Frau in Waldbröl bespucktEinwohner des (Schein-)Staates Germanitien muss Geldstrafe zahlen

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Symbolbild

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Waldbröl – „Warum verhandeln wir? Ich habe Sie doch abgelehnt!“ Kaum hatten sich am Dienstagmorgen die Türen des Gerichtssaals für die Fortsetzungsverhandlung gegen einen 48 Jahre alten Angeklagten aus Windeck geschlossen, ergriff dieser prompt das Wort und ließ sich in den folgenden 30 Minuten nur noch selten unterbrechen. Mit einer Vielzahl von Erklärungen kündigte der Mann aus dem Rhein-Sieg-Kreis an, er werde den Vorsitzenden Richter, Dr. Fabian Krapoth, verhaften lassen, sollte dieser den Prozess fortführen: „Ich habe schon mit der Polizei gesprochen: Ich brauche bloß noch mal anzurufen, dann verhaftet die Sie.“

Die Angaben des Angeklagten, dass er kein deutscher Staatsbürger, sondern Germanit sei, haben nach Auskunft von Dr. Fabian Krapoth, Richter und Direktor des Amtsgerichts Waldbröl, keine Auswirkungen auf das Verfahren. Der Mann habe sich in jedem Fall der Rechtsprechung zu beugen: „Ansonsten könnte sich auch ein Karnevalsprinz allein auf das kölsche Grundgesetz berufen.“ Die Strafprozessordnung sehe keine Ausnahmen vor. (höh)

Verantworten musste sich der Angeklagte, der nach Angaben seines Pflichtverteidigers von Hartz IV lebt, weil er in seiner Heimatgemeinde eine Frau beleidigt und bespuckt haben soll. Das Opfer (50) und ihre Töchter (21 und 15 Jahre alt) beschrieben das Geschehen vom 20. März ausführlich. Demnach habe der Windecker seine damalige Lebensgefährtin mit dem Auto verfolgt. Die drei hätten der Frau helfen wollen und seien selbst in Höhe eines Spielplatzes von dem Angeklagten bedroht worden: „Er raste rückwärts mit dem Auto auf uns zu und bremste knapp vor uns“, hieß es. Dann sei die Polizei gerufen worden.

Vor den Plädoyers verlas Richter Krapoth das Vorstrafenregister des Mannes, darunter fünf Strafen des Amtsgerichts in Krefeld wegen verschiedenster Vergehen und eine des Amtsgerichts Waldbröl wegen Betrugs. Auch ist wohl ein Haftbefehl weiterhin offen. Weil Richter Krapoth eine verminderte Schuldfähigkeit erkannte – „Der Angeklagte war nicht immer Herr seiner Sinne.“ – verurteilte er ihn zu einer Geldstrafe in Höhe von 15 Tagessätzen zu jeweils 25 Euro, also 375 Euro insgesamt.

Den Verteidiger zum Schweigen gebracht

Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor eine Strafe von 400 Euro gefordert. Der Pflichtverteidiger schloss sich den Ausführungen des Staatsanwalts an und bat um Milde – nachdem sein Mandat ihm im Plädoyer den Mund verboten hatte.

Notwendig geworden war der Fortsetzungstermin, weil der Angeklagte am ersten Tag der Hauptverhandlung erklärt hatte, er sei Einwohner des (Schein-) Staates Germanitien und damit keine „juristische Person, sondern Mensch“. Somit dürfe kein deutsches Gericht über ihn urteilen. Etliche – inzwischen abgelehnte – Anträge, etwa wegen Befangenheit des Richters, hatten den ungewöhnlichen Auftritt vor zwei Wochen begleitet.

Weil der Verdacht bestand, dass Zuschauer diese vorausgegangene Verhandlung mit dem Smartphone aufgezeichnet hatten, galten gestern besondere Sicherheitsbestimmungen. Tatsächlich gab der Angeklagte an, dass es einen Mitschnitt gebe. Den zweiten Prozesstag verfolgte er nicht auf der Anklagebank, sondern zumeist auf einem Zuschauerplatz, auch unterbrach der Windecker die Verhandlung immer wieder, um mit Notizen seine eigenen Akten fortzuführen. Nach dem Urteilsspruch verließ er wütend den Saal – unter Androhung weiterer Konsequenzen für das Gericht.

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