ZukunftspläneGemeinderat stimmt über Fahrzeugstrecke bei Ehreshoven ab

Lesezeit 4 Minuten
Aus Stämmen besteht diese Brücke, über die Fahrzeuge gesteuert werden müssen.

Aus Stämmen besteht diese Brücke, über die Fahrzeuge gesteuert werden müssen.

Engelskirchen – Am Mittwoch will der Gemeinderat in Engelskirchen nach langem Hin und Her über die Zukunft der Fahrzeugschulungsstrecke an der A 4 im Ehreshovener Wald abstimmen. Torsten Sülzer fasst  im Vorfeld zusammen, um was es geht.

Was soll im Wald bei Ehreshoven gebaut werden?

Nichts. Der Kurs, um den es geht, existiert schon lange. Er wurde auch nicht extra angelegt, sondern für ihn wird das stifteigene Wegenetz für den Holztransport genutzt, erklärt Jörg Deselaers, Kurator von Stift Ehreshoven. Bis zur Untersagungsverfügung durch den Oberbergischen Kreis lagen die Genehmigungen der Forstbehörde vor.

Warum muss die Politik überhaupt tätig werden?

„Man hat festgestellt, dass das Fahren auf den Waldwegen im Nachhinein legalisiert werden muss“, sagt Bürgermeister Dr. Gero Karthaus. Nachdem diese Zeitung im Sommer 2013 über eine über Gebühr ausgelassene Veranstaltung mit den Spielern des FC Schalke 04 auf dem Waldparcours berichtet hatte, hatte der Kreis als Untere Landschaftsbehörde den Fahrbetrieb per Unterlassungsverfügung beendet. Der Kreis vertrat die Auffassung, dass es einer Änderung des Flächennutzungsplanes und eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes bedarf, um die Strecke legal betreiben zu können. Beidem steht die Politik in Engelskirchen – mit Ausnahme der Grünen und der Linken– positiv gegenüber.

Wie lang ist die Strecke?

Der Rundkurs ist zirka 3,5 Kilometer lang.

Ist die Strecke frei zugänglich?

„Die Strecke ist als solche im Wald nicht erkennbar. Im Alltag sind es die ohnehin vorhandenen Wirtschaftswege der Forstverwaltung“, erklärt Deselaers. Lediglich die Hindernisse seien erkennbar. „Diese sind aber außerhalb der 50 Veranstaltungstage abgesperrt.“

Welche Hindernisse gibt es?

Es gibt unter anderem eine Wassermulde, ein steiles Schrägstück und eine aus Baumstämmen bestehende Brücke über einen Siefen.

Was genau spielt sich auf der Strecke ab?

Dort wird nicht gerast und es gibt auch keine Rallyes, betont Jörg Deselaers. „Es wird so langsam wie nötig gefahren.“ Im Mittelpunkt stünden das Kennenlernen der Fahrzeuge oder Übungen, zum Beispiel das Zu- und Abschalten des Allradantriebs im Gelände. „Da fahren auch nicht nur SUVs wie der VW Touareg, wie es gelegentlich dargestellt wurde, sondern auch Fiat Pandas oder der Dacia Duster, Fahrzeuge, wie sie auch in der Land- und Forstwirtschaft eingesetzt werden.“ In der Verwaltungsvorlage heißt es: „Der Parcours wird nicht im Geschwindigkeitswettbewerb befahren. Es kommt vielmehr auf die Geschicklichkeit und Fahrzeugbeherrschung an.“

Wer schult da eigentlich?

Die Schulungen werden von unterschiedlichen Kunden organisiert, sagt das Stift. Seitens des Betreibers der Strecke steht immer ein Trainer zur Verfügung. Hermann Bauer ist freier Mitarbeiter von Stift Ehreshoven und für die Sicherheit auf der Strecke verantwortlich. Alle Veranstaltungskonzepte werden mit ihm abgestimmt. Er gibt Streckenteile frei oder sperrt diese.

Und wer wird geschult?

Fahrer des Auswärtigen Amtes, GSG 9, Feuerwehr, Bundesgrenzschutz, Zoll, Malteser, Johanniter und Polizei, aber auch – in Zusammenarbeit mit Autoherstellern – Journalisten, Autohändler und deren Kunden. Die Händler, erklärt Jörg Deselaers, fragen für ihre Fahrzeugpräsentationen beim Stift an, ob die Veranstaltung dort durchgeführt werden kann. Firmenevents sind auch jenseits der Automobilbranche fester Bestandteil des Angebots-Portfolios von Stift Ehreshoven.

Welche Argumente bringen die Kritiker vor?

Grüne und Umweltschützer, nicht zuletzt der Nabu, weisen auf einen Zusammenhang zwischen Verkaufsförderung von Geländewagen und Klimawandel hin. Sie sehen eine Diskrepanz zwischen dem Bekenntnis der Gemeinde zum Klimaschutz und der Legalisierung der Strecke. Es sei außerdem „lebensfremd“, schreibt der Nabu, dass auf der Strecke nicht gerast würde. Man befürchtet zudem, Ehreshoven könne zu einem Präzedenzfall werden. Der Bedarf der Strecke für „Übungen der Feuerwehr“ sei an den Haaren herbei gezogen.

Wäre die Nutzung im Falle einer Wiederzulassung in irgendeiner Form beschränkt?

Ja. Vorgesehen ist eine Einschränkung der Nutzung als Fahrzeugschulungsstrecke auf 50 Tage pro Jahr.

Warum braucht das Stift Ehreshoven die Strecke überhaupt?

„Wir sind ein wirtschaftlich denkendes Unternehmen, ein klassischer land- und forstwirtschaftlicher Betrieb mit 27 Mitarbeitern“, erklärt Kurator Deselaers. Die Unterhaltung der denkmalgeschützten Gebäude des Stifts sei kostspielig, werde nicht staatlich gefördert. Das Stift sei also auf Einnahmen angewiesen. Diese stammen aus der Forstwirtschaft, darüber hinaus auch beispielsweise aus der Vermarktung von Teilen des pitoresken Gebäude-Ensembles als Kulisse für Film und Fernsehen, aber eben auch aus Schulungsveranstaltungen oder Produktpräsentationen der Fahrzeugbranche. „Das sind Veranstaltungen, zu denen teilweise mehrere Hundert Gäste anreisen, die dann auch hier in der Gegend übernachten. Das ist auch als Wirtschaftsfaktor für die Region nicht zu unterschätzen“, so Deselaers.

Rundschau abonnieren