wollte auch zunächst Friseurin lernen. Beim CJD machte sie aber zunächst intern ein Praktikum in der Werkstatt für Einzelhandelskaufleute. „Sie fiel mir dort auf, weil sie schon so gut Deutsch sprach“, erzählt Wette. Jetzt fährt sie täglich anderthalb Stunden mit dem Bus von Morsbach nach Gummersbach und macht ein Praktikum in einem „echten“ Laden – im Lokal.

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